Ich, sie und sie in Portugal, Teil 3
Ich stehe zum zweiten mal auf dem Fußboden dieses Landes, was schon immer unter der Überheblichkeit des großen Nachbarn gelitten hat, was mit Vollgas in den nächsten EU Rettungsschirm schleudert und was langsam unter der Arbeitslosigkeit und dem Verfall auseinanderbricht wie demnächst die Insel Sylt in der Nordsee. Es ist trotzdem oder gerade deshalb rau und schön auf diesem kleinen Zipfel westlich von Spanien. Die einst stolze Seefahrernation singt seit Jahrhunderten ihre traurigen Lieder, und es liegt eine immerwährende, unaufdringliche Melancholie über diesem Teil der Erde. Eigentlich kann man das gar nicht so recht beschreiben. Ich suche mal nach Worten, während ich vom Balkon aus auf eine Reihe abendlich beleuchteter geschlossener Geschäfte blicke, die zu mieten oder zu kaufen sind. Es riecht nach Holzfeuern und gebratenem Hühnchen, und spielende Kinder singen irgend einen Reim immer und immer wieder in den Abendhimmel. Natürlich beginne ich die Geschichte mit einem Flugzeug. Von TAP. Klar.
Ich esse im Ausland nicht bei McDonald’s (äh… meistens jedenfalls nicht), weil die kulinarischen Ergüsse der Einheimischen vor Ort fast immer kostenswert sind. So ähnlich verhält sich das auch mit der Fluggesellschaft, es gibt da ja eine Menge Billigflieger ab Hamburg in die ganze Welt, sie, sie und ich haben uns aber für TAP entschieden. Die klassische Transportes Aéros Portugueses mit ihren rot-grünen Schwänzchen hat einen sympathischen Ruf, stürzt nicht übermäßig häufig ab und ist darüber hinaus die einzige Linie, die Direktflüge von Hamburg nach Lissabon anbietet 🙂 Das macht die Entscheidung noch leichter, denn glauben Sie mir, mit dem ganzen Gepäck einer sehr gut organisierten halbfinnischen Mutter Altona und den gesammelten materiellen Bedürfnissen des kleinen viertelfinnischen Sandmädchens (plus meiner Zahnbürste) möchten Sie nicht irgendwo zwischendrin in einen anderen Flieger steigen. Ich auch nicht. Zumal die Koffer und die Kinderkarre bei wechselnden Fliegern dann nicht da ankommen, wo man es geplant hat. Es genügt schon, mit diesem ganzen perfekt geschnürten Koffergeraffel später noch den Mietwagen zu suchen, aber die Geschichte kennen Sie ja bereits. „Da. Hugzeug. Da.“ Sie lernt dazu, wir geben die klitzekleine Kinderkarre noch beim Oversized Luggage ab und steigen ein 🙂
Es ist so einem kleinen Menschen, der zwischen der 1 und der 5 noch ein Komma bei der Altersangabe hat, nicht leicht verständlich zu machen, dass man sich mit diesen Sitzen und diesen ganzen vielen Menschen gleich nach ganz oben über die Wolken begeben wird, um gut drei Stunden später inklusive Zeitverschiebung in einem ganz anderen Land zu sein, wo man die Sprache nicht versteht. Schon gar nicht, wenn man so kompliziert verschachtelte Sätze wie den eben gerade anwendet. Sie hat schon einmal einen Flug nach Wales bravourös hinter sich gebracht und beschließt im komplett ausgebuchten Airbus, nach erfolgreicher Nahrungsaufnahme einfach in Mamas Armen einzuschlafen. Das verhindert erfolgreich den ursprünglich geplanten Weiterbildungsschub genannter Dame mit der aktuellen „Gala“, erhöht aber gleichzeitig die Chance, dass alle Anwesenden ungenervt in Portugal ankommen. Denn die Pöbeleien eines gelangweilten Kleinkindes sind nirgendwo so laut wie in einem überfüllten Flugzeug. „Da. Hugzeug. Da“. *schnarch* Derartige Prioritäten lenken die eigene Aufmerksamkeit auf die ersten portugiesischen Ausläufer nationaler Massenkochkunst, und es fällt mir schwer, zu glauben, dass dieses… Hühnchen?… in der Plastikwanne vor mir genug Nährwert hat, um mich durch den Tag zu bringen. Anschließend gibt es von den freundlichen Stewardessen noch einen interessanten Nachtisch auf das Tablett portioniert, der ein wenig an diesen grünen Schleim erinnert, den wir in den 70ern immer zwischen unseren Händen haben durchglibbern lassen. Nur in ist der hier gelb. Gut, dass die Kleine schläft. Ich trinke eine leckere kalte Cola und bereite mich mental auf 10 Tage ohne Internet und ohne Telefon mit meinen beiden Hamburger Frauen vor 🙂
Merken Sie sich bitte: Wenn Sie in Hamburg eine Kinderkarre beim Check In abgeben und in Lissabon am Gate gefragt werden, ob Sie eine Kinderkarre mit im Flieger hatten antworten Sie auf jeden Fall immer mit JA. Das verhindert bestenfalls, dass jemand mit dieser Karre am Gate auf Sie wartet, während Sie selbst unten am Gepäckband rumlungern und nicht verstehen, warum die Kinderkarre nicht kommt. Auf diese Weise lassen sich die ersten zwei Stunden auf portugiesischem Boden recht monoton im Beisein von im Kreis fahrenden fremden Koffern verbringen. Zwischendurch wird noch ein trockenes Sandwich ohne Butter und ohne Saucen mit Hühnchenfleisch (glaube ich) erworben, und irgendwie sitzen wir drei dann irgendwann in unserem Mietwagen.
Portugal.
Wie lässt sich Portugal jemandem erklären, der noch nicht hier war? Man isst hier entweder leckeren Fisch oder nicht so leckeres Hühnchen. Da sind geografisch unten im Süden die Goldküste und der Tourismus. Die Hauptstadt Lissabon erstrahlt mit seinen Fußgängerzonen entweder im restaurierten Glanz der guten alten Zeiten – oder verfällt, gleich nebenan, zu baumbewachsenen Ruinen. Dazwischen ist nicht viel, es gibt keine Graustufen. Entweder schön und heile oder komplett kaputt und verlassen. Die berühmte Straßenbahnlinie 28E fährt einen für 2,80€ fast wie ein Touristenbus einmal quer durch die Gassen der Altstadt und hinterlässt einen grübelnd ob der Informationen, wie das alles hier eigentlich weitergehen wird, wenn sogar auf den hellen großen Paradeplätzen aus den Dachrinnen der pleite gegangenen Luxushotels kleine Grünpflanzen wachsen. Sieht man über die allgegenwärtigen Ruinen hinweg, weil man es einfach hier und jetzt nicht ändern kann diffundiert langsam der Charme vergangener Jahrhunderte in den Vordergrund. Die große Stadt ist so entspannt wie ihre Bewohner auch. Hier werden Baudenkmäler nicht eingezäunt und mit Eintritt belegt – hier leben die Menschen damit und darin. Der gekachelte Bahnhof ist einfach nur so ein Bahnhof.
Und plötzlich führen die zunächst zusammenhanglos geglaubten Fäden der vorangegangenen Geschichten wieder zusammen. Nagelneuer Mietwagen und steinaltes Navi 🙂 Wenn man es erstmal geschafft hat, die Banlieu zu verlassen (und womöglich noch zumindest in der richtigen Himmelsrichtung unterwegs zu sein) eröffnen sich ganz neue Reisemöglichkeiten auf den wundervollen, neuen Autobahnen, auf denen wir fast ganz allein unterwegs sind. Was, wie wir später erfahren sollen, an den Mautpreisen in der Höhe von portugiesischen Monatseinkommen liegt und damit ein Schuss in beide Kniescheiben der hiesigen Verkehrsplanung ist, aber das Thema hatten wir ja schon. Viel interessanter für den blauäugig Reisenden ist ja die ungewöhnliche Kombination aus nicht ganz korrekten Ortsangaben seitens des Buchungsportals zum Standort des Hotels in den Bergen weit östlich von Porto und einigen wirklich gut ausgebauten, aber in meinem alten Navi nicht vorhandenen Überlandstraßen auf dem Weg dahin. Ich möchte die Gespräche im vorderen Teil des Autos hier nicht wiedergeben. Lesen Sie den betreffenden Blog. Im Fond wird glücklicherweise nach dem Genuss einer ganzen Banane friedlich im teuer gemieteten Kindersitz geschlafen.
Nach drei verzweifelten Telefonaten mit dem freundlichen, Englisch sprechenden Boutique-Hotelbesitzer aus den Niederlanden und einigen, insgesamt mehr als zwei Stunden dauernden landschaftlich schönen Umwegen über Brücken und serpentinenreiche Bergstraßen stehen wir direkt vor unserer schönen Bleibe. Wikipedia bezeichnet „Boutique-Hotels“ (ich habe diesen Begriff vorher noch nie gehört) sinngemäß als kleine, inhabergeführte Oasen der Ruhe, und das klingt wie eine leise Musik in den Ohren der an dieser Odyssee teilhabenden Personen. Von Lissabon nach Aldeia das Dez in den Bergen sind es über drei Stunden Fahrtzeit, dann addieren Sie bitte die kleinen aber feinen Navigationsprobleme oben drauf – das Angebot des alten, charmanten Hoteliers, uns noch etwas zu essen zu kochen beantworten wir mit einem glücklichen Nicken und werden endlich mal wieder mit der portugiesischen Küche konfrontiert, die hier eindeutig einen kleinen wirtschaftlich gerechneten Einschlag hat. Aber satt macht. Und diesmal besteht sogar die Möglichkeit, das Hühnchen abzulehnen und etwas anderes zu bestellen. Kaninchen können kleine, gesplitterte Knochen haben, wussten Sie das? Je nachdem wie sie erlegt und zubereitet wurden. Sehr, sehr viele kleine Knochen. Dieses hier ist vermutlich einer Landmine aus dem letzten Weltkrieg zum Opfer gefallen und wurde anschließend fein püriert und lecker gewürzt. Habe ich mal erwähnt, dass ich Fisch wegen seiner Gräten meide? Aber hey – nach einer köstlichen Cola höre ich die Betten des ersten Abends meines Urlaubs rufen. Ein paar Bimmelglocken um die Hälse glücklicher Ziegen dengeln romantisch in der Abenddämmerung, ein lauer Wind treibt interessante Wolkenformationen bis in den Hotelgarten und die Anstrengung einer kleinen Odyssee weicht langsam einer Müdigkeit, die von einem flauschigen Bett mit Blick über die Berge aufgefangen wird.
Oben im Norden, westlich von uns, liegt Porto, ein Highlight nicht nur wegen des Portweines. Hier sitzen sie alle, die heiligen Weinhändler, die den süßen, schweren Stoff in die ganze Welt verschiffen. Links und rechts an den Ufern des großen Douro stapeln sich steil wie ein Haufen Legosteine Wohn- und Geschäftsviertel die Berge herauf, die mit hohen, mit wirklich wahnsinnig hohen Brücken verbunden sind. Diese erreicht man aber erst, wenn man die entsprechenden Fahrstühle gefunden hat oder wenn man sich mit einer Kinderkarre (die man am liebsten nie wieder weggeben möchte) und dem entsprechenden Zubehör auf anderen, wesentlich ausufernderen Wegen den Stahlkonstruktionen nähert. Es geht sportlich vorbei an bunten, wühligen Häuserzeilen, an denen Fahnen an den schmiedeeisernen Balkongittern hängen und aus dessen Fenstern leiser, trauriger Gesang klingt. Und immer wieder wird dieser Spaziergang gebremst von einem kleinen, mitteilsamen Mädchen mit Sonnenhut, das lieber laufen als geschoben werden will und das halbminütlich einen anderen Plan von der einzuschlagenden Richtung entwickelt. Das Ergebnis dieses Plans unterscheidet sich grundsätzlich von der tatsächlich einzuschlagenden Richtung, geht man davon aus, dass wir theoretisch ein Ziel vor Augen haben 🙂 Auf diese Weise bekommen wir einen abwechslungsreichen Eindruck von der Stadt und sehen Nebenstraßen, in denen wir sonst nicht gelandet wären und die auch in keinem Reiseführer genannt werden.
Was anfangs nur „irgendwie seltsam“ anmutet, was aber nach und nach immer präsenter wird: Die Geschäfte sind fast alle anscheinend grundlos geschlossen, obwohl es früher Nachmittag ist. Und es befinden sich nicht viele Menschen an diesem eigentlich recht schönen Wochentag hier mitten in einer der größten Metropolen des Landes. Jedenfalls findet man sie nicht auf der Straße. Hier und da dringt ein trauriges Lied aus einem höher gelegenen Fenster, manchmal begleitet von einer Gitarre, aber sonst…? Wo sind die alle? Und warum? Ein blasser, sich auffallend langsam bewegender junger Kellner mit blutunterlaufenen Augen klärt uns auf, nachdem es ein wenig gedauert hatte, seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Gestern war doch das Fest des Heligen São João, des Schutzpatrones. Da sei die ganze Stadt auf den Beinen, da feiern alle lange und trinken ziemlich viel. Ah. Und auch das beschreibt die Mentalität der gelassenen Portugiesen, die machen dann am nächsten Tag einfach komplett ihre Geschäfte erst am frühen Abend wieder auf. Wenn der Kater erträglich geworden ist. Dieser Mann hier hatte einen anscheinend nicht optimalen Deal mit seinem Arbeitgeber und wäre sicherlich auch gern ein bisschen länger liegen geblieben. Jetzt bringt er mir dafür ein Clubsandwich mit Hühnchen. Und eine Cola.
Die Stadt erwacht langsam zum Leben, gegen 16:00 Uhr räkeln sich die ersten Ladenbesitzer in einer Wolke aus Vinho Verde und Chicken Piri Piri. Ich will abschließend noch auf diese riesengroße Stahlkonstruktion, die sich wie ein umgekippter Eiffelturm über den Fluss legt und sowohl Fußgängern als auch Straßenbahnen ermöglicht, ihn zu überqueren, ohne dabei sonderlich nass zu werden. Sie kennen doch diese dünnen Stahlgitter, die manchmal wie Fußmatten über den rechteckigen Löchern vor den Eingangstüren von Schulen liegen. Darunter fand man immer verschiedenen Kram, Zopfgummis, Ringe, Kämme, Geld. Und jetzt schieben Sie diese Gitter mal 60 Meter oder so hoch in die Luft, hängen ein paar aneinander und lassen dazu noch Straßenbahnen drüberdonnern. Argh. Ein solch vertrauenerweckendes Gefühl verströmt diese Brücke. Alles wackelt leicht, und wenn man runterschaut sieht man keine Zopfgummis, Ringe, Kämme oder Geld. Da sieht man den Douro. Irgendwo da unten, da ganz weit unten, und mit seiner Fließgeschwindigkeit scheint die Stahlkonstruktion langsam zur Seite zu kippen. Mein halbfinnisches Fräulein Altona ist ein bisschen grün, obwohl sie gestern Abend gar nicht wie alle anderen mit dem Heiligen São João gefeiert hat und schlägt vor, dass wir doch vielleicht schnell ein paar Fotos machen und dann mal wieder festen Boden aufsuchen könnten. Dieser Wunsch wird von der nächsten, direkt an uns vorbei donnernden Straßenbahn unterstrichen.
Natürlich. Einen kleinen Moment noch. Ich pendel zwischen Faszination und Höhenangst und beschließe, zu Hause in Deutschland mal zu schauen, ob es für meinen Microsoft Flugsimulator ein Portugal Add On gibt, denn ich will unbedingt mal unter diesen Brücken durchfliegen 🙂 Der Blick von hier oben ist wirklich sagenhaft, er geht über Plätze mit großen Public Viewing Leinwänden (die WM läuft noch, und bisher hat niemand eine Anspielung auf das 5:1 von Deutschland gegen Portugal gemacht), Werbetafeln von Sandemann und Graham’s Portwein über das Häusermeer bis zu den Bergen am Horizont, hinter denen unser kleines Boutique Hotel liegt. Dort ganz weit hinten, rund 100 Kilometer entfernt über die Autobahn für Gutverdiener und dann noch einmal 20 Kilometer über gedärmartige Bergstraßen, die auf Beifahrerinnen einen ähnlichen Effekt haben wie Heiligenparties. Das viertelfinnische Sandmädchen ist in ihrer Karre kapitulierend eingeschlafen. Ich bekomme schon wieder Hunger und mache schnell noch einen Selfie, bevor wir auch langsam den Yaris-Wagen aufsuchen, um dem Abend im entspannten Hotel eine Chance zu geben. Sightseeing ist toll, aber irgendwann soll man ja auch bei gutem Essen mal die Füße hochlegen.
Wenn ich in Portugal Fritten bestelle bekomme ich Kartoffelchips, wenn das erstmal bekannt ist und ich es mir gemerkt habe bestelle ich eben keine Fritten mehr. Raststätten entlang der unbefahrenen Oberschicht-Maut-Highways locken den spontan hungrigen Touristen auf seinem Weg zurück ins Hotel mit großen Auslagen voller liebevoll angerichteter Gemüse- und Fleischvariationen, an denen wir uns nur allzu gern laben möchten. Hier tut man gut daran, sich lediglich ein klebriges, süßes Stück Kuchen zu kaufen. Außer, es steht einem der Sinn nach antiken Fleischstücken und Gemüsesorten, die in Europa seit Jahren nicht mehr angebaut werden. Essen. Das müssen wir alle mal irgendwann. Genau wie Kaffee trinken, in Italien ist das eine allgegenwärtige Geschmackswonne, in Frankreich eher nicht so. Hm. Man nimmt es den Portugiesen aber irgendwie nicht übel. Irgendwie nicht. Was können sie denn auch dafür, dass hier auf der Autobahnraste wegen dieser utopischen Mautgeschichten nur alle zwei Monate überhaupt mal jemand vorbeifährt und nur alle vier Monate mal jemand anhält? Und der will dann meist noch nicht mal was essen, denn preiswert sind die Gerichte zu allem Überfluss auch nicht. In den Städten jenseits der Autobahnen wiederum sprechen sie deine Sprache nicht, und egal, was du bestellst, es ist irgendwie immer Hühnchen mit Kartoffelchips. Generell kann ich zusammenfassen: Eine kalte Coca Cola aus der Dose schmeckt immer.
Was sie können, die Portugiesen, ist Wein und Dessertwein. Der extra tief aus dem Keller hervorgezauberte, uralte Cream Sherry aus Spanien (verdammt) entwickelt seine ganz besonderen Eigenarten. Unser niederländischer Gastgeber präsentiert ihn stolz, während das viertelfinnische Sandfräulein einen Klangteppich aus „mehr! mehr! mehr!“ über ihrem leergefutterten Teller ausbreitet, auf dem eben noch Hühnchen lag. Ja. Sherry. Man bekommt eine kleine Ahnung, warum Portugiesen und Spanier sich nicht sonderlich mögen, dieses Getränk hier in meinem Glas scheint einen Teil der späten spanischen Rache zu verkörpern. Ich zerschneide der Kleinen noch etwas von diesem Geheimrezept des Hauses und versuche mich nach diesem langen Tag voller Eindrücke zu konzentrieren. Dabei gleitet das eben verköstigte Getränk zähflüssig meinen Hals hinunter und verwandelt mich innerhalb von Sekunden in einen betrunkenen Diabetiker. Vielleicht a) kümmert sich heute mein halbfinnisches Fräulein Altona mal lieber um die nächtliche Betreuung unserer Tochter und b) trinken wir morgen Abend lieber wieder einen klaren, frischen portugiesischen Vinho Verde. *hicks* Ich feier den Ausklang dieses Tages auf dem Balkon mit einem fast kitschigen Blick auf die Berge. Das Dorf da vorn, mit den vielen geschlossenen Geschäften, erwacht zum Leben. Kinder spielen, es wird gegrillt und gesungen. Ich mag Südeuropa…
Während meine Pfeife langsam vor sich hinglimmt und kleine, nach Kirschen duftende Wölkchen in den klaren Abendhimmel entlässt fällt eine schwere, schon viel zu lange drückende Last des Alltags langsam von meinen Schultern. Was für ein unbezahlbares Glück, mit meiner geliebten Freundin und unserem gesunden, quirligen Töchterchen diese Tage hier zu verbringen, früh am Abend zu schlafen und um 7:00 Uhr spätestens von neuen Wortkreationen aus den Tiefen des Reisebettchens wachgeplaudert zu werden. Wer sich anmaßt, so etwas anstrengend zu finden hat noch nicht erlebt, was wirklich anstrengend ist. Was an den Nerven zerrt und über Jahre die Existenz von allem in Frage stellt. Der Anfang dieses kleinen Urlaubs markiert gleichzeitig das Ende einer großen Reise, die aber nicht in Portugal stattfindet. Nicht hier, bei diesen gelassenen Menschen, die alle João heißen und garantiert nicht alle heilig sind. Nicht zusammen mit diesen beiden wundervollen Menschen, mit denen ich mein Leben teile. Hier atmen wir jetzt durch und tanken Kraft für den Endspurt zu Hause. Aber das ist eine andere Geschichte. Morgen fahren wir erst einmal ans Meer…
Sandmann
DAS HIER war das alte Navi und…
DAS HIER ist der Sand-Blog danach
Ach ja…
Die Fotos sind alle mit dem iPhone gemacht, und die Selfies nur in VGA Auflösung 🙂 Sorry. Ich hab die Kamera zu Hause gelassen……..
Sandmann
„Hier atmen wir jetzt durch und tanken Kraft für den Endspurt zu Hause. Aber das ist eine andere Geschichte. Morgen fahren wir erst einmal ans Meer…“
Klasse geschrieben! Den Rest verkneife ich mir hier, weil er einfach unwichtig ist. Weiter so. Du packst das.
Beste Grüsse aus dem Land der Maiskolben.
Bronx
Ay Maiskolbenlandbewohner,
unwichtig ist ja relativ, aber es gibt Geschichten, die nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt sind. Wie ich dir ja auch schon direkt in dein Ohr flüsterte 🙂
So oder so, das Land ist super, anders, schön. Ich bin sehr gespannt wie das weitergehen wird mit der Arbeitslosigkeit, dem Verfall und der EU. Da stehen Häuser rum, da blutet einem das Herz. Sowohl wegen des Zustands als auch wegen all der Geschichten, die ja immer dahinter stecken…
Sandmann
Gefällt mir… Auch wenn es mir für Urlaub schon etwas zu südlich wäre.
Ich gönne dir diese entschleunigenden Auszeiten von ganzem Herzen.
Danke Daemonarch…
ZU südlich ist ja relativ. Selbst Portugal ist mit dem Auto erreichbar, allerdings ist man dann schon ein bisschen länger unterwegs 😉
Die vierte und letzte Geschichte zum Thema spielt am Strand. Ich bin ja schließlich der SANDmann.
Und jetzt? Ist Freitag Abend, ich habe mir ein Gläschen portugiesischen Rotwein eingeschenkt, der Grill kühlt knackend ab und ich lasse den Beginn des Wochenendes mal auf mich wirken.
Habt ein schönes solches, ihr Lieben da draußen
Sandmann
Portugal hatte ich bis jetzt nicht so recht auf dem Schirm. Daher danke ich dir für diese Zeilen, die mich etwas nachdenklich machen.
Auch ich ruhe mich endlich aus, nach dem, was die letzten Tage passierte (Haus ohne Dach und dann ein Regen, der einen im EG Wischen lässt, obwohl noch ein Geschoss darüber ist).
Dir auch ein schönes Wochenende.
Grüße aus dem langsam trocknenden Haus mit neuem Dach
Ay Peter,
oha, warum ohne Dach??? Ist ja wie in Portugal 🙂
Ich wünsche euch einen trockenen Fußboden. Und check mal Portugal, es ist schöner und preiswerter als Spanien… Besonders die südliche Küste ist eine Reise wert…..
Ich wunder mich gerade, hab ich da 2012 nichts geblogt? Ich finde nichts? *grübel*
Sandmann
Hallo Sandmann,
das Dach fehlte kurzzeitig, weil ein neues drauf kam. Und eben in genau dem Moment, wo man keinen Regen brauchen kann, kam ein kleines Wölkchen und es regnete sturzbachartig vom Himmel, sodass wir nicht schnell genug die Planen ausbreiten konnten.
Nun ist wieder alles trocken und die Schäden halten sich in Grenzen.
In Spanien war ich vor ein paar Jahren um das Ergebnis von einem Studentenwettbewerb zu präsentieren. In A Coruna wurde präsentiert und nebenbei noch Santiago de Compostella und Madrid bestaunt.
Mich beeindruckte am meisten die Pilgerstadt wegen dem durchgängig verwendeten Baumaterial Granit und dem enormen Millionengrab auf dem Hügel. Glaube, ein Kulturzentrum soll es mal werden (damals und heute noch im Bau).
Zitat: „Das ursprünglich veranschlagte Budget von 120 Millionen Euro dürfte dann um ein Vielfaches überschritten sein.“ Zum Vergleich: eine JVA für über 600 Häftlinge kostet „nur“ 100 Mio €.
Hier ein Link dazu, falls es interessiert: http://www.taz.de/!87270/
Erschöpfte Grüße
Ay Peter,
ich wünsche viel Erfolg und Trockenheit mit dem neuen Dach. Eigentum?…..
Santiago de Compostella 🙂 Da muss ich an Hape Kerkelings großartiges Pilgerbuch „Ich bin dann mal weg“ denken, was ich verschlungen habe. In Spanien lebt heute noch eine Dame, die ich rund um 1980 als meine Brieffreundin bezeichnet habe (damals noch in Berlin lebend). Ich war sagenhaft verknallt, so doll man das mit 10 Jahren eben sein kann. Dank Facebook ist sie inzwischen wieder sowas wie eine Brieffreundin, wenn man Whatsapp als Brief bezeichnen kann 🙂 Irgendwann werde ich sie da mal besuchen, so 40 Jahre später oder sowas…..
Und zu Millionengräbern lasse ich mich lieber nicht aus, da haben wir ja auch jede Menge Spaß mit Stuttgart 21, dem Berliner Flughafen und der Elbphilharmonie direkt vor meiner Haustür 🙁
Gradnemengekleinanzeigenaufgegebene Grüße
Sandmann
N’abend!
Porto… Eine schöne Stadt!
Auf der Brücke war mir auch nicht so ganz wohl. Ich versuchte mit einzureden, dass sie ja gar nicht sooooo alt ist und sicher noch ein paar Tage stehen bleiben möchte. Hat funktioniert, wie es scheint. 😉
Wir flogen aber damals mit einer der preiswerteren Airlines vom schönen Frankfurt – Hahn ( über den Witz lache ich immer wieder!!!) nach Porto. Dank des guten Nahverkehrs braucht man dort definitiv kein Auto. War ein durchaus günstiger Urlaub!
Ich wünsch euch mal was…
Steffen
Ay Steffen,
bester Weinlieferant, dessen Dornfelder Barrique ich gestern Abend mit wahrhaftiger Begeisterung verköstigt habe,
günstig ist ja relativ. GünstigER als in den anderen südeuropäischen Ländern ist es in Portugal tatsächlich. Zumindest wenn man nicht die Autobahnen nimmt 😉 Aber ein Schnäppchenurlaub war’s trotzdem nicht, ich frage mich, wie all die vielen Hotels da überleben? So richtig billig sind die nicht, und so richtig voll war es auch nicht…..
Aber na gut, der anschließende Urlaub mit dem Benz und dem Nachwuchs nach Frankreich war auch kein Schnäppchen. Trotz Zeltplatz. Aber was ist schon ein Schnäppchen? Auf so eine All-Inclusive Burg mit Stacheldraht drumrum und Ballermann-Entertainment habe ich irgendwie keine Lust…
Sandmann
Tach Sandmann!
Ja, der Barrique ist ein feiner Wein. Trinke ich selbst auch ganz gern.
Wir hatten damals so ein ganz neues Hotel, als die ersten Gäste gab es da Sonderpreise. Natürlich waren da noch ein paar kleinere Baustellen. Grundsätzlich sind solche Kurzurlaube sowieso nicht so preiswert. Aber das ist es mir wert.
Der Flug war sicher günstiger als 100€, Parken kostet 26 € ( Shuttle das gleiche). Der Rest ist dann auch nicht mehr so wild. Mein Schatz findet IMMER das günstigste Angebot! 😉
Wer arbeitet, muss sich auch mal ne Auszeit gönnen.
Steffen
Ay Steffen,
klingt gut……
Das halbfinnische Fräulein Google hat allerdings so eine Methode entwickelt, die zwar langwierig ist, am Ende aber IMMER wunderschöne Hotels in traumhaften Gegenden als Ergebnis hat. Das ist dann nicht immer das günstigste Angebot, aber das muss es ja auch nicht. Eben genau wie du schreibst – schließlich arbeite ich, dann kann die Auszeit auch mal schön ausfallen 🙂
Aber in Sachen günstig… ich fahr heute Nachmittag mal quer durch Hamburg, um mir eine ältere Sony Digitalkamera nebst Zubehör für 6 Euro (in Worten: SECHS) zu kaufen. Als Blog-Cam ins Auto. Sachen gibt’s….
Sandmann
…dann würden sich Fräulein Google und meine beste Hälfte sicher hervorragend verstehen! Männer sind da einfach anders 🙂
Eine Sony Digitalknipse? Bridge, System oder Kompakt? Wobei ich bei Neupreisen um die 30 Euro zu verstehen versuche, wie Die ihre Entwickler bezahlen?
Plane übrigens dieses Jahr noch einen Trip nach Hamburch und wahrscheinlich auch nach Kiel Geschäftigerweise zwar, aber man muss ja auch mal was essen…
Steffen
Ay Steffen,
ich habe jetzt drei Kameras zwischen 6 und 10 Euro am Start 🙂 Nix Bridge, ganz normale KlickKlacks mit 3.2 Megapixel. Was die wenigsten wissen: Die alten DSC Kameras von Sony haben ein Zeiss Objektiv und machen sagenhaft gute Bilder. Aus Sicht eines Bloggers.
Ich hatte mich damals von meinen beiden getrennt, weil die automatischen Objektivverschlüsse immer rumgezickt hatten und auch nicht zu reparieren waren. Aber wenn die gehen…. dann sind das super Kameras. Hab die ersten 100 AutoBILD Blogs damit befeuert 🙂
Jetzt muss ich nur noch damit klarkommen, dass Inserenten bei ebay Kleinanzeigen weder ihre Ware verkaufen möchten noch sagenhaft kommunikativ sind. Ich versteh sowas immer nicht. Aber ich muss ja auch nicht alles verstehen.
Sandmann
P.S.: In Kiel ist immer auch ein Zimmerchen für dich, in Hamburg mindestens ein Essens-Date!
Hi Sandmann… Sony Digicams sind für ihren Preis schon immer echt gut gewesen.
Von 2003-2008 hatte ich eine DSC-P32 mit 3,2mpix und mit ohne zoom. Hat dennoch super Bilder gemacht.
Dann habe ich aufgerüstet – für 200€ eine DSC-H3 mit 8mpix und 10x optischem Zoom. Geliebt habe ich das Ding. Leider letztes Jahr im Urlaub verloren.
Daraufhin sehr günstig an eine Canon EOS 350D gekommen. Wollte schon immer eine DSLR.
Jetzt hab ich für 20€ eine alte Praktica Spiegelreflex (analog) aus den 80ern geschnappt, mit etlichen Prismen, Objektiven, nem fetten Blitz etc – wird sicher lustig, damit rumzuspielen.
Über kurz oder lang wird sich so als „Alltagscam“ wohl noch eine Samsung Galaxy-Cam einfinden, ich bin halt einfach ein Zoomjunkie, 😀