Der Exot mit Understatement und Ersatzteilproblemen
„Da muss ich einmal umfassend recherchieren, bei Audi selbst gibt’s das nicht mehr.“ Diesen Satz hören die Fahrer des vom Konzern ungeliebten Einstiegs in die Oberklasse regelmäßig und gehen oft erst gar nicht mehr direkt „zum Freundlichen„, wie man intern den Teiletresen der Herren der Ringe nennt. Da werden Sie nicht mehr geholfen. Auch ich nicht, vielleicht hat es sich inzwischen herumgesprochen, dass ich seit 2001 und 500.000 Kilometern so einen Kahn lenke. Der Griff zu den Sternen Made in Neckarsulm liegt dementsprechend waidwund draußen auf dem Parkplatz der freien Werkstatt und guckt, als träfe ihn keine Schuld. Zahnriemenwechsel. Wer baut denn derart große Motoren und packt da einen Zahnriemen drauf? Benz, BMW und Lexus jedenfalls nicht, und so steht das 500.000 Kilometer alte Kraftpaket beim 1A Autoservice Menzel in Kiel und verursacht mal wieder reguläre Kosten im Gegenwert eines kleinen Winterautos. Aber das ist eine andere Geschichte.
Das Erbe der „Lehrerlimousine“
Schon während seiner Bauzeit zwischen 1988 und 1993, in der nur gut 20.000 Exemplare einen Käufer fanden, traute sich nicht einmal jede Vertragswerkstatt an den Technologieträger Audi V8. Vollalumotor mit vier Nockenwellen und 32 Ventilen, ZF Viergang-Automat mit elektrischer Wandlerüberbrückung, permanenter Allradantrieb, innen umgriffene Scheibenbremsen… Zu groß schien die Gefahr, durch Wartungsfehler einen finanziellen GAU auszulösen. Damals schon. Androgyne Erstbesitzer mit Hang zu unsichtbarem Luxus brachten ihre 130.000 Mark teuren optischen Biedermänner („Ist das ein Audi 200 20V oder was?„) in die speziellen „V8-Zentren“ und zahlten den vollen Preis des Anders Seins. Und wurden an der Tankstelle trotzdem belächelt, weil man es ihm eben nicht ansah. Sie hatten es nicht immer einfach, die ersten Oberklassepioniere der Marke. Dicke Hose war S-Klasse. Linke Spur Luxus war BMW. Lexus gab’s ja irgendwie nicht. Und Audi war anders.
[youtube yyzdedIDyvQ]
Herr Menzel und sein Team stehen vor dem ausgeweideten Motorraum. Warum sollte es mir anders ergehen als all den anderen Menschen auf dieser Welt, die eine betagte Luxuslimousine fahren? Schwamm über den Zahnriemen, später mehr. Außerdem wird die Pumpe der Zentralhydraulik zunehmend inkontinent, ein Motorlager ist gebrochen, der rechte vordere Achslenker poltert ausgeschlagen im Federbein und die hinteren Spurstangen (ja, die hinteren, ein Quattro hat hinten auch welche…) klappern in ihren Aufnahmen tot hin und her. Was sich alles an einer verzogenen Spur und unrundem Reifenabrieb bemerkbar macht, und 225er Reifen mit dem Zusatz ZR gibt es nicht im Baumarkt nebenan. Was ohnehin nicht empfehlenswert wäre. Die Schuhe eines fast-2-Tonnen Autos mit einem Drehmoment von 400NM und dem Potenzial von über 270 echten Stundenkilometern sollten aus gutem Hause kommen. Das Leben ist auch ohne „Geiz ist geil“ schon kurz genug. Da geht er also finanziell hin, der nächste Kleinwagen. Wollen wir weitermachen?
Neuteile für die sagenhaften, innen umgriffenen Scheibenbremsen (UFOs) werden rar und schlagen ohne Einbau mit 600,- Euro für beide Scheiben und Klötze zu Buche. Nur, um nach einem heftigen Bremsmanöver von da an bis an ihr baldiges Ende unangenehm zu flattern. Nicht viel preiswerter gibt sich die sogenannte HP2 Bremse, auf die inzwischen viele V8 Fahrer (ich auch…) umrüsten und die anteilig auch im Nachfolgemodell Audi A8 zum Einsatz kommt. Originalscheiben und Klötze kosten beim „Freundlichen“ 400,- Euro, bei ebay alles zusammen 80,- Euro. — Toll? Nein. Wenn Sie so etwas toll finden, dann ist ein Audi V8 (genau wie die S-Klasse, der 730i oder das Auto Gottes) nicht das richtige Hobby für Sie. Sparen Sie gern bei Ihrer Krankenversicherung oder beim Erwerb von Süßigkeiten. Aber nicht bei den Verschleißteilen dieses Autos!! Finger weg von osteuropäischem Billigschrott mit wilden Prüfsiegeln, legen Sie ihr Leben und das Ihrer Mitmenschen bitte in die Hand von Originalteilen oder zumindest von zertifizierten Zulieferern.
Wer ernsthaft bereit ist, solche Kosten regelmäßig zu tragen, bekommt mit dem Audi V8 ein technisch hochinteressantes Fahrzeug mit Fahreigenschaften, die heute und auch morgen noch Premium sind. Mit seiner Keilform und seinem dezenten Chrom, seinem sportlichen 90er Charme und der cockpitgleichen Beleuchtung im Inneren zeigt sich dieser Wurf wie aus einem Guss und ist auch nach über 20 Jahren zeitlos und elegant. Dazu schmeicheln die vier digitalen BOSE Aktivendstufen gemeinsam mit dem kraftvoll knurrenden Triebwerk akustisch um die Wette. Was will MANN mehr? Wer bei mobile.de aber das fahrbereite Schnäppchen für 1200,- Euro (mit „nur einen paar kleine technische Mängel“) erwirbt, wird dauerhaft unglücklich, permanent immobil oder einfach nur hoch verschuldet (plus unglücklich und immobil). Und ruiniert den guten Ruf dieses ursprünglich sehr hochwertigen und zuverlässigen Autos nachhaltig.
Eine rege und sehr hilfsbereite Gemeinde hat sich seit mehr als einem Jahrzehnt auf www.audiv8.com diesem Fahrzeug angenommen und kennt alle Stärken und Schwächen. Leider kennt man sich selbst nicht so gut wie das Auto. Der Admin, der diese Seite noch immer ohne jeglichen finanziellen Hintergrund am Leben hält, muss sich regelmäßig den öffentlichen, kindischen Pöbeleien und Streitereien einiger weniger Querköpfe annehmen und macht trotzdem wacker weiter! Denn die allermeisten der über 5000 registrierten User geben ihr Wissen um dieses Auto gern weiter. Ohne dieses Wissen, was zumeist geduldig und wiederholend auch an die „Neuen“ herangetragen wird, stünden viele Audi V8 schon heute nicht mehr auf der Straße. Es sind, auch aufgrund der nicht nachvollziehbaren Teilepolitik des Konzerns, inzwischen weniger als 4000 Stück.
Betrachten Sie diesen Exoten nicht nur durch ein kleines Kaufpreis-Bullauge, wenn Sie es ernst mit ihm meinen. Und merken Sie sich jetzt endlich mal diesen Satz: Sparen kostet am Ende doppelt, legen Sie auf einen realistischen Kaufpreis mindestens noch einmal die gleiche Summe oben drauf.
Sandmann
Hey Jens
Unser „kleiner“ Liebling. Er kann böse viel Nerven und noch einmal soviel Geld kosten. Und ja. Man sollte sich wirklich im klaren sein, daß die Technik des V8 jetzt über zwanzig Jahre alt ist. In der heutigen schnelllebigen Zeit ein echter Metusalem.
Was kann denn so kaputt gehen an diesen Wagen? Um es kurz zu machen…einfach alles! Wenn man mit der Wartung spart und nur fährt ist dieser Wagen nicht´s für einen. Selber schrauben sollte man auch wenigstens ein bißchen können. Allso keine Angst vor ölverschmierten Händen und durchschraubten Nächten. 😉
Hat man es aber geschafft in dieser engen Höhle die sich durch den gesamten Wagen zieht erfolgreich selbst Hand anzulegen, ist die Erfahrung doch recht befriedigend. Und wenn man nicht mehr weiter weiß, dann gibt es zum Glück solche Mitglieder die selbstlos ihre Hilfe anbieten. Wenn ich so daran denke wie ich mit dem Jens meinen Wärmetauscher gewechselt habe (danke noch einmal). Ein echtes kleines Abenteuer und alleine ohne Plan kaum zu schaffen.
Und über Teile die am Tresen einfach so entfallen sind brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Zum Glück halten manche Schlachter noch so einige Teile in der Hinterhand, die es direkt vom Hersteller nicht mehr gibt. Laut meinem Teilefuzzi passiert dies, um die neuen Modelle auf den Markt zu bekommen.
Aber selbst Audi ist vor kuzem aufgewacht und hat bei Audi Tradition einen Teilbereich ins Leben gerufen, der auch den V8 beinhaltet. Die Teile sind SEHR teuer, wie fast alles an diesen Wagen. Aber wieder zu bekommen.
Aber seien wir doch einmal ehrlich. Wenn man auf einen Wagen mit Kultstatus, ordentlich Power, die auch noch unauffällig verpackt ist und eine sehr gute Verarbeitung vorweisen kann steht, dann sollte der V8 ein Kandidat sein. Welches Auto von heute kann selbst bei weit mehr als 300.000 einen Innenraum vorweisen der keine Knistergeräusche erzeugt? Irgendwie fällt mir keiner ein. 😉
Man muß solche Autos lieben, um wirklich Spaß an ihnen zu haben. Ansonsten sollte man keinen Gedanken an eine Anschaffung verschwenden und sich gleich nach einen rundgelutschten Plastikbomber umschauen, der für einen Zünkerzenwechsel in die Werkstatt muß.
V8 mäßige Grüße
Markus der seine Spritpumpe tauschen muß
Bester Markus,
in meinen Augen ist Audi noch lange nicht aufgewacht.
Wie kann es angehen, dass man sich als Traditionsmarke bezeichnet und sich bisher einen echten feuchten Kehricht um seine eigene Tradition kümmert? Was lesen wir denn schon von alten Audis?
Da wird maximal ein Quattro eine Schanze hochgescheucht, oder Rallyeerfolge mit Autos, die sich heute kein normal Sterblicher mehr leisten kann.
Der Butter-und-Brot Audi, der millionenfach gebaut die Marke groß gemacht hat, den kennt man nicht. Und dass heute das eine oder andere Schräubchen auch für den V8 wieder hergestellt wird reicht mir noch lange nicht. Es wird zu viel Geld in aggressive Kühlerformen und die Entwicklung des bösen Blick im Tagfahrlicht investiert. Bah.
Aber vielleicht wird das ja noch?
Ich bin echt drauf und dran, mich in den VW Phaeton zu verlieben. Weil ich genau weiß, dass den exakt das gleiche Schicksal wie den V8 ereilen wird!
Aber ich mag ja Exoten. Deshalb mag ich DICH ja auch so 😉
Sandmann
Hey Jens
Bin ich tatsächlich so ein Exot? Freu Ich bin selten! Hehe
Das Kompliment kann ich aber nur zurückgeben. Du bist einfach nur Mensch geblieben und verstellst Dich nicht sondern bist ehrlich und hilfsbereit. Und das finde ich echt klasse. Ich reiche mal virtuell ein Bier rüber. 😉
Der Anfang ist ja nun bei Audi gemacht worden. Wenn ich mir vorstelle, daß dort angeblich ganze Innenausstattungen in den Wolf oder ganze Motoren in die Schmelze gegangen sind…ich fange gerade an zu zittern und der Schweiß steht mir auf der Stirn. 😉
Aber Du hast recht. Die Brot und Butter Autos sind dort zu sehr in Vergessenheit geraten. Und die Dinger waren ja nicht schlecht. Ich persönlich hätte eigentlich richtig Bock auf einen alten 100. So einen aus den 70 zigern. Oder aber den, der aussieht wie der alte Golf eins. Auch schön.
Manche Designstudien von Audi sind ihr Geld nicht wert. Zuviel Plaste die dann auch noch extrem zusammenhängt. D.h. die Front besteht aus einem kompletten Teil, welches natürlich schweineteuer ist wenn es ausgetauscht werden muß.
Machesmal frage ich mich wirklich wie Audi mit dieser Firmenpolitik weiterkommt. Jetzt im Auge auf die Ersatzteilversorgung. Mich persönlich schreckt es eher ab, wenn ich mir vorstelle, daß ich auf absehbarer Zeit keine Teile mehr bekomme. Und dann dafür RICHTIG tief in die Tasche greifen darf, wenn ich mir dort z.B. einen Neuwagen holen möchte. Aber wer will schon einen Neuwagen? Allso ich nicht
Und Du BIST doch schon in den Phaeton verliebt. Du gestehst es Dir nur noch nicht ein. Wenns irgendwann paßt dann holst Du Dir bestimmt einen. Da bist Du genauso bekloppt wie ich. Es wird eine ganze Zeit um den heißen Brei rumgestiefelt, immer wieder über den Tellerrand geschaut und dann zugegriffen.
Wir haben nur die drei Probleme die jeder andere Autoverrückte auch kennt. Eine motzende Frau, das berühmte schlechte Gewissen und zu wenige Gelegenheiten. Oder habe ich da jetzt etwas falsch verstanden? 🙂
V8 mäßige Grüße
Markus
😀 Bester Markus,
du kannst zwei Arten von Firmenpolitik betreiben, wenn du Autos baust.
Entweder kümmerst du dich auch um die Modelle, die den Ruf der Marke ausgemacht haben und pflegst deinen Ersatzteilbestand. Das ist teuer, kostet Manpower und bringt nur gute Laune bei einigen wenigen Menschen, die sich dann deine Oldtimer leisten können.
Oder aber du baust gute Neuwagen, möglichst in jeder Klasse einen oder zwei, arbeitest an deinem Image auf diesem Sektor und nimmst dir vor, an den anderen vorbei zu ziehen. Damit verdienst du dann in erster Linie viel Geld. Und darum geht es ja am Ende des Tages…
Ich kenne die Gründe nicht, warum beispielsweise Mercedes eine andere Ersatzteilpolitik als Audi hat. Ich maße mir auch nicht an, sie zu erahnen. Wenn es eines Tages keine Teile mehr für meinen V8 gibt – dann fahre ich halt ein anderes Auto. Für den KaSi gibt’s ja auch nix mehr, aber der ist immerhin 40 Jahre alt…
Deine drei Probleme des Autoverrückten *gniiihiii* kann ich nicht ganz teilen. Eine motzende Frau habe ich nicht, im Gegenteil, mein halbfinnisches Fräulein Altona schielt bei jedem Spaziergang nach diesem oder jenem alten Mercedes und schwärmt von einer alten S-Klasse oder einem /8. Wahrscheinlich wird sie noch vor mir selbst so was fahren. Wenn deine Frau motzt – dann nimm sie doch nicht mit zu Schraubereien oder Treffen. Frauen haben doch ein Eigenleben, sollen die motzenden sich doch an solchen Tagen mit ihren Proseccoschnäpfen treffen und einen guten Abend haben 🙂 Man muss doch nicht zwingend alles zusammen machen…
Das schlechte Gewissen habe ich bei Autos schon lange nicht mehr. Und Gelegenheiten gibt es viele! Oder meintest du etwa… 😉
Aber nett, dass du sagst, ich sei Mensch geblieben 😀 🙂 😀
Jetzt, wo die ganze Welt mich kennt und ich der beste Blogger des Universums bin mache ich mir manchmal ein bisschen Sorgen, dass der ganze Erfolg, die Millionen und die tausenden Fans jeden Tag vor meinem Haus mich vielleicht arrogant und eitel machen könnten. Ich bin nun beruhigt.
Sandmann
Hey Jens
Den Part der motzenden Ehefrau…habe ich zum Glück nicht. Allerdings ist meine Frau recht Emotionslos wenn es um das Thema Auto geht. Benutzen und gut. Da möchte ich kein Auto sein. 😉
Da finde ich es seeehr schön das Dein halbfinnisches Fräulein doch etwas Deine Leidenschaft teilt. Und so ein alter „Sternenkreuzer“ hat ja nun wirklich etwas. Ein /8 mit dem sechszylinder Herz mitsamt Gasanlage. So etwas wünsche ich Deinem halbfinnischen Fräulein. Garantiert Dauergrinsen. Selbst bei Emotionslosen Menschen.
Die Firmenpolitik bzw. das behandeln der eigenen Geschichte von manchen Konzernen ist doch recht erschreckend. Da gebe ich Dir einmal recht. Allerdings auch solche Konzerne lernen dazu und werden die Oldtimersparte als lukrativen Geschäftszweig zu schätzen wissen / lernen. Könnte ich mir jedenfalls vorstellen.
Ich habe es im übrigen geschafft. Der zweite „Kopf“ ist unten. Ich mußte doch tatsächlich die Köpfe der Schrauben fast komplett ausbohren und mit dem Schraubendreher mitsamt Hammer die Dinger zum sich drehen „überreden“. Und jetzt einmal ehrlich…WELCHER IDIOT!!!!!! benutzt bei so langen und dicken Schrauben einen zwölfer Kopf?! Ich habe wirklich geko…piep! 😉
Nun steht der Block auf der Werkbank wo die Felgen drauf gelegen haben. Das Ding wiegt mitsamt Kolben und Kurbelwelle aber immer noch ganz schön. Und wie sollte es anders sein? Ich hatte das Teil ganz locker im Arm und trage es quer durch die Garage da bekomme ich doch einen Anruf?! 🙂
Und nun einmal so nebenher. Wie hast Du Dich bloß aus dem Haus geschlichen um mit mir Deine Felgen zu verschönern? Bei den ganzen Stalkern die Du um Dich angehäuft hast. 😉 🙂
V8 mäßige Grüße
Markus aus dem sonnigen Wahlstedt
Wie? Was? Stalker?