Ortswechsel. Saint Tropez ruft laut unsere Namen! Hier Teil 3 im Paradies.
Mit der Côte d’Azur ist das ja so eine Sache. Hier ist alles möglich, angefangen von a) purer Erholung und Badeurlaub über b) künstlerisch ambitioniertes Sightseeing bis hin zu c) farbenfrohen Shopping-Exzessen in kaufreizerhöhenden Palmenmetropolen. Wie soll ein einfacher, emotional colorierter Vater zweier weiblicher Teenager mit einem alten Audi V8 als Fortbewegungsmittel das alles unter einen Hut bekommen? Antwort: Gar nicht. Alles auf einmal wäre viel, da würde der Begriff „Urlaub“ irgendwo auf der Autobahn versacken. Also geht es heute erst einmal nach Cavalaire sur Mer, primär zum Baden, sekundär wegen der direkten Nähe zu Saint Tropez, einer der schönsten Städtchen hier an der französischen Riviera! Tanke schön. Da gehen sie hin, die globalisierten Euros…
Tanken muss nicht nur der schwer bepackte Audi!
Soll man nicht mindestens zwei Liter Wasser am Tag trinken? War das nicht so? Ich denke, hier unten im Süden wird das unverhältnismäßig mehr sein, vor diesem Hintergrund bin ich sicherlich schon komplett dehydriert. Wann soll ich dass denn alles trinken? Und bei den bestehenden Temperaturen ist es weiterhin eher schwierig, das mitgebrachte Wasser auf einer als trinkbar zu bezeichnenden Temperatur zu halten. Was ich damit sagen will: Die Plörre ist echt warm, aber der Durst treibt sie rein. Immerhin ist unsere heutige Reise nicht sehr lang, nach weniger als drei Stunden kommen wir in Cavalaire sur Mer, ein paar Kilometer westlich von Saint Tropez, an. Noch immer recht weit weg von Nizza und Monaco, aber da muss man ja auch nicht UNBEDINGT hin. Die Farben weiß, braun, grün, blau und rot sind hier an der gesamten Küste allgegenwärtig…
Lustig, auf meinem Knie sitzt ein kleiner Schmetterling…
Ich bin lange nicht mit einem Elektroauto gefahren. Zudem noch mit Chauffeur 😀 Der Campingplatz-Platz-Zeiger zeigt uns verschiedene Plätze auf dem Campingplatz, wir kurven mit seinem Golfplatz-Auto unter schattigen Pinien herum und entscheiden uns für ein kleines compartiment agreable… Zelt und Pavillon sind inzwischen routiniert aufgebaut, über uns sägen wieder hunderte von Zikaden ihre Ballade und ein bisschen Schatten ist nach der wüstigen Direkt-Sonne auf dem Platz in Saintes Maries de la Mer recht angenehm. Schön hier. Im Hintergrund sehe ich Berge und blauen Himmel… Der alte Audi seufzt tief angesichts von ein paar Tagen Ruhe und Frieden. Er hat einen recht frechen Ölverbrauch, ich weiß nicht, ob das nun an der Wärme oder an der allgemein langen Strecke liegt. Oder einfach nur an seinen inzwischen 514.000 Kilometern? Ich muss mal ein bisschen Öl auf die Einkaufsliste setzen, meins ist bald alle…
Was vorhin im Vorbeifahren im Elektromobil aus dem Augenwinkel wie ein Pool ausgesehen hat, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung tatsächlich als Pool. Ha! Zudem noch ein recht großer und angenehm kühler, mit Kinderbecken (bleibt mal schön da drüben, ihr niederländischen und französischen patzig guckenden Jungs, und lasst uns hier in Ruhe!), Blubberbecken und vielen freien Sonnenliegen am Rand. Herrlich! Wenn nur diese Paparazzi nicht überall wären 😉 Gehören Sie eigentlich zu dieser „Ich bleibe auf meinem Platz und bewege mich nirgendwo hin“ Generation, wenn Sie einmal angekommen sind? Oder sind Sie eher in die Sparte „Hier ist meine Base, hierhin komme ich jeden Abend zurück, aber bis dahin entdecke ich Land und Leute“ einzuordnen? Oder finden Sie Camping, draußen schlafen, Staub und Schmutz gepaart mit wenig Privatsphäre allgemein eher schei….. doof? Die Mädels und ich beschließen, den Strand heute mal alleine zu lassen und den Mittag in eben jenem Pool abzuhängen.
Na ja, auch der angenehmste Pool wird nach ein paar Stunden recht eng. Eigentlich haben wir noch gar keine Mitbringsel, Touristen-Nippes und Postkarten gekauft! Ich Wahnsinniger habe auf meiner Facebookseite den ersten 10 „Ja ich will!“ Sagern eine Postkarte von der Côte d’Azur versprochen! Das hat nur wenige Minuten gedauert, dann waren es schon 13. Mist. Dazu die Karten für die Omas und Opas, Papas und Mamas, Schwesterchens und sonstigen Anverwandten. Plus Briefmarken nach Europa, irgendwie komme ich aus jedem Tabakladen (Cartes postales et timbres) nicht unter 20 Euro raus! Oder ziehen die hier pauschal alle Touristen über den Tisch? War das Leben in Zeiten der Nicht-Euro-Währung hier nicht relativ preiswert? Oder sind unsere Ansprüche gestiegen? Gibt es noch mehr Bedürfnisse außer Baguette und Rotwein….? Verdammt. Bargeld ist alle.
Intermezzo. Wenn dieser Schmetterling weiterhin Körperkontakt suchend hektisch um mich rumflattert, während ich schreibe, werde ich zum Tier!!!
Ungefähr genau so interessant wie eine Analyse des seltsamen Vogels, der hier stundenlang jeden Abend aus irgendeiner Ecke des Campingplatzes im 3-Sekunden-Takt in seine kleine Blechpfeiffe tutet (zumindest klingt er so) scheint mir die Analyse der einheimischen Geldautomaten. Versuch 1: „Drücken Sie 30, 60 oder 70 Euro oder geben Sie eine Zahl ein!“ Ich gebe eine Zahl ein. Eine etwas größere, meine Kinder wollen shoppen. Aber keine riesengroße. Halt eine Zahl. „Betrag kann nicht ausgezahlt werden, wenden Sie sich an Ihre Bank.“ Huch? Woher das klare Deutsch? Gedanken über Kontoplünderungen schwirren durch meinen Kopf. Nächster Automat, Versuch 2: „Patiennez. Retirez votre Carte. Merci.“ Äh, Moment, ich habe doch noch gar keine Geheimzahl noch einen Betrag eingegeben? Und jetzt? Nochmal. „Retirez votre Carte. Merci.“ Miststück! Gib mir mein Geld! Versuch Nummer 3 beim Automaten unten am Hafen hat dann Erfolg, und auch ein abendlicher Blick auf meinen Kontostand lässt mich zwar keine Saltos purzeln, zeigt mir aber, dass Geldautomaten hier ein Eigenleben führen. Seltsam.
Die Ladies sind glücklich. Ein paar Klamöttchen hier, ein paar Souvenirs da – alles, was das Herz begehrt. Also gibt es DOCH noch Bedürfnisse jenseits von Baguette und Rotwein. Mist. Das Taschengeld für diesen Urlaub ist nun größtenteils unter die Leute gebracht, ein paar versprengte Euros sind noch übrig für Eis und andere Schleckereien. Wenn Papa die nicht sowieso bezahlt. Ist Ihnen einmal aufgefallen, dass fast alle Souvenirläden in Touristengebieten das selbe Sortiment anbieten, nur mit verschiedenen nationalen Aufschriften? Die Aschenbecher, T-Shirts mit plump-blöden und vornehmlich frauenfeindlichen Sprüchen drauf, die Kaffeetassen, die Schneekugeln und Wandteller – alles austauschbar. Und wohl auch alles Made in China oder India. Ich selbst kaufe mir KEIN T-Shirt, KEINE Tasse und auch KEINE Schneekugel. Meine Souvenirs sind meine Erinnerungen und meine Fotos.
Und gleich ein mit einer Nadel aufgepiekster Falter. Was für ein aufdringlicher Gesell, hat der denn kein Zuhause? Stehen die Flattermänner hier so sehr auf Sonnenmilch??? Argh!
Die Tage sind am Mittelmeer länger als in Deutschland. Das liegt daran, dass man es ab 07:30 Uhr nicht mehr im wärmer werdenden Zelt aushält und dass es Abends erst richtig angenehm ist, wenn die Sonne langsam ein bisschen tiefer steht. Schlaf wird im Allgemeinen völlig überbewertet. Und so herrlich leergeshopped und wärmedurchflutet müssen die drei Urlauber aber doch noch einmal ins Wasser! Der Pool schließt seine Pforten hier schon um 18:00 Uhr, also bietet sich dann noch eine erste Inspektion des hiesigen Strandes an, der angeblich nur 200 Meter vom Campingplatz entfernt auf Wasserratten wartet. Wasserratten mit Schwimmring, Schwimmnudel, Schnorchelset und Taucherflossen, Handtüchern und Luftmatratze mit Unterwasserfenster. Diese Ausstattung würde auch einem Atlantiküberquerer genügen.
Okay – es ist gar nicht SO doof hier! 🙂 Die kleine Bucht mit weißem Sand wird gesäumt von roten Felsen und Palmen, im Hintergrund erheben sich grüne Berge und vor uns öffnet sich das blaue Mittelmeer mit ein paar vorgelagerten Inseln. Das Wasser ist warm und angenehm salzig, und der Mascotte-Verkäufer vertickt seine duftenden Vanille- und Schokoküchlein sehr unaufdringlich und die allgegenwärtigen Zikaden schnarzen ihr einlullendes Lied sogar hier. Das soll dann wohl unser Ort bis zum Ende der Woche bleiben, die zum Glück noch sehr weit weg ist. Khania philosophiert physikalisch fundiert über die Möglichkeiten, im Wasser schneller zu bräunen als an Land (geometrische Strahlenoptik und Reflektion) und Mira fühlt sich als Fischgruppenführerin und teilt mit ernster Mine auftauchend mit, dass sie Gruppe A und Gruppe B verloren hat. Und taucht wieder ab. Wie schnell die Zeit doch rennt, wenn man Spaß hat.
Gute Nacht ihr da draußen. Wenn ihr noch keinen Urlaub habt, atmet trotzdem mal tief durch, lasst euch inspirieren und haltet eure kleine liebe Welt in Ordnung. Das Leben ist schön. Bis morgen!
Sandmann
P.S.: Der Falter ist von der Abendbrise fortgetragen worden, ich musste nicht morden 🙂
Tach Sandmann,
ihr scheint euch wirklich fern vom Trubel der großen mondänen Städte aufzuhalten – das ist gut so. Wenn ich euch so auf den Bildern sehe, dann möchte ich dir meinen Respekt aussprechen. Du scheinst ein guter Papa zu sein, man sieht es euch an und entnimmt es auch deinen Zeilen, daß du nicht nur als Pflichtveranstaltung mit deinen hübschen Töchtern unterwegs bist. Sondern daß du es mit Leib und Seele lebst, dieses Leben.
Das finde ich super.
Deine Berichte machen Lust auf Südfrankreich, und ich bin inzwischen soweit, daß ich sogar am liebsten mit eigenen Kindern und dem Auto da hin will 🙂 Blöderweise fehlt mir dazu noch die passende Frau, aber ich setze das schon mal auf den Wunschzettel!
Danke für diese wunderbaren Reiseimpressionen! Mehr davon!
Abel
Ay Calimero,
äh… hm… nachdem wir wieder hier sind uns alles nachgerechnet haben, kann ich dir zumindest ohne LPG Anlage eine Reise in den Süden mit dem Auto rein finanziell betrachtet NICHT empfehlen… wir haben allein für 600 Euro Gas getankt, und das liegt bei 75-90 Cent pro Liter…
Na ja, der Fahrspaß und die Unabhängigkeit wiederum sind unbezahlbar! Nächster Blog ist online. Douliou douliou douliou Saint Tropez… 😉
Sandmann