Wenn das Auto der Freundin…

Irgendwie kippe ich ständig Wasser und Öl nach…

Alternative Fortbewegungsmittel immer dabei

Alternative Fortbewegungsmittel immer dabei

Nein, keine Aussage beim freundlichen Italiener um die Ecke, wo das leckere Abendessen verzehrt wird. Vielmehr eine Aussage meines halbfinnischen Fräulein Altonas bezüglich ihres freundlichen Wolfsburgers vor der Tür, dieses sagenhaften Golf 3, der ihr inzwischen doch sehr ans Herz gewachsen ist. Und ein ans Herz gewachsenes Fahrzeug der Partnerin sollte man als autoaffiner Mensch ernst nehmen. Besonders nach 200.000 zügig gefahrenen Kilometern ohne nennenswerte Pflegeaufträge. Sie gerade in Berlin, ich in Kiel, Auto in Hamburg und in drei Tagen geht es in den Urlaub. Habe ich da Zeit zum Schrauben? – Nein. Also will ich das Sondermodell „Bon Jovi“ zu meinem Leib- und Magenschrauber Autodienst Menzel in Kiel bringen. Was sich nicht so ganz einfach gestaltet…

Er will nicht.

Mit seinen 14 Jahren benimmt der Wolfsburger sich weniger wie ein zickiger, pubertierender Teenager, mehr wie eine schlafende Schönheit. KLICK. Kein Anlasser, Uhrzeit 00:00, Radio aus. Na hallo, das freut mich jetzt aber, ich muss eigentlich zur Arbeit und wollte den Kandidaten doch nur kurz bei Herrn Menzel auf den Hof stellen! Hm. Rückbank umgeklappt, Fahrrad hinten rein geworfen (Kombi? Braucht man nicht), Zündung an, Gang raus, Scheibe runter… und beherzt den leichten Hang hinabgeschoben 🙂 Wäre es ein Montag gewesen, läge ich jetzt vermutlich mit verstauchtem Knöchel auf der Straße, während das Auto ungelenkt bei meinen Nachbarn den Zaun durchbrochen hat. Aber es ist nicht Montag, es ist Mittwoch und ich kann das 1.8 Liter Triebwerk im 2. Gang mit nur geringen akrobatischen Verrenkungen zum Leben erwecken. Wie gut, dass Kiel ein bisschen hügelig ist.

Was sage ich denn jetzt alles dem freundlichen Werkstattmeister? „Da haben wir einen nennenswerten Kühlwasserverlust, sichen Sie den doch bitte mal. Und das Öl bleibt auch irgendwo, können Sie das lokalisieren? Ach ja, und über Nacht ist der Strom weg, was kann man da machen?“ Ich kenne schon die Antwort: „Sandmann, vielleicht sollten Sie sich nach einem neuen Auto umgucken, Sie haben uns hier einen wirtschaftlichen Totalschaden auf den Hof rollen lassen„. Aber sie hängt doch so an ihrem Sondermodell mit der Klimaanlage, der Servolenkung und den Alufelgen… das wird sie niemals verwinden… All diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, als ich an einem Kaffee to go nippe und mehr schlecht als recht eingeklemmt auf dem wegen des Fahrrads ganz nach vorn geschobenen Fahrersitz vor mich hin stöhne. Kennen Sie das, wenn man sich irgendwie für das Auto der Freundin verantwortlich fühlt? Ach mensch…

Am kommenden Tag weiß ich mehr. Bis dahin habe ich einfach die Nachrichtenkanäle zwischen Schleswig-Holsteins Hauptstadt und der Bundeshauptstadt vom Thema „Was macht eigentlich… der Golf Bon Jovi?“ weitestgehend freihalten können.

Und was jetzt kommt ist wieder einmal eine Achterbahnfahrt zwischen Resignation und Begeisterung. Diagnose und Ansage des Meisters: Hauptkühler undicht („Als wir da Druck drauf gegeben haben, hat er uns erstmal die halbe Werkstatt unter Wasser gesetzt!„), komplett rausgeworfen und einen nagelneuen eingebaut. Und Kühlwasser getauscht. Öldruckschalter am Motor kaputt („Sie können sich nicht vorstellen, wie der Wagen von unten aussah! War da überhaupt noch Öl drin?„), neuen eingebaut, reichlich Öl aufgefüllt und das ganze Auto von unten sauber gemacht. Heimlichen Verbraucher gesucht und die Batterie mit zwei kurzgeschlossenen Zellen als diesen entlarvt! Hm. Neue Berga-Batterie eingebaut, geladen und alles noch einmal durchgetestet. Ruhestrom jetzt 15mA. Kein Problem. Neue Scheibenwischer angebaut, die alten waren faktisch nicht mehr vorhanden. Noch ein bisschen außer Atem von meiner heutigen Fahrradtour stehe ich ein bisschen sprachlos in der Empfangshalle und denke über das mögliche Potenzial meiner Kreditkarte und meines Dispos nach. Wer soll das denn alles bezahlen???

Aber wir sind hier ja unter uns, gell? Und Sie wollen Zahlen lesen, hat mir mal ein großer Mann der Auto Bild gesagt. Also bitte. Alles zusammen inkl. aller Teile, Arbeitslohn und Mehrwertsteuer 380,- Euro! Für das Geld gibt’s für meinen Audi V8 nicht mal einen Kühler! Und wieder geht die emotionale Achterbahn nach oben in der Erkenntnis, was hier für ein pflegeleichtes, preiswertes Automobil steht! Ich bin wieder einmal begeistert. Warum haben all die neuwagengeilen Deutschen ihre alten, zuverlässigen Golfs in die Abwrackprämie geschoben, um sich einen anfälligen, kleinen und klapperigen Hyundai Getz oder Dacia Logan unter die Achseln zu klemmen? In einem gefühlten Neuwagen mit 200.000 Kilometern (danach dürfen diese Mängel schon einmal auftreten, oder?) Kurve ich mit 90PS in Richtung Wochenende und erfreue mich der Neuteile.

Und Sie? Haben Sie auch ein Auge und ein Ohr auf das Auto ihres Partners, weil er oder sie es vielleicht selbst nicht so genau nimmt? Aber bestimmt haben Sie schlimmere Ersatzteilpreise, oder? 🙂 Erzählen Sie doch mal, während ich auf Sizilien die kommenden 12 Tage in einem Fiat Panda unterwegs bin!

Sandmann

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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

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