Abarthig selten – und keine Lobby

Schöne Farbe, keine Lobby

Der Tipo ist tot, es lebe der Tipo! So fasse ich die Monate zusammen, in denen mich dieser italienische Kleinwagen begleitet hat. Ein inzwischen höchst individuales Vorankommen und die Erkenntnis, dass dieses Auto viele Fans hat – aber auch das Einsehen, dass ein Fiat Tipo einigermaßen unverkäuflich ist, weil diese Fans alle älter geworden sind und heute E-SUV fahren. Die wilden Zeiten, in denen man sowas durch den Winter geritten hat, sind seit 20 Jahren vorbei. Im kollektiven Oldtimergedächtnis ist der erste Tipo irgendwie noch nicht angekommen. Dabei will er doch geliebt werden und zählt viele gute Gründe dafür auf. Er versucht es ganz doll. Aber ich bin nicht Fiat. Ich bin Ford Taunus und Citroën XM, und als der Zeitpunkt näher rückt, dass der Franzose abholbereit scheint… lasse ich innerlich los. Komm Tipo. Du hattest nie eine Chance. Noch ein paar letzte Tage, du und ich.

Ein polarisierendes Auto.

Die Schuhe müssen zum Auto passen

Ich hätte niemals gedacht, dass dieser erste Fiat Tipo von 1992 mehr polarisiert als ein dicker E-SUV. Denn beim dicken E-SUV sind die Fronten klar: Freunde alten Blechs ignorieren diese Kackfässer und meiden die Konfrontation so lange, bis wieder einer quer über drei Mutter-Kind-Parkplätze steht. Gut situierte E-SUV Fahrer*innen (das war jetzt Absicht) wiederum geben sich nicht mit bedauernswerten Menschen in 15, 20 oder gar 30 Jahre alten Gebrauchskarren ab. Es sind verschiedene Welten, die außerhalb der Parkplätze wenig Berührungspunkte haben.

Oldtimerfans können komisch sein

Anders ist das innerhalb der eigenen Reihen. Hatte ich Oldtimerfahrern eine gewisse Weltoffenheit und ein Gemeinschaftsgefühl angedichtet – basierend auf diesem gemeinsamen Nenner – stoße ich mit diesem Oldtimer in der Realität auf Gelächter. Man erklärt mir fast täglich das H-Kennzeichen (und warum es an so einem Schrotthaufen nichts zu suchen habe), definiert wiederholt den dehnbaren Begriff des „Klassikers“ und belegt dieses 32 Jahre alte Fahrzeug mit abgegriffenen Klischees wie dem täglich wegzufegenden Rost oder rausfallenden Türen. Gähn.

Ein Klassiker. Und ein Taunus.

Mit Ingo dem Twingo habe ich gelernt, fremde Fröhlichkeit an der Ampel positiv zu deuten. Und glücklich mitzulachen, weil mir mein 900-Euro-Spaßmobil mit offenem Faltdach und Peter Maffay auf NDR1 Niedersachsen extrem gute Laune machte. Anders ist das bei den Fahrern neuer BMW, die jetzt diese Biberzahn-Kühlerfresse mit zusammengekniffenen Augen haben 😂 Kinder, was haben die Designer da für Drogen genommen? Und noch schlimmer – wer da draußen KAUFT denn sowas? Und warum?? Das ewige Argument mit dem wichtigen asiatischen Markt verstehe ich nicht. Wahnsinn. Ja, wenn da an der Ampel jemand lacht, dann aus Mitleid. Aber zurück zu Pipo dem Tipo. Rieche ich da etwas Öl? Ja.

Schwitzt. Ist normal.

Ich hab den einfach mal blond und blauäugig inseriert, für den Preis, den ich selbst hinlegte. Der Unterschied zu meinem Kauf damals ist, dass der TÜV in einem Monat abläuft. Andererseits habe ich etwas Geld in ein paar neue Teile investiert, ein neues Hosenrohr, vordere Bremsen und einen Fensterheber für die Beifahrertür. Das ist alles noch nicht eingebaut. Kennt ihr diese Unlust, die Wohnung nochmal zu streichen, aus der man gerade auszieht? Genau. Aber ich geb’s dem Käufer dazu, plus einen Haufen anderen Kram und die originalen Abarth Alufelgen mit fast neuen Sommerreifen drauf. Die Stahlfelgen (ebenfalls mit neuen Reifen) und die Tipo Radkappen muss ich in Erwartung des Winters noch aufziehen.

Blind gekauft, aber nicht mitgenommen

Ein erster verbindlicher Interessent zahlte den Preis im Voraus, reiste mit dem Zug aus Süddeutschland an, fuhr Probe, freute sich und wollte nur nochmal in den Motorraum schauen. Seitlich am quer eingebauten Vierzylinder schwitzte etwas Öl. Heute weiß ich, dass es am nicht ganz fest gezogenen Öldruckgeber lag. Der Interessent vermutete die Kopfdichtung und wollte nicht mehr. Ich bot ihm sogar an, mit dem Preis soweit runter zu gehen dass er eine neue Kopfdichtung einbauen lassen könnte. Denn ich mag kein schlechtes Karma 😳 Nein. Er fuhr den ganzen Weg wieder mit dem Zug zurück. Ein Omen? Mir wurden also noch ein paar Tage mehr mit dem kleinen blauen Freund geschenkt. Vielleicht doch frischen TÜV machen? Schreckt die fehlende Hauptuntersuchung potentielle Käufer ab?

schick ist er ja…

Eigentlich ist ein ehrliches Auto mit zwei bis drei klar definierten, kleinen Tagesbaustellen für einen schmalen Taler doch interessanter als ein gleiches, aber viel teureres Modell mit TÜV. No? No. Wieder unbegründetes Schimpfen, es gebe im Netz drei Tipo’s (wichtig ist hier das falsche, aber anscheinend laszive Plural-Apostroph) die alle nur 900 Euro kosten würden. Das stimmte. Das waren aber runtergerittene Zweitürer mit fleckigen Stühlen, analogen Instrumenten und blanken Reifen auf rostigen Stahlfelgen. Und insgesamt waren es in ganz Deutschland fünf. FÜNF! „Ich hol den sofort ab, 1000€. Gib mal die Adresse.“ Keine Begrüßung, keine Anrede, keine Frage ob das okay sei. Ich schreibe freundlich, für das Geld könne er die vier Alufelgen gern haben und gebe ihm die Adresse vom Pizzaservice im Nachbarort. Wieder Unfreundlichkeit. Er kenne sich mit Autos’s aus (argh). Ich muss weiter.

Das Cockpit ist einzigartig

Spannend. Während ich mit 90 durch norddeutsche Waldgebiete schnurre wächst meine Abneigung gegen Menschen, die grundlos unfreundlich sind. Das Netz ist voll von ihnen. Jeder kann einem Verkäufer gern ein unmoralisches Angebot machen, auf diese Art habe ich selbst schon aus Versehen zwei alte Autos gekauft 😁 Aber so ein liebloses Zahlengeficke, verpackt in arrogantes Halbwissen und endend in grammatikalisch aufsehenerregenden Versalien mag ich nicht. Und Arroganz in Retour kann ich auch. Ich zwinge ja niemanden, mein Auto zu kaufen. Gute Reise und viel Glück.

Die Zeit läuft ab

Obwohl ich jede Strecke mit dem kleinen Fiat genieße wundere ich mich, wie wenig Zuschriften von Kaufinteressenten ich bekomme. Irgendwann demnächst… soll er ja mal weg. Dann kommt mein XM aus Dresden zurück 🖤 Ich bin nicht zwingend auf den Erlös aus dem Verkauf des Italieners angewiesen, aber es würde mich schon freuen, wenn er in gute Hände ginge. Sie werden immer seltener, weil niemand sie damals aufgehoben hat. Ich schau mir in einem Anflug von Mehrwert-Mania mal den Fensterheber rechts an und finde hinter der Verkleidung eine rostfreie Tür, in der sich nur die Verschraubung des Motors gelöst hat. Ah. Er ist gar nicht kaputt. Aber das zu zerlegen… ach nö. Oder, Körbi, was sagst du? Nö nö nööööö.

Da hebt noch was.

Also Türpappe wieder ran. In Beziehungen, die kurz vor dem Ende sind, gibt es immer diesen schwankenden Moment. Du weißt, dass schon alles zu Ende ist – aber dann springt dich plötzlich so ein Gefühl an. Ein gutes, warmes Gefühl. Denn es war ja nicht alles schlecht, das Gegenüber war stets bemüht und unterm Strich gab’s ja auch mal gute Tage. Hm. Und wenn ich Pipo den Tipo vielleicht doch einfach wegstelle…? Ihn aufhebe für später? Ich habe noch einen Stellplatz frei, da könnte der doch… hm…

Irgendwie kein Herzauto

Nein. Es war nie Liebe, es war nur Neugier. Und die ist befriedigt. Jedes Auto hat seine Zeit, und die des Tipo ist jetzt gekommen. Er hatte bei mir nie eine Chance. Obwohl sein Rücksitz bequem ist, sehr plüschig, 💕 recht geräumig, sehr sauber. Angenehm unverschlissen, keine Flecken und schöne große Fensterflächen zum Rausgucken. Gegen das Sofa eines Citroën XM kommt dieses Gestühl aber nicht an. Dort wurde Leder mit Alcantara verbaut, Pompadourtaschen an den Sitzen mit allerlei nützlichem Kram und eine Breite, die ihresgleichen sucht. Dazu eine emotionsgesteuerte Innenbeleuchtung mit freiem Blick auf die warm und grün leuchtende Digitaluhr. Ihr könnt nicht mehr folgen? Entschuldigt, ich habe mich gehen lassen 😇 Ich vermisse mein französisches Baguette…

Eine sichere Bank

Alltag in Norddeutschland mit einem 32 Jahre alten Fiat? Kein Problem. Der gar nicht so kleine Freund springt immer willig an, bei Sonne und bei Regen. Das ruppige Motörchen dreht munter vor sich hin und lässt den Leichtgewichtler locker im Stadtverkehr zwischen allen E-SUVs mitschwimmen (ich weiß dass die Mehrzahl von SUV eigentlich SUV und nicht SUVs ist, das sieht aber ohne das s scheiße aus). Während sich heute einen halben Meter weiter oben alle über ihr primäres Kaufargument (man würde so angenehm hoch sitzen) freuen, ärgern sich morgen alle über den Kofferraum. Trotz des äußeren Volumens einer Tennishalle gehen drinnen nicht mal vier Bierkisten rein. Hallo Pipo. Du hast eine größere Klappe als die meisten Stammtisch-Experten plus geteilt umlegbare Rücksitze und siehst dabei geiler aus als jeder Golf, oder nicht?

Shoppen beim Fleischer

Mehr Stauraum als der E-SUV

Wer braucht schon vier Bierkisten? Rindenmulch is da hot shit! Auf seine letzten Tage an meiner Seite muss Pipo der Tipo nochmal ordentlich ran. Das Laub verfärbt sich allmählich, die Nächte werden kälter und im nördlichen Niedersachsen sind Gartenarbeiten nötig. Alles, was dafür gebraucht werden könnte, passt in den italienischen Tausendsassa. Inklusive der Schubkarre. Ich fühle mich gerade, als ob ich hier manipulative Lobeshymnen für bessere Verkaufschancen singe 😁 Nein, keine Sorge. Ich reflektiere lediglich dieses Auto vor dem Hintergrund, dass auch nach vier Wochen noch kein Käufer wirklich zugesagt hat. In drei Wochen hole ich den XM aus Dresden. Es muss doch in dieser Republik irgend jemanden geben, der so ein Auto ins Herz schließt? „Jalla man der is immer noch da, ich gebe immer noch 1000 Euro!“ Nö. Nöööö nö.

Der Laster des Gärtners

Mattschwarz macht schlank

🎼 Noi senza dignità Oltre la montagna scopriamo l’amore
Qui, qui senza falsità Noi ci amiamo come la mente non sa 🎶
Entschuldigt, ich singe schon wieder 😂 Aber Alice schlägt vor, sich zu lieben ohne Fehler, so wie der Geist es nicht kennt. Ja wer denn bloß? Die Bäume werden bunter, das Wetter wird schlechter und ich bringe aus lauter Verzweiflung noch ein paar optische Ausfälle eines Vorbesitzers wieder ins Reine. Die Stoßfänger sind bei diesem Tipo nie komplett in Wagenfarbe gewesen. Sowas hatte nur der Seditschi… Sedi… Val… SediVolvo… also der 16V. Ich fand immer, dass dieses omnipräsente Sprühdosen-Eisblau aussieht wie gewollt und nicht gekonnt. Jetzt nicht mehr. Zack. Mattschwarz wie einst, das macht ihn gleich viel schlanker.

Jetzt wird’s ernst

Und da kommt er, der Käufer aus dem Bilderbuch. Sympathisch, sabbelig, mit klaren Vorstellungen was er will und was er bereit ist dafür zu geben. Ich lasse noch reichlich Federn, habe aber ein gutes Gefühl. Wir werden uns einig, und morgen kommt er mit Bargeld wieder. Im Gegenzug gibt’s ein 32 Jahre altes, italienisches Auto, dessen TÜV inzwischen abgelaufen ist. Zugelassen, mit zwei Schlüsseln und einem gesunden Herzen. Hey, der Wagen ist inzwischen sogar prominent, ich habe den doch tatsächlich auf drei Seiten in die Oldtimer Praxis bringen können 😉 Jetzt wird’s aber wirklich Zeit für die Stahlfelgen mit den Fiat Design /// Radkappen. Ich mag die ja sehr. Viel lieber als die Alufelgen, aber das ist Geschmackssache.

Abflug?

Hab sein‘ Waaagen vollgelaaaden

Völlig im Flow des Loslassens tauche ich tief durch meine Regale und lege wirklich alles hinten rein, was ich zu dem Auto finden kann. Einzig das zweite digitale Cockpit behalte ich. Das habe ich sogar noch immer 🤗 Immerhin waren die DGT Armaturen damals der Grund, warum ich den Fiat unbedingt haben wollte. Ich gucke etwas neidisch auf das neue Hosenrohr mit Flexrohr. Das Ding hat direkt unter dem Schalthebel rausgepöppelt, das klang zwar sportlich, hat aber im Innenraum immer für einen latenten Abgasgeruch gesorgt. Der Ersatz wäre mit vier Schrauben am Krümmer und vier Schrauben am Mittelschalldämpfer eingebaut gewesen. Dass ich zeitlich nicht mal das hinbekommen habe sagt eine Menge über mein aktuelles Leben aus. Das muss sich ändern. Dringend.

So, alles drin? Auch der originale Dachgepäckträger? Ich glaube ja.

Ein reich gedeckter Tisch

Manche Erlebnisse lassen mich meinen automobilen Alltag grundlegend überdenken. Es scheint Autos zu geben, die viele cool finden, weil sie mal so einen hatten. Oder weil sie auf dem Fahrschule gemacht haben. Was aber im Gegenzug nicht unbedingt heißt, dass diese Leute heute auch wieder so ein Auto HABEN wollen. Ich kaufe immer wieder mal was „nebenbei“, manchmal weil es als Ersatz nötig ist, manchmal nur weil ich Bock drauf habe. Das sind die spannenden Variablen neben den geliebten Konstanten. Dieser eisblaue Sidekick und seine praktische Unverkäuflichkeit stimmen mich allerdings nachdenklich. Das war zuletzt mit meinem K70 so. Ein tolles Auto. Aber niemand wollte ihn haben. Alle, die den abfeiern, hatten schon mindestens einen.

Tschüss, Pipo.

Ich schweife schon wieder ab. Jetzt kennt ihr meine Meinung über große SUVs und die meisten ihrer Fahrer, unfreundliche Menschen bei Kleinanzeigen und Rücksitze. Und jetzt fährt mein kleiner Pipo in seinen nächsten Lebensabschnitt. Résumé. Nach dem Taunus war vor dem Taunus. Nach dem Audi 100 war vor dem Audi 100. Versteht ihr worauf ich hinaus will? Es gibt Herzautos, die kommen immer wieder. Nach dem Tipo ist vielleicht nach dem XM. Aber es ist auch vor dem XM und nicht vor dem Tipo. Leb wohl, kleiner Blauer. Möge jemand für dich da sein. Ich gebe nun zurück in die Sendezentrale, wir sprechen mit unserem französischen Korrespondenten, der in Dresden was entdeckt hat. Bleiben Sie neugierig.

Sandmann

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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

20 Antworten zu Abarthig selten – und keine Lobby

  1. Der Atze sagt:

    Ich find den gut – damals schon. Die Eltern eines Schulfreundes hatten so einen; der hatte auch da „Digifiz“ verbaut, als angehender Nerd war ich davon natürlich total begeistert.

    Schade – leider hatten die Autos hierzulande nie die Lobby…So schlechte Autos bauen die Italiener gar nicht. Hatte selber den einen oder anderen – der 5-Ender 20V bspw im Bravo war ein klasse Motor. (Bravos gibts auch keine mehr…)

    Freut mich, daß Du Deinen Tipo an jemanden losgeworden bist, der ihn gut findet und ihn nicht an Afrika-Export verramscht hast.
    Man kann sie leider nicht alle aufheben 😉

    • Sandmann sagt:

      Ay Atze,

      das ist das Problem – man kann sie nicht alle aufheben. Manchmal bin ich ganz froh, dass mein Platz begrenzt ist. Ich bin zwar kein Sammler, aber es gibt so 8-9 Autos meines Lebens, die ich gern besitzen würde. Geht aber nicht. Also beschränke ich mich auf die Herzmodelle und hier und da mal einen Experimentalkahn 😇 Jedes Auto hat seine Zeit. Und mein Anspruch ist keine Halle voller Exponate, ich will die Dinger schon fahren.
      Und ja, in Italien wurden und werden tatsächlich gute Autos gebaut. Auch viel Schrott, aber das kann Deutschland ja auch. Ich finde diesen Markenfetischismus extrem scheinheilig. Himmel, was motzen BMW Junkies auf Audi Jüngern rum und zurück. Man kann seine Karre ja geil finden, aber das macht ja nicht alle anderen Karren automatisch scheiße. Albern, sowas.

      Ich liebäugel immer noch mit einem Alfa 166. Aber ich glaube das bleibt beim Liebäugeln, mir fehlt der Bezug…
      Sandmann

  2. Bronx sagt:

    „(…)Vielleicht doch frischen TÜV machen? Schreckt die fehlende Hauptuntersuchung potentielle Käufer ab?“

    MICH nicht aber die viele potentielle Käufer anscheinend schon. So auch meine Erfahrung(en).

    Meinen 2. Niva damals kaufte ich auch ganz bewusst ohne HU. Aus dem oben genannten Grund gab es kaum Interessenten die bereit waren, den aufgerufenen Preis zu bezahlen. Aber die Kiste hatte Substanz, innerliche, versteht sich. Optisch dagegen ganz klares Einsatzfahrzeug. Stört mich das? Nein. In dieser Kiste hasst man dich oder du bekommst einen Daumen oder Lichthupe, kommt dir ein „Kollege“ entgegen. 😉

    Beim Verkaufen halte ich es anders. Keine Karre geht ohne neuer HU vom Hof. Damit ist die ‚gebisch Fummsich Juro oder wasisledsdepreis-Fraktion‘ schon mal raus. Über alles andere kann man reden. In vernünftigen Maßen. Ich gebe ein Auto auch für weniger ab wenn ich einen Draht zum Interessenten finde. Leben und leben lassen.

    Mein treuer Baustellen-Kangoo ging dergestalt nach 8 Jahren Haltedauer und 239.000 Km auf der Uhr für einen sehr guten Preis in freundliche Hände. Mit einem generalüberholten Getriebe, neuer Kupplung, komplett erneuerter Hinterachse und so einigem mehr, was im Laufe der letzten 3 Jahre zu machen war. Monetär und handwerklich kein Hexenwerk und ‚Nachhaltigkeit‘ ist bei mir kein „Buzzword“ sondern gelebter Alltag.

    Gegenstände möglichst lange benutzen, reparieren und erst dann abzugeben wenn sie ihren Dienst erfüllt haben. Dann aber so das möglichst andere noch etwas davon haben, sie nutzen können.

    Finanzierung fällt eh aus, was ich fahre besitze ich. 😉

    Ach ja – *Hust*, in unseren Dicken (ML) passen 6 Kisten Bier. 😀

    Grüße von der Kante, der mit der Duplex-Kette.

    • Sandmann sagt:

      Ay Bronx,

      der erste ML ist über alles erhaben, das war immerhin der Ur-SUV. Man könnte jetzt unken dass mit dem der ganze Scheiß angefangen hat, aber letzendlich ist der ne Hochgelegte S-Klasse und ziemlich cool. Da bekommt man eine Menge Auto für’s Geld.

      Ich habe in den letzten zwei Jahren einiges gelernt. Zum einen, mir keine echte Baustelle mehr zu kaufen. Ich habe hier noch ein paar, und die werden gemacht, aber damit ist jetzt Schluss. Und zum anderen, mit beim Verkauf keinen Stress mehr zu machen. Sowohl der Tipo als auch der Twingo standen hier ewig rum, trotz wirklich kleiner Preise. Ich habe seit dem kein Auto mehr hergegeben (und wüsste auch nicht, welches ich in naher Zukunft hergeben sollte) aber das ist mir alles zu doof. Mal sehen wie ich das angehe. Verlosen oder so 😂

      Aber ich ticke da wir du. In dem Preissegment gebe ich den Wagen lieber günstig, aber glücklich her, als dass ich noch 300€ mehr rausschlage und dann das Gejammer kommt. Ich hab auch schon Autos verschenkt, frag Watt’n Schrauber 😉 Mal schauen wie nachhaltig ich den Phaeton behandeln kann. Im Moment sind die Arbeiten noch überschaubar. Und Kette hat der auch.

      Grüße von der Küste
      Sandmann

      • Bronx sagt:

        Bonjour maître,

        sind denn die Teilepreise für so einen Paeton halbwegs im Rahmen?

        Ich habe da mal was von ‚irre teuer‘ gehört. Stecke da aber überhaupt nicht drin.

        Und wie sieht es mit der Verfügbarkeit aus? Speziell den innenraum und die Elektronik/Sensorik betreffend?

        Klingt aber auf jeden Fall spannend was du da machst. 😉

        Salutations du Paris ensoleillé

        • Sandmann sagt:

          Salute das Leben Genießender,

          bis vor einigen Jahren war alles sehr teuer, in der Tat. Weil es auch noch viel bei VW neu gab, zu teils absurden Preisen. Seit einiger Zeit sind viele Schlachtfahrzeuge auf dem Markt, bei ebay und Kleinanzeigen bekommst du aktuell komplette Fahrzeuge für 1.500€ und die Teilepreise purzeln dementsprechend. Und es wird vieles nachgefertigt.
          Ein Federbein vom Luftfahrwerk komplett bekommst du –neu– für 400€. Ich habe zwei hintere Türverkleidungen mit Leder und Rollos für 90€ inkl. Versand bekommen. CD Wechsler von Sony kostet 40€, Lüfterklappe mit Uhr und Holz und Stellmotor 35€. KI komplett 90€, selbst ein kompletter ZF 6-Gang Automat ist dreistellig. Holz, Leder, momentan bekommst du alles. Und alles ist noch gut, weil die Qualität einfach episch war. Also wann – wenn nicht jetzt? 😊 Wenn die Begeisterung so bleibt stelle ich mir einen Schlachter hin und lager wie beim XM alles ein, was man brauchen könnte. Jetzt ist ja Platz da…

          Ich winke genesend nach Osten
          Sandmann

  3. Sebastian sagt:

    ….und siehst dabei geiler aus als jeder Golf, oder nicht?

    nicht wirklich. liegt aber daran das mein Golf mich schon 25 jahre begleitet.

    toller Bericht. Von meinem Schulkameraden fuhr die Mutter einen ciquencento. 39ps auf 0,9L. Bin ich auch mal gefahren. toller Wagen. Ging wie sau und nicht kaputt zu bekommen. Hatte jahre lang keinen ölwechsel bekommen. lief trotzdem.

    Mit freundlichen Grüßen

    Sebastian

    • Sandmann sagt:

      Ay Sebastian,

      Golf ist schon fein, und ich hätte noch vor 30 Jahren nicht gedacht, sowas mal zu schreiben 😉 Vielleicht ist es die überfettete Klotzpräsenz aktueller Autos, die einen frühen Golf fast asketisch filigran erscheinen lassen. Ich hätte nichts gegen einen Golf 1 ohne alles. Sozusagen ein wassergekühlter Käfer. Schon fein.

      Die Cinquecentos waren lustige Autos. Ein Kumpel hatte einen Seicento, also etwas größer, da haben glaube ich die Hydrostößel das Lied vom Tod gesungen. Damals habe ich mich noch nicht so für Technik interessiert. Aber der fuhr und fuhr auch…
      Grüße aus dem Norden
      Sandmann

      • Sebastian sagt:

        Den Golf 1 den mir mein Opa vor 20 Jahren geschenkt hatte, hab ich damals für 50€ verkauft. sondermodell LX mit nebelscheinwerfer Im Kühlergrill.

        war in der Lehre und kein Geld für ein eigenes Auto.

        Schade um das Auto. Hatte keine 80tkm auf der Uhr.

        MfG Sebastian

        • Sandmann sagt:

          Sowas bereut man erst viel später. Aber das geht nicht nur dir so 😢 Meine Mama hat sich nach der Trennung von meinem Papa einen roten Jetta L neu gekauft, dafür hat Opa seinen beigen 1969er Käfer hergegeben. Der war wie aus dem Laden. 2000 Mark gab’s für den. Ich könnte heulen wenn ich da heute drüber nachdenke…
          Sandmann

          • MainzMichel sagt:

            Über was? Den Käfer oder den Jetta? Ich finde einen Jetta I viel interessanter als einen Käfer. Jetta II geht wiederum gar nicht, von neueren wollen wir gar nicht erst reden.

            Adios
            Michael

            • Sandmann sagt:

              Ay Michel,

              aus heutiger Sicht, ganz allgemein betrachtet, ist ein Jetta 1 extrem interessant, das stimmt schon. Und wir alten Säcke hatten irgendwann vom Käfer die Nase voll. Aaaaaaaber das war halt der von meinem Opa, der war in einem extrem guten Zustand und ich würde heute sehr dran hängen 😢 Gerade dir muss ich glaube ich nicht erklären, welche Bedeutung „Opas Auto“ haben kann….
              Damals war das ein altes, wenn auch gut erhaltenes Auto. Und Mama brauchte ein neues, eigenes, Papa hat den Audi 100 mitgenommen. Trotzdem vermisse ich Opas Käfer mehr als den marsroten Zweitürer. Ich wurde mit dem nie warm. Der war so… karg… irgendwie 😁

              Sandmann

  4. pico sagt:

    Kleinwagen(inkl. Kompakt/GOlf-Klasse) gefallen mir nicht. Ich finde Limousinen und große Coupes schön a la S-Klasse, Jaguar XJ oder 7er.
    Aber von den Kleinwagen wirklich schick ist der Delta(aus den 80ern), der Y (aus den 90ern) und auch der Tipo 🙂

    • Sandmann sagt:

      Ay pico,

      ich bin auch mehr große Stufenhecklimousine. Umso cooler waren die Erfahrungen im Mazda 121 (herrlich), Twingo und Tipo. Der Mazda war der coolste, der Twingo der witzigste. Den würde ich auch wieder fahren, mir fällt nur grad kein Grund ein 😁
      Lancia baute schon feine Eisen. Aber die konnten ja auch Limousine, wenn man mal einen Seitenblick auf den Thesis wagt.

      Aber ab jetzt wird’s wieder groß. Versprochen 😇
      Sandmann

  5. Thorsten sagt:

    Deine Meinung über SUV und ihre Fahrer kann ich nur teilen. Vile zu gross und unübersichtlich ausserdem unökonomisch. Seit Mutti die Kinder damit zu Schule fährt, muss ich immer fünf Meter vor der Haltelinie stoppen, weil mein Auto sonst rasiert wird. Und auf den engeren Straassen uss ich immer in den Graben flüchten, wenn mir einer entgegen kommt. Ich bin ja für eine zusätzlich Führerscheinprüfung für Fahrzeuge über 1,8m Breite…

    Das Thema bei Kleinanzeigen kenne ich auch zur Genüge. Ich habe immer viele Teile inseriert, manches setze ich absichtlich hoch an, dann bleiben mir die schlimmsten Kunden meist erspart. Die, die es dann doch mit Nerverei probieren, wimmel ich meistens ab, frei nach der Keith Moon-Methode: „Für meine Freunde 50€, für dich 80…“
    Ich werde meine Kram auch an normale Leute los. Dauert dann halt etwas länger.

    • Sandmann sagt:

      Ay Thorsten,

      das von mir ist allerdings nur eine „Meinung“. Ich denke, jeder Mensch kann kaufen und fahren was er will. Aber in meiner Welt muss jemand mit einem Audi Q7 irgendwas kompensieren. Das macht ihn nicht zum schlechten Menschen, aber leider ist das Verhalten zum Beispiel im Hamburger Straßenverkehr dementsprechend. Wenn ein SUV mit dem Kennzeichen HH-SV 666 kommt dann lieber schnell Platz machen…
      Bei Kleinanzeigen habe ich viele nette Kontakte geknüpft. Allerdings selten, wenn es um Autos ging. Bei Kinderspielzeug und Möbeln war ich ein paar Mal drauf und dran, mit dem Käufer noch ein Bier zu trinken. Bei Autos oder Autoersatzteilen scheint es mehr schräge Vögel zu geben. Da ist dann einfach Geduld angesagt….
      Grüße
      Sandmann

      • Thorsten sagt:

        Hey Jens,

        Schon richtig, jeder kann fahren was er will, so ein SUV ist ja meistens auch noch bequem. Nervig sind sie trotzdem, wenn man nicht selbst drin sitzt. Wenn ich mit dem Z3 mal nachts unterwegs bin und so einer fährt hinter mir dichter auf, dann sehe ich nichts mehr, weil selbst sein Abblendlicht auf meiner Sitzhöhe noch fies blendet…
        Irgendwie sind die meisten Menschen, die sowas fahren, aber auch etwas anders. Nicht alle, aber viele davon. Muss was mit dem „Sich über andere erheben“ zu tun haben.
        Nette Kontakte kann man auch mit Autoteilen knüpfen, ein Forumskontakt dem ich mal einen Golf2 Treibsatz verkauft hab, teilt mit mir jetzt das Büro in der Firma…
        Hast aber recht. Reichlich schräge Vögel gibt es da schon. Kann man tatsächlich auch etwas über die Marke filtern, aber das ist ja ein alter Hut: Mit dem Capri1 und R4 fahrenden alten Mann aus meiner Gemeinde oder dem Twingo-Getriebekäufer von neulich würde ich auch sofort ein Bier trinken, mit dem E36-Scheinwerferkäufer eher nicht…

        • Sandmann sagt:

          Ay Thorsten,

          ich glaube die interessantesten Leute trifft man vor allem in den Markenforen. Die Ford Jungs im Hecktriebforum sind ein bisschen irre, aber sehr hilfsbereit. Die Citroen Jungs profitieren von viel Erfahrung, verteilt auf 10 Meinungen. Aber ich habe bisher jede Frage beantwortet bekommen, und die Hilfsbereitschaft ist wirklich groß.

          Mal sehen wie das beim Phaeton sein wird. Da habe ich bisher nur zwei FB Gruppen und ein Motortalk Forum. Anleitungen gibt es keine, nur erste Erfahrungen. Bisher haben sich da nicht viele rangetraut. Ich bin ein wenig Pionier 😉
          Sandmann

  6. Stefan Nfz sagt:

    Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel! Ihre Schilderung der Herausforderungen beim Verkauf des Fiat Tipo verdeutlicht die Schwierigkeiten, die mit der Vermarktung seltener Modelle ohne große Fangemeinde einhergehen. Besonders interessant fand ich Ihre Beobachtung, dass viele ehemalige Enthusiasten nun auf E-SUVs umgestiegen sind, was den Markt für solche Klassiker weiter einschränkt. Ihre Entscheidung, den Tipo dennoch in Ehren zu halten, zeigt Ihre Leidenschaft für besondere Fahrzeuge. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei, einen Liebhaber zu finden, der dieses einzigartige Stück Automobilgeschichte zu schätzen weiß.

    • Sandmann sagt:

      Ay Stefan,

      danke für den Kommentar.
      Ich glaube, wenn man lange genug wartet, findet sich immer irgendwann ein Käufer auch für seltene Autos. Ich bin aber kein Händler mit Halle, deshalb gebe ich mental meine Autos in dem Moment auf, in dem ich sie inseriere. Man will ja auch nicht mehr in der alten, leeren Wohnung schlafen wenn man schon in die neue gezogen ist 😉

      Der Umstieg vieler Bekannter auf E-Autos ist teilweise nachvollziehbar. Wenn man ein eigenes Haus hat, eine WallBox womöglich mit Solarplatten auf dem Dach und eine angenehme Pendelentfernung zur Arbeit ist ein E-Auto die absolut erste Wahl. Ich wohne zur Miete, habe nicht einmal eine Garagenauffahrt und fahre, wenn ich fahre, längere Strecken. Ich bin also noch nicht so weit. Vive le Verbrenner, zumindest noch ein bisschen.
      Grüße
      Sandmann

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