Das Reimen sollte ich vielleicht lieber lassen. Hier lesen Sie gestern.
Anstatt mehr zu reimen darf ich freundlich an die unvergessenen Filme von Herrn de Funès erinnern, die anteilig in dem kleinen, fast unentdeckten Fischerdörfchen an der französischen Riviera spielen. Okay – fast unentdeckt war das Dörfchen vor ungefähr 100 Jahren, inzwischen kostet dort der Quadratmeter Wohnraum mehr als im Zentrum von Berlin. Der besondere Reiz wiederum ist, so sagt man, ungebrochen. Das gilt es zu überprüfen. Wir fahren nicht nach Nizza, wir fahren nicht nach Monaco – heute fahren wir einfach nur mal nach Saint Tropez, der kleinen Stadt, wo ich vor 20 Jahren das erste mal im Leben eine Palme umarmte 🙂 Doch bis dahin soll noch ein bisschen Entertainment der besonderen Art stattfinden: Adventure Golf auf Felsen zwischen Dinosauriern. Hihi. V8 angeworfen und ab vom Hof. Kommen Sie mit?
Ah, moment, ich habe lange nicht nach dem Öl gesehen.
Darf man mit 40 noch als dreckiger Mechaniker posen und einem Teil der anwesenden Damenwelt damit Freude bereiten? Und sei es nur, weil diese Damen sehen, dass sie nicht die einzigen hier mit kleinen Brüsten sind? 😀 Das Ergebnis dieses eitlen, fantastischen Pin Ups allerdings ist ein in dieser Hitze offenbar stark gestiegener Ölverbrauch meines treuen, alten Audis. Ich muss satte 2 Liter nachkippen. Na gut, das verbuche ich als den Preis der automobilen Freiheit, warum soll Savoir Vivre nicht auch für einen alten Achtzylinder gelten? Kühlwasser und Hydrauliköl sind okay, der TUT Vogel der Nacht hat sich schlafen gelegt, dann kann es ja an diesem ausnahmsweise einmal leicht bewölkten Tag losgehen. Schlappe 25 Minuten entlang der Küste, das ist auszuhalten. Ich komme, meine Palme!
Spielen Sie gern Minigolf? Sind Sie auch so endlos angeödet von den klassischen deutschen Betonbahnen mit Metallfassung, Betreten verboten, vorsicht Platzwart? Dann ist diese Art von Minigolf hier vielleicht ein bisschen interessanter für Sie. Kurz vor Saint Tropez treten wir mit Schlägern bewaffnet eine lustige kleine Reise in die Urzeit an 🙂
Dabei ist das Betreten der rasenähnlichen Bahnen ausdrücklich erwünscht und manchmal sogar notwendig, außerdem plumpst der Ball gern mal in einen Bach oder bleibt auf einem Felsen liegen. Großartig. Zwei Stunden heftiger Spaß mit meinen Mädels, und raten Sie mal, wer mit dramatischem Abstand gewonnen hat…? Ha! Und weiter geht’s!
Hallo, mein kleines, inzwischen leider sehr entdecktes kleines altes Fischerstädtchen mit dem bunten Kirchturm. Da bin ich wieder. Ich habe dich vermisst. Die frühen Abendstunden sind eine durchaus angenehme Zeit, um nach Saint Tropez REIN zu fahren, denn alle anderen Touristen fahren um diese Zeit wieder RAUS und stauen sich kilometerlang auf der Küstenstraße. Hey – ist das da etwa ein freier Parkplatz, nur fünf Gehminuten vom autofreien Zentrum entfernt? Den nehmen wir doch! Oben auf der Zitadelle (einer kleinen Festung von… von… Louis, Louis? Louis, diesmal nicht de Funès, sondern dem Irgendwasten, weiß grad nicht, XVII oder so) haben wir einen wunderschönen Blick auf die leider unter Wolken liegende malerische Bucht. Kein Wunder, dass hier so viele Künstler ihr Herz verloren haben, an die Natur, an die Frauen und an den Wein. Wo ist denn jetzt diese Palme?
Ah! Da haben wir sie ja. *knirsch* Vielleicht für Sie ein unspektakuläres Bild, ein Typ, den Sie größtenteils noch nicht mal persönlich kennen, knuddelt einen Baum in Frankreich. Aber hey – schließlich lesen Sie hier schamlos mein Onlinetagebuch, und dass neben Selbstdarstellung auch Selbstanalyse und Vergangenheitsbewältigung dazu gehören werden Sie vermutlich nicht erst seit meiner K70 Retro Reise wissen… Okay, diese Palme umarmte ich also vor 20 Jahren. Ich suche mal das Foto. Sie ist größer geworden, ich auch, dann ist doch alles okay. Meiner ebenfalls größer werdenden großen Tochter ist ein bisschen schwummerig und meiner bald größer werdenden kleinen Tochter ist ein bisschen warm. Das sind aber auch schon die einzigen Abers, das schreit außerdem nach Eis, also ab an den Hafen.
Auf dem Weg dorthin kommen wir wieder über diesen wunderschönen, berühmten Bouleplatz. Unter Platanen (das sind diese Tarnnetz-Stamm-Laubbäume) spielen hier ganz normale Menschen Boule, das heißt, sie versuchen, ihre kleinen, billardkugelgroßen schweren Stahlkugeln durch geschicktes Werfen so nah wie möglich an einen kleinen, murmelgroßen Holzball heran zu bringen *plock*. Junge Menschen, alte Menschen, alle spielen hier mit- und gegeneinander, einfach, weil sie Spaß dran haben. Versuchen Sie das mal *plockTINGG* in Deutschland. Entweder unterstellt man Ihnen Infantilismus oder Selbstdarstellung. Deutsche sind sehr oft trocken und spießig, gehen Sie einmal mit offenen Augen und Ohren durch Ihre Fußgängerzone, beobachten Sie die Menschen und lauschen Sie den Gesprächen. Ich mag die Leute hier, sie wissen irgendwie ein bisschen besser, wie man den Tag lebt. *klack* klatschen *weinglasgeklimper*
Ernährungsphantasien! Hier ein Nirvana für alle Möchtegern-Pädagogen! Da kündige ich als treusorgender Papa stolz und uneigennützig den Erwerb von süßem, kühlendem Eis an (hier an der Küste übrigens für die Kleinigkeit von 2,00 Euro pro Kugel zu erwerben), und was wollen meine beiden anverwandten Mitfahrerinnen? Eine fruchtig frische Obstschale! Na hat man sowas schon erlebt? Die gesunde Ernährung siegt einmal mehr gegen den reinen süßen Genuss, im lukullischen kulturellen Zentrum von Käse und Weißbrot muss ich allerdings zugeben, dass der Körper regelrecht nach Vitaminen schreit. Der Tagesablauf gestattet es irgendwie nicht immer, neben all den leckeren Sachen auch mal ein paar nahrhafte Dinge zu essen. Wie überlebt der gemeine Franzose eigentlich so lange? Ist Rotwein vitaminreich? Ich glaube ja.
Und ZACK sind wir am Hafen. Was macht dieses Städtchen denn nun bloß so besonders? Ich glaube, es ist dieser Mix aus heftigem „HALLO hier bin ich“ Tourismus mit teuren Restaurants, schlimmen Souvenirbuden und millionenschweren, dreistöckigen Yachten aus London und Valetta (offensichtlich auf Malta, wie ich jetzt weiß) im Hafen – und auf der anderen Seite den kleinen Gässchen, nur ein paar Meter neben der großen Tourimeile, wo es nach leckerem Essen und frisch gewaschener Wäsche duftet, wo alte Leute am Fenster Rotwein trinkend babbeln und klitzekleine Läden mit ihren bunten und wunderschönen Auslagen locken. Über allem dieser sagenhaft blaue Himmel, der besonders in der Abendsonne einen schönen Kontrast zu den pastos schimmernden alten Häusern in ihrem leuchtenden braun, rot und ocker bieten. Davor weiße Boote, dahinter grüne Pinien, und über allem das liebenswerte Glockentürmchen. Eigentlich MUSS man hier malen, sonst platzt einem der Kopf.
Und sie sind gar nicht so versteckt, die ruhigen, besinnlichen Plätze. Selbst hier. Sie müssen einfach nur eine Straße weiter gehen, oder einfach mal um die Ecke gucken. Der alte Hafen, wo der Fußweg immer von Wellen überspült wird, der kleine Platz mit dem schönen Baum an der Rückseite der Kirche – nicht überall ist es so voll wie unten bei den Booten.
Glücklicherweise ist das Geld alle, denn die Künstlerin will 50 Euro pro handgezeichnetem Portrait haben. Das überzeugt sogar meine kleine Tochter, die sich eigentlich gern hätte malen lassen. Außerdem sieht das kleine Mädchen, das grad gemalt wird, viel süßer aus als das graue Bild. Außerdem ist ihre Mutter eine Deutsche und lacht laut über unsere Diskussion. Manchmal ist es gut, selbst im Ausland NICHT zu lästern, in diesem Fall haben wir zum Glück die Sympathien auf unserer Seite :-). Der Wagen ist auch noch da, er ist weder aufgebrochen noch bestrafzettelt… heute scheint ein echt toller Tag zu sein.
Eigentlich wollten wir ja zum Abend hin noch grillen, ob der fortgeschrittenen Uhrzeit begeben wir uns nun aber lieber in einen der hier an der Küste typischen „Luna Parks„. Das sind fest installierte Jahrmärkte, die immer erst bei Anbruch der Dunkelheit öffnen und dann Groß und Klein mit bunten Lichtern, wahnwitzigen Attraktionen, schwindelerregenden Fahrgeschäften und dickmachenden Leckereien erfolgreich das Geld aus der Tasche ziehen. Ein Traum! Nass werden in der heftigen Wildwasserbahn, Lachkrämpfe im zu Fuß zu begehenden Fun House bekommen und nach allem Austoben noch ein köstliches Panini mit Mozzarella, Schinken und Käse für jeden! Ein schöner Tag bekommt einen runden Abschluss. Und ich brauche schon wieder einen Geldautomaten. Verdammt.
Zwischendurch (man ist ja online) werde ich auf Facebook tatsächlich gefragt, ob es nicht auch ab und an schwierig ist, so als Vater von zwei Mädchen im besten Teenageralter im Urlaub. Ich weiß nicht recht. Vielleicht sind die drei Sandmanns da ja ein bisschen anders als der Durchschnitt? Ich bin hier jedenfalls nicht am Mittelmeer mit meinen beiden Kindern, weil ich mal wieder „dran“ bin oder weil man das ja ab und an mal machen muss. Nein. Ich bin hier mit den beiden, weil es einfach phantastisch ist. Weil es unfassbaren Spaß macht, weil wir lachen, weil wir uns erholen und weil es etwas ganz besonderes ist! Wenn Sie die andere, GANZ andere aber mindestens genau so schöne Art des Urlaubs erleben wollen empfehle ich Ihnen meinen Sizilien-Dreiteiler. Diese hier nicht anwesende wunderbare Frau fehlt mir ganz heftig, und ich freue mich sehr sehr sehr, sie bald wieder zu sehen. Aber bis dahin haben wir noch ein paar Tage Sonne, Knechtschaft und Finanzknappheit 😀 Wir lesen uns!
Sandmann
Wundervoll!
😀
Sandmann,
hast du die Bilder nachbearbeitet oder sind die Farben wirklich so schön? Ich bin begeistert!
Abel
Bester Calimero,
was mich an Südfrankreich, gerade an der Côte d’Azur immer so begeistert: Das sieht da wirklich so aus. Nicht umsonst haben sich immer wieder Maler in diesen wunderbaren Ort verliebt. Die Sonne ist hier ein bisschen goldener, die Pinien sind ein bisschen grüner und das Wasser ist unsagbar blau.
Schau es dir an. Einer der farbenfrohesten Orte, die ich je gesehen habe…
Sandmann