Ay liebe Blog-Gemeinde,
ich bin bekennender Limousinenfreund, Verfechter des klassischen Kofferraums und Gegner der Crossover-Alleskönner-Sportkombi-Familien-Cabriocoupé-Kleinlaster-Allrounder. Das wissen Sie vielleicht. Und ich fahre tatsächlich weder ein wirtschaftliches, noch ein vernünftiges Auto, zudem mit einem viel zu großen Motor. Mein blecherne Leidenschaft, der Audi V8, ist alt, bezahlt und eine treue Seele im Alltag. Soweit dazu. Eben parke ich vor dem Discounter neben einem Mercedes GL. Der ist ungefähr doppelt so hoch wie mein (Oberklasse!)Audi, breiter, länger und vom Rauminhalt mächtiger als meine Küche und mein Bad zusammen. Es entschwingt sich ihm ein dynamischer Mittdreißiger, hellblaues Hemd, Sneakers, billige Sonnenbrille und eine Frisur, die in den 40er Jahren echt hip war. Ich widerstehe dem Drang, ihn direkt auf die Länge seines sich unter der Hose verbergenden Körperteils anzusprechen und mache mir lieber ein paar Gedanken… Wer, frage ich mich, wer fährt eigentlich einen Über-SUV vom Typ Benz GL oder Audi Q7?
Mir fallen drei plausible Typen Mensch ein:
1.) Der Förster
Der sich täglich im Wald aufhaltende Förster hat heute ganz andere Aufgaben zu erledigen als noch vor 30 Jahren. Waldsterben und Tourismus haben Deutschland ohnehin schon zur Naturwüste gemacht, das wenige verbliebene Dammwild essen wir auch noch auf. Zwischen „Bauer sucht Frau“ und „Förster sucht Reh“ wird über Castingangebote und Ortsumgehungsstraßen nachgedacht, die Geld in die Gemeindekasse spülen. Nebenbei verschachert man im Zuge der steigenden Energiepreise unter der Hand jede Menge Kubikmeter Buchenholz für die anwohnenden Kaminofenbesitzer. Das Geschäft brummt, der Status will gehalten werden, was liegt da näher als ein unübersehbarer Geländewagen? Groß, bullig, Eindruck schindend. Zumindest bei den Spechten und Erdhörnchen im Wald. Der ÜberSUV bringt den Förster überall hin und lässt ihn vergessen, dass die monatlichen Leasingraten nicht nur sein Einkommen übersteigen, sondern auch den wiederkehrenden Gegenwert eines guten Gebrauchtwagens haben. Deutschland, ich zeig dir was ich kann! Und ich drücke das mit potenten Abmessungen meines Autos aus.
2.) Der Millionär
Er hat in seinem Leben schon alle Autos besessen oder gefahren. Dieser Mann (Frauen fahren sowas nicht) hat ECHT Geld und weiß nicht wohin damit. Nach Porsche, Jaguar und SEL kommt nun logischerweise nicht Volvo oder Saab, sondern etwas richtig großes, Aufsehen erregendes. Oder zumindest Schatten spendendes. Der Millionär kommt nicht etwa auf die Idee, sich einen schönen, alten (und auch teuren) Borgwart Isabella, Opel Kapitän oder Mercedes Heckflosse zuzulegen – nein. Es muss mindestens ein Q7 sein. Ein Redakteur floskelte sinngemäß in seiner roten Michelinmännchenjacke vor ein paar Wochen: „Der Q7 10-Zylinder ist wie die Frage, ob man 7 Schnitzel oder 8 Schnitzel essen sollte„. Das gefällt dem Millionär, zumindest dem echten. Leasingangebote machen uns doch alle zu potenziellen Millionären, aber einige merken das einfach nicht. Mein Haus, mein Boot, mein Auto. Huch? Wo sind meine Freunde?
3.) Der Möchtegern-Poser
Die vermutlich bedauernswerteste Spezies unter den ÜberSUV-Besitzern. Er wurde schon damals im Soprtunterricht immer als letzter gewählt, ist nie über den Seitenscheitel hinweg gekommen und ist geistig noch Jungfrau, weil er neben seiner langweiligen Ehe maximal ein Verhältnis mit seiner Putzfrau hat. Hier haben wir den klassischen Fall von der Verlängerung bestimmter Körperteile, denn Frauen kommt es sehr wohl auf die Größe an! Allerdings… niemand hat ihm gesagt, dass damit nicht die Autos gemeint sind. Dennoch lassen sich aus erhabener Sitzposition viele Sachen kompensieren, die Klimatronic verhindert die stinkenden Schweißflecken unter den Achseln und das Navi sagt einem endlich mal, wo es lang geht. Hinter dem schallgedämmten Glas ist er der König der Stadtumgehung, niemand kommt hier rein und wer sich ihm in den Weg stellt wird einfach weggeschoben. Alles andere regelt die obligatorische Rechtschutzversicherung, ihre Plakette prangert mahnend am Kühlergrill.
Jeder wie er möchte. Aber fühlen Sie sich provoziert? Fahren Sie einen SUV und sind gar nicht so schlimm, wie ich behaupte? Egal – ich möchte nicht mit Ihnen tauschen! Mein Auto ist auch überheblich und arrogant, aber ich kann eine Menge nachvollziehbare Gründe nennen, warum ich ihn fahre. Für Geländewagen von den Dimensionen eines Airbus A380 und dem Spritverbrauch eines Panzerkreuzers im Mittelmeer fehlen mir (noch) jegliche Argumente. Helfen Sie mir. Sagen Sie mir Ihre Meinung. Überzeugen Sie mich womöglich, wenn Sie gute Argumente für Ihren SUV oder allgemein für diese überflüssige Crossover-Krätze haben. Oder schimpfen Sie mit mir. Weil Sie Überheblichkeit und Dekadenz genauso ankotzt wie mich. Wir lesen uns.
Sandmann
Ich finde es aus meiner Warte aus verwerflicher, das diese Individuen einen derartigen geistigen Horizont aufweisen, der sie dazu bringt mit diesen Sauriern in engen Baustellen unbedingt noch Schwertransporter mit Überbreite überholen zu müssen!
… aber diese Ansicht ist sicher recht selektiv!
Ay daemonarch,
dieses Verhalten ist allerdings glaube ich nicht unbedingt SUV-Fahrern vorbehalten, oder? Ich find’s auch heftig, aber ich habe auch schon verrückte, unsichere Kleinwagenfahrer in diesen Situationen erlebt. Die hatten dann SO viel Angst, dass sie wesentlich gefährlicher waren als ein selbstbewusster Fahrer, der dann aber auch wenigstens zügig dran vorbei fährt…
Autobahnbaustellen in Deutschland sind Kriegsschauplätze…
Sandmann
Hey Jens
Autsch! Du kannst ja richtig böse schreiben. Du beschimfpst hier gerade Deine „werdenden Artgenossen“. 🙂
Als Schwärmer für einen SUV…allso ich weiß ja nicht, ich weiß ja nicht.
Momentan fährst Du ja Deinen V8. Nicht gerade klein und Durst hat er auch recht ordentlich. Aber alles schööön dezent verpackt.
Solltest Du dann irgendwann einen SUV vor Deiner Tür stehen haben weiß ich eines ganz bestimmt. DU BLEIBST MENSCH
Weder ein öliger Seitenscheitel, noch eine motzende nicht befriedigte Ehefrau, oder irgendwelche irren Überholmanöver werden Dich „verraten“.
Dann schon eher Strohhut, Gitarre und Astra Rotlich im Kofferaum.
Und Deinen V8 schmeiß mal nicht weg. Dann sage vorher wenigstens bescheid. Ich klaube ihn dann auf und stelle ihn weg.
Aber bevor das alles passiert mein lieber wird wohl eher der Granada straßentauglich gemacht und der V8 parkt dann da wo der Granada stand.
Bis dann in 30 Jahren der Sandmann wieder Bock hat in irgendwelchen engen Höhlen zu schrauben. 😉
V8 mäßige Grüße
Markus
Markus, du beschreibst grad mein Leben 🙂
Nein, wie schon geschrieben, es soll ja jeder machen was er will. Und natürlich ist nicht jeder Fahrer eines SUV doof oder sonstwie anders, einige haben ja auch einfach nur BOCK auf ein dickes Auto. Ist schon okay. Wie du schreibst, meiner ist ja auch durchaus angreifbar.
Aber ich werde niemals einen vor der Tür stehen haben. Warum? Ich mag sie nicht, und es gibt so viele begehrenswerte Autos.
Momentan schwärme ich für einen abgerockten 911er aus den 70ern, irgendeinen Californien-Import mit stumpfem Lack und aufgerissenen Sitzen 🙂 Leider sind selbst die unverhältnismäßig teuer, unter 10.000 Euro geht da fast nichts… Blöd. Ich brauche noch ein Auto für meine Midlife-Crisis…
Sandmann
Hey Jens
Ich beschreibe Dein Leben?! Ich glaube wir kennen uns schon fast zu gut. Und das wo wir uns so selten sehen. 😉
Einen 911 aus den 70 zigern. Haaach. Einen 911 T mit der 2.4 Liter Maschine. Auf so einen hätte ich auch Bock. Alleine der Sound bei einem kurzen Gasstoß. FAUCH
Ich hätte mir vor knapp zehn Jahren, ich war mit Melanie gerade zusammen beinahe einen in Rotenhahn gekauft. Dieser sollte 7500 Euro kosten. Es sollte damals nicht sein.
Dafür habe ich jetzt einen Audi V8. Die Teile genauso bis noch teurer und jetzt auch auf den Weg zum Kultfahrzeug.
Außerdem hätte ich bestimmt einige nette Leute nicht kennengelernt.
Da verzichte ich doch im Nachinein auf den Porsche, besitze einen Audi V8 und „kenne“ Menschen die zusammenhalten und nicht die Nase oben halten und deren Wort meistens noch etwas zählt.
V8 mäßige Grüße mein lieber
Markus
Seit ich gerade die vierte Staffel von „Californication“ gucke denke ich immer mehr, dass es kein besseres Auto für die eventuelle Bewältigung einer vielleicht kommenden Midlife-Crisis geben könnte als einen abgereppten 911er.
Na mal sehen.
Vorher gibt es andere Prioritäten 🙂
Sandmann
Hm…
hier schimpfen Würstchenesser über Fleischfresser?
… oder Jungs über Männer?
… oder der Pastor über Gott?
Irgendwie niedlich 😛
Na – ich will mich lieber nicht wieder in die Nesseln setzen (wenn ich es hiermit nicht schon wieder getan habe). 🙂
1,4-litrige-3-Zylinder-Diesel-Grüße bei 3,6l/100km
El Gigante
Bester El,
nein, tun sie nicht. Als Fahrer einer bezahlten, 20 Jahre alten Stufenhecklimousine kann man sich denke ich gern mal fragen, was jemanden dazu bewegt, 2 Tonnen dicken Stahl und Plastik im Gegenwert eines Einfamilienhauses durch unsere gut ausgebauten Straßen zu bewegen. Understatement sieht anders aus, und der V8 beispielsweise war schon zu Lebzeiten maximal als Audi 200 zu erkennen 😉
Aber nochmal: Jeder wie er will. Und du bist mit deiner Spardose eh im Klippo 🙂
Sandmann
Klippo? Wo ist das denn? Suche eventuell noch nach ’nem Urlaubsziel für dieses Jahr… wäre Klippo was für meine Familie?
🙂
El, der seinen A2 auch irgendwie für understated hält… schon mal drin gesessen? Schon mal gefahren?…. Siehste! Kannste auch nicht mitreden!
Pha, kann ich wohl.
Mein Freund Andinho hatte einen, und ich gebe zu, er sitzt sich bequem und fährt sich wie ein Audi. Alles gut.
Ich finde ihn schlicht grottenhässlich, aber das hatten wir ja schon. Vernünftig ist er allemal, im Gegensatz zu dir, aber das macht euch vielleicht zu einem guten Team…? 🙂
Sandmann
Hey Jens
Du schaust Dir so´n Mist an?! OmG!
Ein abgerockter 911? Allso ich weiß ja nicht so richtig wirklich. Ein trampelndes Fahrwerk beim Audi ist ja schon nervig aber bei einem Sportwagen? Und lassen wir einmal die Seele des Porsches sprechen. Der Motor. Wenn Du da was hast, so ne richtige Ölleiche…Du wirst keinen Spaß dran haben. Ernsthaft jetzt. Da überlege Dir lieber ein anderes kleines böses „Wegwerfauto“. Es sei denn Du willst den Porsche auch behalten und dann irgendwann auch wieder aufbauen. Wieviele Karossen hast Du denn dann überhaupt rumfliegen? 🙂
Und Du findest den A2 grottenhäßlich. Hm. Egal ob man mich jetzt steinigt oder nicht…ich finde die Kiste irgendwie kultig. Einen so kleinen Flitzer könnte ich mir für meine Frau auch vorstellen. Sie fährt ja jetzt momentan Seat Cordoba. Diesel mit Klaufix. Der Verbrauch? Hm. Allso sie kommt mit einer Tankfüllung „etwas“ weiter wie mit dem V8. Dafür muß ihre Karre immer aus dem Luftfilter von meiner Lady gepuhlt werden. 😉
Ne. Ist wirklich nicht schlecht ihr kleiner. Verbraucht aktuell 4,5 Liter auf hundert. Maximal 5,5. Und soetwas find ich super. Sie spart den Sprit und ich haue ihn raus. 🙂
V8 mäßige GRüße
Markus
Bester Markus,
nana, urteile nicht über Dinge (oder Filme), die du noch gar nicht gesehen hast 😉
Der Porsche fehlt einfach noch in dieser Reihe Kind gezeugt – Haus gekauft – Baum gepflanzt… Ich werde das ja sowieso nicht machen. Also den Porsche kaufen 🙂
Über den A2 sind ja schon viele Diskussionen hier gelaufen. Irgendwann wird man ihm als Designklassiker huldigen, ist auch okay und mir völlig egal. Ich will klassische Stufenhecklimousinen fahren. Sonst nix. Meine Autos brauchen einen Arsch!
Aktuell und dauerhaft habe ich übrigens „nur“ den V8, den KaSi und den Granada. Für mehr ist kein Platz da…
Sodenn, ich muss bald mal ans Packen für Frankreich denken….. geiiil….
Sandmann
Und die Eigner dieser Gefährte geben sich alle Mühe, ihr Klischee zu bedienen. So wie an Karfreitag der Betreiber einer nahe gelegenen Gärtnerei mit mehreren Treibhäusern. Auf dem Hof stand über Stunden mit laufenden Motor (wegen der Batterie) der schwarze Q7, die Dröhnanlage auf Anschlag, damit er die akustische Umweltverschmutzung unabhängig von seinem Aufenthaltsort auf dem weitläufigen Betriebsgelände hören konnte. Mal ein Lied laut hören, ok, Gartenparty, muß auch mal sein, aber morgens um 8 Uhr das Gedröhne eines Dudelsenders für Halbstarke? Ich bin dann also nach einer Zeit und ausgiebigem Frühstück mit dem Fahrrad hin, um überhaupt erst einmal festzustellen, was die Quelle des Lärms zu unchristlicher Stunde war. Zuerst traf ich in einem Treibhaus auf eine Angestellte, dann auf dem geistig in der Pubertät steckenden SUV-Eigner, der mich als erstes fragte, wie ich auf das Gelände gekommen sei. Meine Frage, daß ich dies mittels des mitgeführten Drahtesels über den normalen Weg über die Auffahrt getan hätte, war wohl nicht die richtge Antwort, es folgten Drohungen. Naja, er bekam kurz darauf Besuch von einem silber-blauen Fahrzeug mit zwei dunkel gekleideten Herren, welche die Feiertagsruhe wiederherstellten. Seitdem ist da auch Ruhe.
🙂
Ja ja die Umgebungsresistenz einiger weniger. Bei mir im heimischen Gärtchen bin ich immer recht froh, wenn meine Nachbarn auch mal in der Mittagszeit oder am Abend Rasen mähen oder die Hecken schneiden. Da kann ich mir sicher sein, dass ich das auch mal machen kann bzw. dass sich niemand dran stört, wenn ich mal mitten auf der Straße an meinem Auto schraube. Toleranz ist alles.
Wummermukke kann ich allerdings auch nicht ab. Warum hat er keinen mp3-Player im Ohr, da hat er auch überall Musik und niemanden stört es…? Find ich immer schwierig, dem gesamten Umfeld seine Eigenarten aufzudrängen. Deshalb wohne ich auch nicht mehr in einem Mehrparteienhaus, denn da gibt es IMMER Stress. Zumal mit musikalischen Kindern. Nee neee 😀
Sandmann