… die Bääääuuume schlagen auuus.
Donnerstag, 1. Mai 2008, 10.30 Uhr. Endlich ist alles im Kofferraum. Sechs Flaschen alkoholfreies Weizen, ein kleines 5-Liter-Döschen nicht alkoholfreies Weizen, Zelt, ein ehemaliges und jetzt gut gewürzt auf seine Bestimmung wartendes Schwein, Brot, zwei Gitarren… Es kann losgehen. Mein Audi hat sich landfein gemacht. Es geht zum alljährlichen Vatertagstreffen beim V8-Retter Onkel Tom in der Margarethenmühle in Legan zwischen Rendsburg und Itzehoe, ganz hoch oben in Schleswig-Holstein. Nach inzwischen guter Tradition treffen sich hier alljährlich zwanglos die nicht-Bollerwagen-Begeisterten und tauschen Erfahrungen und Geschichten aus, bewundern die 8-Zylinder der anderen und haben eine gute Zeit zwischen blökenden Schafen im flachen Land. Oh, ihr Götter der verzinkten Bleche, ihr Heiligen der Lederausstattungen und Apostel der Steuergeräte, erbamet euch und schickt uns einen Regenbogen.
11.30 Uhr
Drum bleibet, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus. Ich aber nicht. Standes-ungemäß rolle ich mit meinem Aah-Acht auf den mit gepflegten Vau-Acht übersäten Hof von Onkel Tom’s Hütte. Beschämt in der Ecke parkend beglückwünschen mich die ersten, weil meine Benzinpumpe dieses mal nicht ausgefallen ist. Sie haben es nicht vergessen. Noch bevor ich dem Gas(t)geber guten Tag sagen kann, pendelt Manfred durchs Bild, erinnert sich bierselig an sein verjährtes Versprechen einer gemeinsamen Flasche Wein und verschwindet lächelnd wieder im Bodennebel. Es verspricht ein guter Tag zu werden. Der Grill ist noch nicht an, hinter dem Zaun pöbelt blökend eine große Schafherde und die Gesamtstimmung ist entspannt. Ich zapfe mir ein Duckstein.
12.00 Uhr
Ach. So seht ihr also aus! Aus der Blog-Gemeinde lerne ich ralfk, meinen Missversteher kennen. Anschließend gesteht mir aus der selben Gemeinde sascha, dass er (nach all dem Gepose im Forum) seine Gitarre vergessen hat. Macht nix, ich hab zwei mit. Bastian aus Österreich hat den Weg aus Dänemark hierher gefunden, endlich sehe ich den mal! Und Herbert, auch ein Ösi, mit seinem Rechtslenker! Wo ist eigentlich Roy aus der Schweiz? Er scheint noch unterwegs zu sein. Multikulti, Berlin, Cuxhaven, Ruhrgebiet, ich kann sie gar nicht alle aufzählen. Emsige Jungs bauen eine PA auf, die mir ein bisschen Angst macht, und zwischendurch versuche ich, mein Auto zu verkaufen. Bei einem Benzinpreis von fast 1,60€ schreiben wir schlechte Zeiten für 4-Liter-Autos. Also… Hubraum mein‘ ich…
13.30 Uhr
Wie die Wolken wandern am himmlischen Zelt. Die Sonne brennt zwischen diesen großen Wolken unbarmherzig herunter, und das hungrige Geknister vereinzelter V8-Besitzer mit den Blisterfolien ihrer heldenhaft erworbenen Fleischrationen lässt irgend jemanden den Grill entfachen. Jens R. der Zweite mit seinem postgelben bösen A8 ist zwar noch nicht da, wird aber jeden Moment erwartet. Manfred oszilliert durch den Hintergrund und beschließt, ein kleines Schläfchen in seinem V8 zu machen. Nach nur zehn Stunden Fahrt taucht spektakulär Roy auf! David fährt meinen A8 über Land und überlegt nun, sein Studium abzubrechen und sofort viel Geld zu verdienen, weil er auch einen will. Die Bremse hinten links schmurgelt ein bisschen. Ich hole mir noch ein Duckstein.
15.00 Uhr
Ohne Schrauben geht es nicht. Die einen stecken tief im Motorraum der anderen, all überall umher laufen fleischkauende Audi-Verrückte mit majonäseverschmierten Mundwinkeln, Jens R. ist eingetroffen und macht den kompetenten Massengriller – und Manfred schläft. Die Gemeinde diskutiert über die freie Nummernschildbeschriftung in Österreich, edle Konolly-Lederausstattungen der Klassik-Liner, die Technik und das lackierte Metall. Unerwartet ertönt plötzlich aus der inzwischen fertig aufgebauten PA schranzige Roadmovie-Musik, überschattet von einem Legan-V8-Jingle der Extraklasse. Die Jungs von Tom haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Wir sollen die Hommage an diesem Abend noch häufiger zu hören bekommen. Ich beiße lächelnd und zufrieden in mein Putenbrustfilet. Das Mailied geht mir nicht aus dem Kopf.
16.30 Uhr
Bastian filmt mit seinem Fotoapparat wild in der Gegend herum. Nüchtern und schwindelfrei kann man es sich angucken, angetrunken sollte man es beim Standbild belassen.
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17.30 Uhr
Man sagt, an seinem Ende sei ein Topf voll Gold. Ungeachtet der Tatsache, dass es echt kalt geworden ist und an der einen Hälfte des norddeutschen Himmels wie aus Eimern schüttet, bildet sich auf der anderen Seite ein nennenswerter doppelter Regenbogen und beleuchtet die Boliden stimmungsvoll. Auch wenn der Topf voll Gold am Ende für viele vielleicht ein Endtopf voll Rost ist, trösten das Farbspiel und die Aaahs und Ooohs über die feuchte kalte Luft hinweg. Menschen rotten sich um erkaltende Grillkohle zusammen wie um eine brennende Tonne in der Bronx. Ich beschließe, mein Zelt im Kofferraum zu lassen und steige auf alkoholfreies Weizen um. Manfred ist wieder da.
17.42 Uhr
Es senkt sich ein gemütlicher Abend über die feiernde Gemeinde. Sascha und Lew aus der über die Landesgrenzen hinaus bekannten Band Flammable Gas sind dabei, meine Gitarren zu schrotten und parallel ihre Festplatten im Kopf mit allerlei Trinkbarem zu formatieren. Beides mit Erfolg.
18.00 Uhr
Der nun in Strophen wiederkehrende Regen lässt den verbliebenen Kern unter den Baldachin von Onkel Tom’s Schrauberhimmel zurückziehen. Irgendwie wird das Duckstein nicht alle. Dabei versuchen es doch alle so vehement. Ich nicht mehr. Alkoholfreies Weizen schmeckt eigentlich ganz gut, und wenn ich beginne, die an mir vorbeiwandernden Sambucaflaschen zu zählen, freue ich mich schon auf mein kleines warmes Bettchen. Flammable Gas begutachtet andächtig die Sofas in Tom’s alten Benz 6.3. Auf den anderen Sofas in der Werkstatt finden Gespräche mit Teilelieferanten und dem Citroen XM Kumpel Tim statt. Langsam dämmert es. Ich fühle mich älter als die meisten hier. Vielleicht liegt es an meinem Alter.
20.00 Uhr
Da geht doch noch was. Während im Innern die PA ein wenig lauter gedreht wird und die dicken Lautsprecher ein Schließen der Tore (gegen Kälte und Regen) verhindern, lässt der Veranstalter den Grill noch einmal anfachen. Der kleine Fresskick auf Höhe der Tagesschau möchte befriedigt werden. Irgend jemand findet ein drahtloses Mikrofon und hält es allen Beteiligten und Unbeteiligten ins Gesicht. Manfred schraubt an der versprochenen Weinflasche herum. Der Jingle von heute Nachmittag fliegt durch die Werkstatt wie die Verheißung besserer Zeiten. Flammable Gas hat meine E-Gitarre entdeckt und interpretiert bekannte Rock-Klassiker neu und meist ohne Gesang. Letzte Fleischreserven werden durch Schockerhitzen vor dem Verwesen bewahrt und verzehrt, die Zungen werden lockerer und jeder Sambuca enthält nun mehr als drei Kaffeebohnen.
22.00 Uhr
Showdown. Das Leben und die gute Laune toben im Innern der Werkstatt. Die meisten Gäste sind in ihren neckarsulmer Boliden gen Heimat gefahren, zurück nach Hause, denn morgen ist ein normaler Arbeitstag. So auch für mich. Während hier Freundschaften zwischen Schweizern und Norddeutschen geschlossen werden, läuft da schon der Sambuca bis runter in die Pofalte (das Bild erspare ich Ihnen). Alles ist voller Kaffeebohnen. Feier besser nicht in den Räumen einer Gastwirtschaft, da ist nie der Sprit alle! Der Moderator gibt sich galant geschwätzig und entkommt nur durch seine Wendigkeit einer Lynchjustiz. Ich bin nicht nur alt, ich werde auch müde. Das muss an dem alkoholfreien Weizen liegen. Gute Nacht, ihr fröhlichen Gesellen, ihr Barden der Neuzeit, ihr schraubenden Helden der vier obenliegenden Nockenwellen, schlaft schön in euren Autos. Ich bin dann mal weg.
05.00 Uhr
Ich liege in meinem warmen Bettchen, bin darüber hemmungslos glücklich und entnehme den Erzählungen der folgenden Tage, wie der Abend noch so verlaufen ist. Ab und an beschleicht mich das Gefühl, vielleicht ein wenig zu früh gefahren zu sein. Allerdings… wenn ich weiter denke, hätte man das alles hier ohnehin nicht bloggen dürfen. So ist denn die Audi-Szene um einen wirklich gelungenen 1. Mai reicher, und einmal mehr ist Retter Tom mit seiner Frau Sabine in die Geschichte des Forums eingegangen. Wer es verpasst hat, dem spreche ich mein Beileid aus. Wo sonst sieht man so viele Audi V8 auf einem Haufen und trifft so viele hilfsbereite, kompetente und nette Menschen? Es ist schon eine besondere Gattung Mensch, der einheimische und der europäische V8-Fahrer (inkl. Schengener Abkommen).
Wer weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht. Es gibt so manche Straße, da nimmer ich marschiert. Es gibt so manchen Wein, den ich nimmer noch probiert. Tandaradei.
Sandmann
Hey Jens
2008! Da war ich noch Opelfahrer und befand mich auf der Zielgeraden zu meiner seit sechs Jahren andauernden Liebe.
Ganz toll fand / finde ich den Zusammenhalt unter den V8 Fahrern. Selbst ich wurde herzlichst eingeladen, trotzdem ich ja nun diesen Pampersbomber durch die Gegend kutschierte. Leider kam mir damals etwas dazwischen.
Die letzten Jahre bei den Treffen in Legan, diesesmal mit eigenen V8 unter dem Po waren einfach nur genial.
Ich muß mir für das nächstemal etwas ausdenken. Irgendwas verrücktes. Durchs Schiebedach die Fahrt ab dem einem bestimmten Punkt zu Onkel Tom´s Hütte filmen etc. . 🙂
Irgendetwas fällt mir da schon ein. Hehe
V8 mäßige Grüße
Markus der sich auf weitere Treffen wirklich freut
Ay Markus,
Sascha und ich denken ja auch lose über einen Ort in Dänemark nach, an dem man mal das wirklich nördlichste Treffen veranstalten könnte. Irgendwo an der Nordseeküste an einem Autostrand mit Campingplatz…
Da geht noch was. Sei dir dessen gewiss. 😉
Und was meinst du mit Zielgerade? Hochzeit, denn? 2008?
Sandmann
Hey Jens
Die Idee in Dänemark etwas zu machen ist gar nicht so verkehrt. Nur doof das Du Deinen Boliden wieder an die Kette legen mußt. Da war doch etwas mit der 250 PS Grenze. 😉
Meine Zielgerade bezog sich auf den Erwerb von meiner Lady in Black. 2008 war ich mit Melanie schon vier Jahre verheiratet.
Wie die Zeit doch geht. Weia
V8 mäßige Grüße
Markus
Stimmt, da war noch die Leinenpflicht.
Aber die gilt ja nur in Henne Strand 🙂
Nun verstehe ich – du hast von deinem V8 gesprochen! Dass du bei der Zielgeraden zu deiner Liebe dein Auto meinst und nicht deine Frau hätte mir eigentlich klar sein müssen 😉
Sandmann
Hey!
Oooh jaaaaa, 2008, mein V8 grad neu gelackt und noch nicht lange in meinem Besitz. Und nun wird er geschlachtet. Wie das Leben so spielt und was man in dieser Zeit so an Lehrgeld zahlt 🙂
Der bessere V8 folgt 🙂 Aber dieses Mal nicht als Alltagsfahrzeug, ausser er hat ne Gasanlage 😉
Was das Treffen am Strand in Dänemark angeht, da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Erst letztens dachte ich wieder drüber nach 🙂
Gruß
Sascha
Bester Sascha,
da sagst du was…
Ich überlege ernsthaft, in den kommenden Herbstferien eine Woche in Dänemark zu verbringen. Vielleicht kann man das ja verbinden…?
So oder so, wir sehen uns am Vatertag. Ich diesmal im K70 😀
Sandmann
Jau, wir sehen uns Vatertag. Dann können wir da weiter drüber reden 🙂
Wir kommen dieses mal im Audi 100 Avant von Lew (Ex Alex). Der auch zugleich unser Schlafzimmer ist 🙂
Ah. Schlafen im … KOMBI 🙂 Sehr fein. Ich zieh schon mal neue Saiten auf die Gitarre!
Sandmann