Wenn es unten rausläuft, dann ist das unangenehm. Das passiert ganz gern mal bei älteren Kandidaten, völlig egal, ob wir nun von Lebewesen oder Autos reden. Für einige hier besteht da ohnehin kein wahnsinnig großer Unterschied. Mein Patient ist in diesem Fall der allseits bekannte Audi V8 4.2, der mit seinen fast 18 Jahren ein biblisches Alter für eine High-Tech-Oberklassen-Limousine erreicht hat. Und nach 500.000 Kilometern wollen ein paar Schläuche oder Schellen nicht mehr so. Aber wo bloß? Im warmen Betrieb ist alles dicht, aber manchmal, wenn es nachts kälter wird, fehlt morgens fast ein ganzer Liter! Das gibt’s doch nicht! Ich suche die lecke Stelle seit 4 Jahren und kann sie nicht finden! Und Pampers in seiner Größe gibt es nicht. Heute – heute geht es ganz tief ins Gedärm des Audis! Irgendwo muss es ja rauskleckern. Kultivieren wir das Fluchen. Schwester – die Schere bitte!
Wenn das doch nicht immer alles so verbaut wäre!
Unter die Haube des alternden neckarsulmer Was-passiert-dann-Boliden haben die Ingenieure alles gestopft, was sie damals in der Trickkiste zu bieten hatten. Da ist nicht nur der dicke Alublock mit seinen Anbauteilen, nein, da muss auch noch Platz sein für die Zentralhydraulik, die Klimatronic, Gebläse und Steuergeräte, Schläuche hier, insgesamt vier Kühler da und ein paar Optionalitäten wie der Kaltlaufregler (2003 hoffnungsvoll für das Erreichen der Euro 2 Norm eingebaut) und die Gasanlage. Wegen deren Wartung ich eigentlich hier bin. Aber das ist eine andere Geschichte. Hier und da trennte ich in meinem automobilen Paläozoikum die Kühlwasserschläuche am Zu- und Ablauf der Heizung auf, um T-Stücke und Fühler einzusetzen. Dort habe ich schon oft den Sitz der Schellen kontrolliert und vermute die Inkontinenz eigentlich eher im Gebläsekasten, in der Nähe des vor zwei Jahren erneuerten Wärmetauschers und des Heizungsventils. Auf dem Motor liegend kommt man da mit nur mäßigen Rückenschmerzen ran. AAHHRRRH! Sausack!
Schön warm ist es hier 🙂 (Auspuffkrümmer – ZISCH AUUAAAA du Dreckstück!) Zwischen dem noch tickenden Motor und der kommoden Fahrgastzelle läuft beim Audi V8 so einiges auf engstem Raum zusammen und auseinander. Nachdem der Luftfilterkasten abgebaut ist und die Zündkabel gelöst und beiseite gelegt sind, liegen die Wasserschläuche zumindest sichtbar offen. Wenn auch nicht erreichbar, jedenfalls nicht mit einem Schraubendreher, um Schellen zu lösen. „Ist der Fühler vom Kaltlaufregler aus Kunststoff? – Dann raus damit!“ klingt es von irgendwo da draußen, von Gerd, der gerade meine Gasrails zerlegt. Ich lege eine sinnlich tastende Hand unter das angesprochene Teil, ziehe sie seufzend wieder heraus – und tatsächlich! Sie ist frostschutzig und schmierig. Das gibt es doch gar nicht! Sollte die Lösung so offenbar sein? Raus mit dem Ding!
Warum wird in einen Wasserkreislauf, der über 100° Temperatur bekommen kann, ein kleines, unschuldiges Element eingesetzt, welches sich nach ein paar Jahren durch eben jene Temperatur verformt? Wer denkt sich denn sowas aus??? Idioten. Blöde!
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Sehen Sie das Oval des Kunststoffs anstelle einer schönen, weiblichen Rundung? Natürlich, ein warmer, geschmeidiger Schlauch dichtet das noch ab, aber wenn er kalt wird und aushärtet… dann läuft die teure, rote G12PLUS Brühe aus dem geschlossenen System munter heraus. Von oben auf den noch warmen Motor und das Automatikgetriebe, was erklärt, warum ich nie eine Pfütze unter meinem Auto gefunden habe… Und das seit über 4 Jahren. Der Mensch kann echt träge sein, ich will gar nicht nachrechnen, für wie viele Euros ich (besonders im Winter) den Frostschutz und das destillierte Wasser nachgefüllt habe…
Es sind multiple Mittel gegen Inkontinenz auf dem Markt, die leider bei meinem Audi alle nicht helfen. Wischen? Zu spät. Tabletten? Nein, die verstopfen den Kühlkreislauf.
Doktor Sandmann, wir brauchen ein Spenderorgan!
Aber dieses mal bitte nicht wieder aus Kunststoff! Messing im richtigen Durchmesser soll das Problem nachhaltig lösen. Soweit ich das überblicke, sind dann absolut keine Kunststoffteile mehr im Kühlwasserkreislauf verbaut. Ich bin so froh, dass meine Unterarme jeweils drei Handgelenke haben und damit um die warmen Schläuche und Leitungen herumschlängeln können. Mit nur einem Handgelenk am Arm käme man hier mit Werkzeug niemals ran! UUURKS! Misthaken!! Irgendwann habe ich die wasserdichte Verbindung wieder zugehext und erspare Ihnen die anderen Flüche, falls Kinder mitlesen. Meine Hände sehen aus wie nach dem Jonglieren mit öligen Rasierklingen. Sollte meine zickige Diva nun womöglich an dieser speziellen Stelle gesundet sein? Kann sie sich wieder unter Leute wagen?
Der Schornstein muss rauchen. Die 8 Brennhallen füllen sich mit Super Bleifrei (am Gas arbeiten wir gerade) und lassen die kontrollierten Explosionen vom bunten Wässerchen kühlend umspülen. Er baut Druck auf. Das Thermometer klettert auf 80° und bleibt dort festgenagelt. Das Thermostat öffnet. Die Lüfter laufen an. Alles ist dicht. Was für ein schöner Tag! Kennen Sie das nicht auch, wenn Sie einen Fehler suchen und suchen und immer mal wieder denken „HA! Das war es!!“ … bis zur nächsten Enttäuschung? Die Wasserpumpe war undicht und ist mit dem Zahnriemen rausgeflogen. Die O-Ringe am „Geweih“ hinten am Motor habe ich vor drei Jahren neu gemacht. Ein neuer Deckel ist auf den (nicht gerissenen) Ausgleichsbehälter gekommen. Wärmetauscher erneuert. Zerbröseltes Heizungsventil (aus Kunststoff) erneuert. Ja Himmel, und jetzt ist er DICHT? Ja. Ist er. Halleluja.
Zumindest der Wasserkreislauf. Mein Klimakühler hat einen Riss und in diesem Sommer sein Kältemittel den Pinguinen zur Verfügung gestellt. Aber ich habe schon Ersatz. Und die Pumpe der Zentralhydraulik wirft nach der halben Millionen das (ebenfalls teure) Nass raus. Aber die gibt es bei Tim im Tausch für 75 Euro. Kennen Sie auch diese Kleckergeschichten??? Ganz kontinent ist er also noch nicht, aber ich bin einen großen Schritt weiter. Das Leben ist schön.
Sandmann 🙂
Hi Jens,
der Operationskittel steht dir gut. 🙂
Inkontinenz, ja damit hatte ich auch vor noch nicht all zu langer Zeit zu kämpfen, oder sollte ich lieber schreiben mein Auto. 🙂 Das ganz hatte sich über mehere Wochen hingezogen, ständig fehlte mal ein bisschen. Ich hatte schon den Verdacht das es vieleicht die Kopfdichtung sein könnte, was sich zum Glück nicht bestätigte. Bin dann mal alle Schlauchschellen abgegangen und siehe da, eine war undicht ! Hab dann kurzerhand alle Schellen die ich finden konnnte leicht nachgezogen. Seit dem hab ich auch Ruhe.
Gruß, Rene‘
Ay René,
die Kopfdichtungen, obwohl vor vier Jahren beide neu, hatte ich nun schon mehrfach im Verdacht. Bei Wasserverlust, beim unruhigen Lauf, alles hat sich nicht bewahrheitet. Allein der doch recht hohe Ölverbrauch… aber das kann auch andere Gründe haben.
Wasserkreislauf und Gasanlage sind nun jedenfalls wieder ganz dicht. Die LPG-Wartungsgeschichte gibt es hier demnächst auch, die ist relativ spektakulär 🙂
Sandmann