Auch wenn die 16GB Speicherkarte in meinem Fotoapparat noch nicht ganz voll ist – man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist. Ich habe Material für rund 7 mehrseitige Berichte zusammen. Den Sonnenuntergang gestern Abend kann man romantisch kaum toppen, und der Weg in den Norden ist noch viele Meilen weit. Zumal… ich noch kurzfristig die Zusage eines renommierten Jeep-Restaurierers in Essen bekommen habe, das liegt ja… hm… FAST auf dem Heimweg, so ein kleiner West-Knick fällt dann auch fast gar nicht mehr auf! Ich muss München früh verlassen. Und werde im Laufe des Tages von so manch reisebremsender Mini-Katastrophe heimgesucht.
Aber fangen wir vorne an. Gniiihihi 😀 Vorne, das ist in diesem Fall ein früher, ein SEHR früher Morgen in der bekannten Weißbierstadt, wo mich blauer Himmel, aber sagenhafte Kälte überrascht.
Aber die Straßen sind zu dieser frühen Stunde angenehm frei, der gemeine Münchner pendelt noch schlaftrunken in die Stadt REIN, ich finde mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen meinen Weg aus der Metropole RAUS. Der Selbstzünder knurrt monoton und dienstbeflissen seine Heizöl-Ballade und scheint mit sich und der Welt recht zufrieden. Ungefähr bis zur ersten Tankstelle, denn wenn auch selten, doch aber manchmal muss auch mein Diesel-Rudolf an die Tränke und kamelgleich seine Höcker wieder mit Vorrat füllen. *klack* voll. Jetzt will ich aber doch mal genau nachrechnen…
Ha. Das beeindruckt mich nun aber doch. Liter geteilt durch Kilometer, okay, ich habe den Faktor 100 weggelassen. Also muss ich in Zukunft nicht mehr stutzig werden, wenn mein Tageskilometerzähler sich nach 999 wieder nullt und dann noch mal 200 drauflegt, bevor die Tanknadel an den roten Bereich kommt. Es ist nicht mehr nötig, mit dem versteiften Zeigefinger auf die Tankuhr zu tippen, ob sie vielleicht hängen geblieben ist. Dieses 16 Jahre alte große Auto mit seinen rund 270.000 Kilometern verbraucht tatsächlich nur 5 Liter. Diesel. Kann man noch preiswerter reisen? Wohl kaum, denn Wertverlust ist keiner mehr vorhanden. Das macht mich in diesen frühen Stunden so glücklich, dass ich mir erst einmal einen dieser autobahnrastigen Kaffees hole…
Ich sag ja, irgendwas stimmt nicht. Schon wieder einer von Jacobs 😀 Aber warum auch nicht, mit dem perfekten Milchschaum könnte man Insekten erschlagen, und das schwarze Gold rinnt wunderbar erweckend durch meine Adern. Die „German Autobahn“ hat mich und diesen grünen gleich-wieder-vergessen-Kombi zurück, vor uns liegen insgesamt 1200 Kilometer (Essen liegt nicht wirklich direkt auf der Route) und ich komme in den uneingeschränkten Genuss von mehreren Bundesländern und ihren Lokalsendern. AAAAH! „Nossa! Nnnnnossa! Assim você me mata – ai se eu te pego ai ai se eu te pego“ Wie ausgelassen, wie fröhlich, das habe ich ja schon LANGE nicht mehr gehört. *grummel* Aber ich bin ja gleich aus Bayern raus, da kann ich getrost den Sender wechseln.
Und bei strahlendem Sonnenschein und langsam sich erwärmendem Asphalt sollten wir natürlich eines nicht vergessen: In Deutschland sind STAUS auf den Autobahnen. Die haben immer einen Grund, na klar, aber sie sind nun mal trotzdem einfach da. Wie sehr wünsche ich mir in diesen Momenten meinen Audi V8 mit Automatikgetriebe wieder zurück… einfach nur bremsen und weiterrollen… Der neu gefundene Sender erzählt mir dann auch gleich, dass ich wegen eines LKW Unfalls in einer Baustelle hier in eben dieser Baustelle stehe – und heitert dann seine Hörer mit dem Sommerhit 2011 auf: „Nossa! Nnnnnossa! Assim você me mata – ai se eu te pego ai ai se eu te pego“ 🙁 Warum spielt jeder Radiosender immer die Hits so lange, bis sie einem aus den Ohren rauskommen? Und — warum wünschen sich dann auch noch die Hörer die Lieder, die sowieso jeden Tag so oft gespielt werden, dass sie einem zu den Ohren rauskommen? Ich muss hier weg.
Das wiederum zieht sich ein wenig in die Länge, weil Rudolf und ich nach nur einer Stunde den schon im Verkehrsfunk angekündigten brennenden LKW passieren. Jetzt aber. Ich bin noch immer gut in der Zeit auf meinem Weg in Richtung Nord-Westen und muss allerhöchstens meine Mittagspause weglassen, um rechtzeitig in Essen zu sein. Immerhin konnte ich diesem leidigen NNOSSA-Sender (war es SWR3???) den Rücken kehren und bin, in direkter Nähe zum Ruhrgebiet, bei HR3 gelandet. Da weiß man, was man hat. „Nossa! Nnnnnossa! Assim você me mata – ai se eu te pego ai ai se eu te pego“ Irgendwie ja auch lustig. Tschüss Radio, ich höre den Kram vom USB-Stick. Und hallo Essen, letzte, wirklich allerletzte Etappe dieser Reise…
Ja, aber echt jetzt mal hallo! Gestern Abend sind wir noch wie Lucky Luke in den Sonnenuntergang flaniert, heute Nachmittag bekommen wir schon das passende Pferd dazu. Und diesmal sogar ein echtes und keine Metapher auf veraltete aber noch immer benutzte Leistungsangaben von Verbrennungsmotoren! Es sieht hier ein bisschen aus wie auf einer Ranch, das liegt an den gepflegten Pferden, den Stallungen – und den Willys Jeeps überall.
Daniel Langkau von Langkau Automotive hat irgendwann mal seinen Job hingeworfen und seine Träume gewagt. Heute importiert er Autos aus den USA, vornehmlich diese kleinen quirligen Willys Geländewagen, die es gefühlt schon seit 100 Jahren gibt und die schon lange nicht mehr nur für die Armee dienen. Diese restauriert er, baut sie nach Kundenwünschen um und hat in seiner aufgeräumten und hellen Werkstatt alles, was ein Schrauberherz begehrt. Ich muss mal ein komplettes Firmenportrait andenken, hier stecken so viele großartige Fahrzeuge und Geschichten, dass ich es nicht bei einem netten Vorbeiflug belassen kann.
Und dann auch noch diese Edelstahlkarosserien, die er auf Bestellung von… nein, ich verrate nicht zu viel. Das lesen Sie beizeiten an anderer Stelle ausführlicher. Langkau hat noch eine große Menge Bilder für mich, von einem riesengroßen amerikanischen Teilemarkt und von verschiedenen Autos, die er mit seinen Kollegen und Kontaktmännern über den großen Teich gebracht hat. Diese sichten wir in einem rustikalen Diner in der Nähe, auf groben Holztischen und umgeben von Bikern und Amifans. Verdammt, und ich hab mir schon wieder zu früh und zu unüberlegt bei McDonald’s den Wanst vollgeschlagen, hier hätte ich den Burger meines Lebens bekommen! Mist! Der Mustang seiner Frau, den sie als Alltagswagen nutzt, bringt uns stilsicher dort hin und auch wieder zurück…
Mustang. Immer wieder Mustang. Überall Mustang. Ich beginne, das Pony aus den 60ern zu mögen und habe sündige Gedanken im Kopf. Hoffentlich bemerkt mein treuer Rudolf nicht meine Abtrünnigkeit, mein Lastesel, mein Gefährte auf dieser Reise. Mustang. Das wird eine andere Geschichte. Hier und heute bedanke ich mich wieder einmal für die Gastfreundschaft und die Zeit, die man sich für mich genommen hat und entere erneut die Autobahn, als es schon dämmert. Und ich gerate natürlich mitten in den Essener Feierabendverkehr, untermalt vom Radio: „Nossa! Nnnnnossa! Assim você me mata – ai se eu te pego ai ai se eu te pego“ Auch 1Live kann ich nun nicht mehr vertrauen. Und was qualmt da vorn plötzlich?
Wow. Heißt „Nossa“ frei übersetzt nicht „Maria“? Ich hab ja auch eine, vielmehr eine Madonna, die auf meinem Armaturenbrett auf mich aufpasst. Dieser Kollege hier hat vermutlich keine, sonst wäre ihm nicht spontan und direkt vor uns der Ford Transit in Flammen aufgegangen. Schnell weg, sonst muss ich womöglich noch irgendwelche Aussagen machen. Ich bin auch ehrlich gesagt ein bisschen müde. Nun habe ich schon fast 3000 Kilometer hinter mir, der Auspuff klingt ein wenig nölig und ich sehne mich doch ziemlich stark nach meinem eigenen Bett. Von daher soll es hier nun auch mal gut sein. Ich könnte noch vom Ibis Hotel Münster erzählen oder der Heimkehr nach Hamburg und Kiel, aber diese Locations kennen Sie ja bereits.
Was für eine beeindruckende Reise. Es kommt mir vor, als wäre ich zwei Wochen lang unterwegs gewesen und nicht nur fünf Tage. Kurz vor Kiel gibt dann auch endlich der leicht krawallige Endtopf des Passat auf und legt sein Haupt auf die Seite. Das ist ein bisschen laut, aber das ist mir nun auch egal. Der Kombi hat durchgehalten, ich schlafe erstmal 14 Stunden am Stück – und dann mache ich mich daran, die Bilder in die richtige Reihenfolge zu bringen und die Artikel zu schreiben. Autos. Ich liebe es. Ich will mehr davon. Aber das Jahr fängt ja gerade erst an…
Sandmann
Ich fand ja den Willys nie so begehrenswert, aber es ist wohl ein sehr pures, unzerstörbares Spaßauto, oder? Ich kenn persönlich auch niemanden, der einen fährt, aber mein Onkel hat wenigstens einen Mustang 🙂 Einen aus den 70ern, ziemlich schnell und ziemlich laut.
Magst du Willys?
Abel
Ay Calimero,
hhm. Mag ich Willys? Weiß ich gar nicht so recht, ich bin ja noch nie einen gefahren und sollte das mal ändern. Aber ich mag generell einfacht, zweckreduzierte Autos. Und was der Langkau da so auf dem Hof hat ist voll von Geschichten und purer Kraft. So was mag ich auf jeden Fall.
Sandmann
Ay Sandmann,
ja der Verbrauch ist schon kolossal niedrig für so einen alten Wagen, immer wieder erstaunlich. Bei mir steht seit kurzem ein Sharan TDI, der verbraucht mit Tempomat gefahren bei 90 Km/h sage und schreibe 3,9L. Laut dieser MFA in der Mitte der Instrumente. Das ist schon respektabel. Ich hab echt überlegt, den zu halten, leider hat er nur die gelbe „3“ und somit kein Fall für Fahrten in die City. Und so werd ich ihn verkaufen, bei den Spritpreisen heute dürfte das kein Problem darstellen.
Nun bist du ja ganz schön herum gekommen. Ich bin gespannt auf das nächste Heft und neue Storys.
Bronx
… und den Touran hat das Salzwasser inzwischen gänzlich zersetzt … 😉
🙂
Die Touran-Geschichte ist den Serverproblemen zum Opfer gefallen. Aber es gibt sie noch. Wir arbeiten daran. 🙂
Ich glaube wenn ich mit dem Passat konstant 90 fahre liegt der Verbrauch bei 2 Litern oder so 😉
Morgen werde ich wieder die Tasten glühen lassen, die Geschichten müssen raus. YIPPIE! Schlaft gut alle miteinander.
Sandmann
Ay Sandmann,
zu der Willys-Story noch kurz eines:
Während einer Taiwan-Visite fuhr ich den dortigen Nachbau, namens „National Double-Ten“. Das Ding war von 1964 und somit eines der letzten produzierten Exemplare der annähernd originalen Version der 40er. Sehr eindrucksvoll zu bewegen. Weniger Auto geht eigentlich nicht. Mechanisch nahezu unzerstörbar (wir hatten einen Sleeper dran, der gut eine dreiviertel-Tonne wog, ungebremst!), zwischen Taipeh und Hsin-chu liegen über 12% Steigung und Gefälle, wenn man die (einzig vernünftige) Küstenstraße über Chung-li fährt.
Ich habe noch nie ein Auto (?) oder wie man dieses „Etwas“ bezeichnen möge derart malträtiert. 60 PS aus 2,2L Hubraum reißen ja nicht grad die Pappe vom Teller. Es ist wahrscheinlich der Motor mit dem größten Hubraum im Verhältnis zur PS-Zahl, der je produziert wurde. Dazu hatten wir, glaube ich, nur drei Gänge!!
Fazit: wenn es etwas gibt, was diesen Wagen tötet, ist es eine Tellermine!
Bergab stank es nach Bremse, beim Anfahren nach Kupplung (insbesondere am Berg), der Geradeauslauf entspricht dem eines Lämmerschwanzes.
Aber- jeden Morgen sprang das Ding an, als sei nichts gewesen. Unfassbar! Willys Hurricane sei dank.
Lustig war der Hinweis am Instrumentenbrett (den sowieso keiner beachtete): wenn ich es richtig behalten hab, lautete der in etwa:
„Tandem Operation, Maximum Speed Down, Grade 10 M.P.H-ON, LEVEL 30 M.P.H.“
Geniale Karre, Bronx 😀
Ay Bronx,
Langkau hatte auch einen Renegade auf dem Hof, der schon diverse Races gewonnen hatte. Mit einem riesengroßen Motor drin. Ich werde in der 06/2012 ein mehrseitiges Händlerportrait anfertigen, da gibt es dann noch mehr Informationen. Coole Autos, cooler Typ, und die Willys scheinen ja tatsächlich brutal Spaß zu machen 🙂
Sandmann
Ja und vor allem halten sie ewig. Sowas baut heute doch kein Mensch mehr. Mir fällt nur noch Fordson ein, den konntest du mit gefühlten drei Schlüsselgrößen am Straßenrand zerlegen und wieder zusammen bauen. Bei uns im Ort hier läuft so einer. Ein „Power Major“ von 1960. Unkaputtbar!
Die Marke gab es bis ’64. War wohl zu gut für diese Welt…
Bronx