🙂 Halb rum!
Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin! An sich keine sonderlich interessante Meldung, viele 1000 Menschen machen das jeden Tag (wenn die Deutsche Bahn denn mitspielt). Aber für mich ist es heute anders. Ich blicke auf den Tacho meines Audi V8. Auch das habe ich vermutlich schon viele 1000 mal gemacht und dabei immer wieder mehr oder weniger beeindruckende Zahlen erblickt. 200.000 – 300.000 – 424.242 – 444.444… Tja, und wenn ich Lisa (meinem Navi) glauben darf (was nicht immer sinnvoll ist), werde ich heute irgendwo in Berlin die 500.000 Kilometer erblicken. Es ist ja eigentlich nur eine Zahl. Aber wenn Sie nicht gerade Taxifahrer in Indien sind, sehen Sie die nicht oft auf Ihrem Tacho, oder? Zeit für ein paar Gedanken…
Als ich noch klein war, sagte man, dass 100.000 die magische Grenze sei.
Die Welt hat sich seit dem ein bisschen weitergedreht, und die Entwicklung der Motoren, die Rostvorsorge und die Qualität der verarbeiteten Materialien wurde dramatisch verbessert. Vielleicht lag es ja auch an Papas Fahrweise, dass seine Motoren nicht alt wurden. Sein letzter Audi 100 5E hat, wenn ich mich recht erinnere, bei etwas über 100.000 Kilometern seine 5 Kolben von drinnen durch den Zylinderkopf gegen die Motorhaube geschossen. Später sagte man dann, dass bei Audi jeder Ring für 100.000 Kilometer stünde. Und dass Opel deshalb nur einen habe (und der sei auch noch durchgestrichen!). Na gut, Opel baut schon immer hervorragende Motoren, und das mit den Ringen bei Audi kann ich auch nicht bezeugen. Da bin ich ja schon lääängst drüber 🙂 Ein bisschen kopfrechnen to go, und ich komme zu dem Ergebnis, dass ich bei 499.988 Kilometern vor der Tür meines halbfinnischen Fräulein Altonas in Berlin stehen müsste…
Können Sie nachvollziehen, dass dieses Ereignis einen regelrecht ein bisschen stresst? Wo wird es passieren? Kann ich anhalten, um ein Foto zu schießen oder muss ich das während der Fahrt hinbekommen? Zu Hause steht meine gepackte Reisetasche mit allen meinen Klamotten, meinen Ladekabeln, Kulturtasche und einem Piccolo mit alkoholfreiem Sekt. Zum Anstoßen, wenn es so weit ist. Fällt Ihnen an dem Satz was auf? Na? Richtig. Ich bin so neben der Spur, dass ich irgendwo Höhe Wahlstedt (das ist schon fast bei der A24 nach Berlin) bemerke, dass eben diese Tasche ZU HAUSE steht. Ich habe meinen ganzen Kram im Flur vergessen! AAAH! Zahlenmystik für Fortgeschrittene. Also kaufen meine Liebste und ich auf dem Weg zur runden Zahl noch ein paar lebensnotwendige Kleinigkeiten ein und fahren… und fahren… und fahren…
Spannend. Sie schmunzelt. Wir rollen entlang der Straße des 17. Juni auf die Siegessäule zu. Wie passend. Vielleicht auch symbolträchtig, denn der Sieg der Technik über das Alter und den Verschleiß ist bei diesem Autowagen noch nachvollziehbar. Zwischen 1988 und 1993 wurden nur die hochwertigsten Materialien im Audi V8 verbaut, er kutschiert höchste deutsche Ingenieurskunst und 20 Jahre alte High-Tech durch das Land. Und hätte man damals mehr Vertrauen in die Marke gehabt, es hätten wesentlich mehr als nur 20.000 Menschen die 135.000 D-Mark für einen wie meinen ausgegeben. Dafür bekamen Sie schon ein schickes Einfamilienhaus. Oder einskommafünf Mercedes S-Klassen. Tja, Freunde, schaut euch diesen Wagen an. So alt wird kein Schwein, und so weit fahren eure damaligen Alternativen bestimmt nicht! Die sind nämlich schon alle gepresst, und der Wertverlust hat euch fast pleite gemacht. Okay. STOPP. Jetzt kommt der Moment!!!
Ich sehe die Goldmarie vor mir, während ich den V8 rechts auf eine Nebenspur lenke. Mitten im Diplomatenviertel. Aber hier kann ich anhalten und feiern!
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Raus mit dem Sekt! Rauf damit aufs Auto! „Ich… äh, ich geh mal ein bisschen spazieren, bis du mit deinem Kram hier fertig bist, okay?“ Ja, bis gleich. Wo ist mein Stativ?
Und sie stapft los. Frauen haben wohl keinen Sinn für Tachostände. Ich mach‘ den neuen Piccolo für die Halbzeit-Taufe auf, werde dabei fast von drei militanten Fahrradfahrern plattgefahren und hüpfe frenetisch grinsend und Sekt verspritzend um mein treues Auto rum. 2001 habe ich diesen Wagen als 8jährigen gekauft. Mit einem nagelneuen Motor und gerade mal 120.000 Kilometern auf der Uhr. Einige von euch waren im Audi V8 Forum von Anfang an dabei und haben Kummer und Freude mit mir geteilt. Er hat mich an den Rand des Wahnsinns gebracht. Zündschlüssel, die ich in Windeln mit eingewickelt habe. Kaputte Heizungskühler, die den Innenraum in ein Dampfbad verwandelten. Müde Lichtmaschinen, die mir individuelle Eindrücke vom Seitenstreifen einer stark befahrenen Autobahn ermöglichten. Kaputte Anlasser, die aus mir einen Gläubigen machten, der vor jedem Start vor seinem Auto auf die Knie fiel und die Zündung überbrückte…
*PLOPP* Und das, mein Audi, ist für die GUTEN Momente in den vergangenen 10 Jahren! Wir haben liebe Menschen zum Altar gefahren! Du hast meine Kinder und mich immer sicher und zuverlässig in die Urlaube gebracht und tust es noch heute. Du warst mir schon oft ein gemütliches Bett und ein getreuer Lastesel! Im Winter hast du mich gewärmt und im Sommer… meistens… gekühlt. Ich habe viel Geld in dich gesteckt, aber du hast auch viele Kilometer abgespult. Ist es da nicht normal, dass ein bisschen Verschleiß zu verbuchen ist? Oder was investieren viele 1000 Menschen täglich in ihren völlig asthmatischen Polo, Ka oder Matiz? Kneifen die nicht ein bisschen unter den Achseln? Die Leute denken noch immer, es ist ein Audi 200. Obwohl es keine 4000 Stück mehr von ihm gibt, vom 4.2 noch wesentlich weniger. Er stirbt aus. Aber bis dahin hält er sich wie ein echter Dinsosaurier!
Kennen Sie das alte Werbevideo? „Die andere Art des Ansehens“ mit den beiden androgynen Schlimm-90er Typen? Nicht??? Na dann mal ab dafür:
Sehen wir ihn anders? Er ist schon ziemlich breitbeinig unterwegs, aber wenn ich mir heutige Autos angucke ist er kantig, zeitlos und irgendwie… elegant erhaben.
Dieser Audi V8 ist ein Teil meines Lebens geworden, allein schon, weil er mich während eines gesamten Viertels bis hier hin begleitet hat. Er ist mein Freund. Er hat mir schon mehrfach das Leben gerettet, er bringt mich immer wieder zu meiner großen Liebe nach Hamburg und Berlin und er umschmeichelt mich mit knarzfreiem und nicht klapperndem Luxus. Mehr Auto braucht kein Mensch. Nicht heute, nicht morgen. Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. An ihm. Und an mir. Ich habe Falten, eine kleine Pocke und ergrauende Haare. Er hat leichten Ölverlust und -verbrauch, ein trampelndes Fahrwerk, mausetote BBS Alufelgen und eine (ups?) Durchrostung am Heckblech. Klassische Stelle. Aber ich habe nicht vor, ihn wegzugeben. Wenn ich mit 90 km/h und gerade mal 1500 Umdrehungen oder so die Umgehungsstraße entlanggleite, wenn mich die rote Cockpitbeleuchtung und das BOSE Soundsystem umschmeicheln, wenn mich die Sitzheizung wärmt und ich über die lange Haube die Straße aufzusaugen scheine – dann spüre ich Geschichten. Charakter. Emotionen. Deshalb mag ich ja auch keine Neubaugebiete.
Und was ist mit Ihnen? Rollen Sie auch der Sonne entgegen?
Sandmann
Wow! DAS nenne ich Verbundenheit zu seinem Auto!
Bei uns hier im Ort fährt jemand einen Audi 90 Bj. 85. Auf seiner Heckscheibe prangt ein Aufkleber: 350.000 Kilometer und kein Ende ins Sicht.
Als ich ihn mal darauf ansprach meinte er, diesen Aufkleber seit der 200.000 Kilometer Marke drauf zu haben. Alle 50.000 wird er angepasst. 😉
Mich hat der Kilometerstand schon immer mehr interessiert, als die PS (sorry kw) Zahl des Motors. Dein VauAcht beweist, dass eine gute Substanz (Audi halt…) und etwas Pflege zu einer lang währenden Auto-Mensch Beziehung führen kann.
Ich schrieb extra: ETWAS Pflege 😉
Fast schon schade, dass ich den Touri dieses Jahr noch abgebe. 100.000 Kilometer in 4 Jahren. Mehrmals jährlich zu Schwiegereltern ins Saarland, 3 Umzüge komplett NUR mit dem Touran. Unzählige Fahrten zur Arbeit, unter der der Motor teilweise sehr leiden musste (Warmfahrphase teilweise böse ignoriert), während des Elbehochwassers „Deichwache“ im Schritttempo 6 Stunden lang (Wohne in einer Elbtalaue, und die zu kontrollierende Strecke konnte befahren werden), und noch soooooo viele Geschichten mehr…. *seufz*
Und obwohl in der AuBi letzter Platz im Dauertest, hatte ich NUR 2 Defekte in diesen 4 Jahren: Ein Ventil der Klimaanlage explodiert, und eine Kennzeichenleuchte weggerostet, weil Schlauch von der Heckscheibenwaschanlage leck war….
In Deinem Fall noch sehr bemerkenswert: Tausende Menschen erlebten Deine Geschichten am PC mit! Dein Dicker hat Menschen zusammengebracht, (auf Treffen), zu Diskussionen geführt (Gruß an den längsten Fahrlehrer Deutschlands ;-)) und zu wertvollen Kontakten geführt.
Meine Herren, der Piccolo war eigentlich viiiiiiiel zu unterdimensioniert für Deinen V8!
Ich und Miss Horch wünschen euch beiden noch tausende, unfallfreie Kilometer! 😉
Touranus
Ay Touranus,
danke für deine weitermachen Wünsche 🙂 Habe ich eine andere Wahl? ‚h… vermutlich ja, aber ein anderes Auto will ich ja (momentan) gar nicht. Und wenn ich mich mal wieder nach unten kalibrieren möchte habe ich ja immer noch den KaSi.
NOCH mehr Sekt auf dem V8 wäre übrigens nicht so schön gewesen. Der hat geklebt wie Tesa und gestunken wie eine Hafenkneipe! Ich habe ihn nach der Berlinreise (und nach der Schweiz, letztendlich) gründlich waschen lassen und den Jungs auch ein ordentliches Trinkgeld gegeben. Nun glänzt er wieder, und sogar die Felgen sehen langsam wieder ein bisschen besser aus!
Sandmann
oh sandmann ich kann das gut verstehen und so ne sektdusche ist doch was feines…
mein neues werde ich wohl auch mal einer unterziehen und ihnen proste ich von herzen zu und sage auf die nächsten tausende von kilomenter.
nartürlich unfallfrei und ohne probleme
gruss fastback
Ay fastback,
danke für das Prosten, da sage ich doch beherzt „Stöööößcheeen“ 😀 *ping* und außerdem willkommen aus Sandmanns Welt.
Ich würde aber, wie schon erwähnt, immer wieder lieber einen Piccolo nehmen, denn das Zeug klebt wirklich unfassbar und sieht auch bis zur nächsten Wäsche nicht unbedingt supertoll auf dem Lack aus. Hm. Man könnte es auch für eine andere Substanz halten 😉
Gruß zurück
Sandmann
Hey Jens
Mein lieber. Ganze 500.000 Kilometer hat jetzt Deine Karosse runter. Und immer noch kein knarzen zu vernehmen. Absolut…wow. Da brauche ich mir ja noch keine Gedanken zu machen. Hehe. Meine Karosse hat 350.000 runter. Ob ich den Tacho angleichen sollte? 😉
Ganze zehn Jahre nennst Du jetzt schon den V8 Dein eigen. Ich rechne einmal ganz kurz…120.000…380.000 in zehn Jahren! Allerdings was hat Dein V8 auch schon für Strecken gesehen. Und wo er schon überall mit Dir und Deiner Familie gewesen ist. Es ist doch schon irgendwie beeindruckend, was die Maschine bei Öl und Wasserzugabe so mitmacht. Solche Kilometerzahlen sind sonst eigentlich nur dem guten alten /8 vorbehalten. Und dies ist ein Diesel!
Hast Du eigentlich einmal so ausgerechnet wieviel Sprit bzw. Gas Du auf dieser Strecke verbraucht hast? So rein interessenhalber. Nicht das Al gleich wieder die Mistforke schwingt. Prust! 🙂
Dann feier mal schön diese Kilometerleistung. Und gönne „ihr“ doch gleich einmal einen Ölwechsel mitsamt Filter
V8 mäßige Grüße
Markus bei Sonnenschein und ZEHN!!! Grad in der Sonne
Ay Markus,
ja, die einen überlegen, den Tacho wegen des vermeintlich höheren Wiederverkaufswerts zurückzudrehen… und ab einem gewissen Alter macht es Spaß, wenn die Meilen und Meilen klettern und klettern 🙂
Ich habe keinen aktuellen Gesamt-Sprit-Umsatz, aber vielleicht erinnerst du dich, bei 400.000 Kilometern zog ich damals eine Gesamtbilanz: KLICK
Ölwechsel ist eigentlich bei dem Ölverbrauch gar nicht nötig, ich kipp ja regelmäßig nach. Aber der Filter… der kann bald mal wieder neu 😉
Hier sind zwar nur offizielle 3 Grad, aber die Sonne scheint ebenso, und daher grüße ich genau so sonnig zurück!
Sonnenmann
Tach Sandmann,
hast du denn schon mal nach so vielen Kilometern in den Motor geguckt, wie es da drin aussieht? Ich bin ja total begeistert, solche Laufleistungen ziehen doch sonst immer nur Diesel?
Genau genommen bist du ein rollender Werbeträger für die Qualität dieses Autos. Sponsored by Audi. Aber wohl eher nicht, die sollen sich ja sehr zickig mit Bloggern anstellen, was man so liest.
Abel
Ay Calimero,
in die Zylinderlaufbuchsen haben wir bei rund 380.000 mal reingeguckt, als Retter Tom die Schaftdichtungen und die Kopfdichtungen neu gemacht hat. Die waren okay, die Kompression auch.
Als ich bei Autoservice Menzel vor ein paar Monaten den Zahnriemen wechseln ließ, zeigten sich auch noch vier recht gesunde Nockenwellen. Nicht eingelaufen, alle Ketten okay.
Da kann man eigentlich nicht meckern. Ich bin gespannt, wie das Getriebe von innen aussehen wird 🙂
Sandmann