Cinderella und ihr Prinz 2007

Ein tieferer Einblick sei mir stets verwährt, fürwahr, ich bin nur der Hofnarr und Fahrer der Kutsche.

Bunt bestraußt zum zweiten mal

Bunt bestraußt zum zweiten mal

Doch sei es festgehalten, dass am Tage fünfundzwanzig des Augusts im Jahre des Herrn 2007 seine Durchlaucht Prinz Jan nun gedenkt, der wunderschönen Maid vom Lande Claudia auch vor Gott und all den himmlischen Zeugen das Ja-Wort zu geben. Ein bewegendes Ereignis, zumal das zweite dieser Art in kurzer Abfolge, welches ich gedenke der Nachwelt zu schildern in Form von gestalterischen Einblicken in die Blumenkunst auf fußballfeld-großen Kutschantrieb-Hauben, kunstvollen Bildnissen auf Sand an der Kante zum großen Ozean, feierlichem Getränkeausschank auf pantheroschwarzem Tresen und einem Schuh, der zur Freude aller gepasst hat.

Die Blumendame fixiert leidlich

Die Blumendame fixiert leidlich

Oh Freude über Freude für einen einfachen Kutscher, wenn sein Gefährt von einer Dienerin festlich geschmückt wird, um als Transportmittel der Hauptdarsteller eines so wundervollen Tages zu fungieren. So lässt man es sich nicht nehmen, das Liliengebinde kunstvoll mit bunten extra für diesen Zweck aus dem fernen China eingeschifften seidenen Bändern in zwei schillernden Farben zu verzieren, es auf die Kutschhaube zu binden und die Schleifchen zum lustigen Tanz und Spielen mit dem Winde aufzufordern. Dieses Windspiel nehmen die Bänder sehr ernst und lösen sich schon auf dem Weg zur ländlichen Behausung der holden Maid auf, um sich fröhlich flatternd um die Vorderräder und das Schiebedach zu schlängeln. Lustig vor sich hin hupendes gemeines Volk grüßt mich einfachen und munter vor mich hinfluchenden Kutscher, der ich warnblinkend am Wegesrand stehend den Schlamassel wieder entflechte.

Du bist die Braut! Du bist die Braut! Du bist die Braut!

Die Braut in der Kutsche

Die Braut in der Kutsche

Unter quietschenden Beilauten der Brautjungfern hinten und dem amüsiert ab-schätzkenden (nicht korrigieren, das ist richtig so) Blick des Brautvaters in meinem Nacken lenke ich die geschmückte Kutsche durch das Hupkonzert des anwesenden Stadtvolks im schönen sonnigen Eckernförde. Uneinig über die Musikwahl unter dem Wege beschließt das auf dem Rücksitz versammelte weibliche Geschlecht, fröhliche Lieder zu intonieren, mal gemeinsam, mal im Kanon. Die zu Vermählende sitzt halskrausengleich starr an meiner Seite, stets befürchtend, die Frisur, das Kleid oder der Schleier könnten bei zu viel Bewegung Schaden nehmen. Welch Privileg für einen einfachen Bediensteten, die Braut schon vor dem Bräutigam sehen zu dürfen und dem ohrenbetäubenden betörenden sirenengleichen Gesang zu lauschen!

Tränen der Freude in Gottes Haus, mit seiner Hilfe will man sich in der kommenden Zeit zusammen um alltägliche Belange kümmern, was soviel bedeutet wie tauchen in der Karibik mit Ring am Finger, fröhliche Gelage mit Kochkunst, Prosecco und Ring am Finger und zwei niemals gemeinsam unter einen Hut zu bekommende Dienstpläne im medizinischen Bereich – immerhin mit Ring am Finger.

Umtrunk am Hofe

Umtrunk am Hofe

Welch Sinnlichkeit erwartet uns, das Volk, welches der Trauung beiwohnen darf, nach dem Geläut und dem braven Zahlen der Ablass-Pfennige in einen großen Topf am Eingang. Nun dürfen wir uns an einem erfrischenden vergorenen weißen Traubensaft aus teuren roten antiken Gefäßen laben. Und so trägt man es ohne Widerrede mir und zwei weiteren Vasallen auf, das Volk zu betanken, welches die Aussicht auf den Hafen genießt und sich auf das vorbereitet, was der Abend am Hofe bringen mag.

Bitte lächeln

Bitte lächeln

Dem Anlass huldigend und die Umgebung lobpreisend flanieren Prinz Jan und Prinzessin Claudia an der Grenze zwischen kühlem Sand und salzigem Nass. Umringt von einer lustigen Maid, die es versteht, den Augenblick festzuhalten und für alle Zeiten auf Papier zu bannen, welches das Paar und die geladenen Gäste zu späteren Jahren wieder in verträumter Erinnerung hervorholen werden mit einem Seufzer auf den Lippen: „Hach! Sind sie nicht wunderschön?“ So hat auch ein Kutschfahrer und Hofnarr Zeit, sich ein kolumbianisches gedrehtes Tabakblatt zwischen den unterwürfigen Lippen anzuzünden und ein wenig um die im heimischen Hafen geparkte Kutsche herum zu streichen.

Tandaradei ♫

Schiffe... im Hafen...

Schiffe… im Hafen…

Aus vergangener Not eine Tugend machen – das ist des Hofnarrs Credo in einer schnell-lebigen Welt voller Versäumnisse und nicht gelebter Träume. Während meine Begleitung eine halbe Stunde vor dem Abendmahl den nagenden Hunger nicht mehr ertragen kann und sich einsam in einem Hafenrestaurant eine Fischplatte vom Format einer Kleinwagen-Heckklappe einverleibt, entwirre ich die bunten Bänder im Gebälk der Kutsche, löse Knoten, ziehe Fazits und Fäden aus Bremssätteln und gestalte Fuchsschwanz-gleich einen alternativen Schmuck für das marode Empfangsteil der hiesigen Verbreiter holder Volksweisen und kommunalem Liedgut. Zufrieden mit der Welt, meinem Tagwerk und der neueren flatternden Verwendung der chinesischen Seide empfange ich das Prinzenpaar standesgemäß – diesmal ohne Regenschirm – an der Kutsche.

Die beiden sind glücklich!

Die beiden sind glücklich!

Was findet der Kutscher denn schöner als die Tatsache, dass die erbetene Bedienstete des Momente-festhaltenden Gewerbes aus eigenem Antrieb (Quattro?) den Vorschlag vorbringt, das erwählte Paar auch noch einmal im Beisein des Hochzeitsgefährts festzuhalten. Vor den Schiffen, die über das Meer segeln. Vor den Möwen, die im Wind gleiten. Vor den Fahnen, die von fremden Ländern erzählen, in die Prinz Jan und seine Prinzessin Claudia morgen tauchen wollen. Nicht ohne Stolz steht der Kutscher verhalten am Rande der Zeremonie, verliebt sich wieder einmal ein wenig mehr in die zeitlose Form des klassischen Limousinen-Kofferraums und ist geblendet von der fast obszönen Harmonie eines glücklichen Paares und speziell von dem glücklichen Lächeln eines guten Freundes, der sein Leben schon so viele Jahre begleitet. Alles kann so einfach sein, wenn man sich liebt.

Was bleibt, sind die mir verwährten Einblicke in den Ball am Hofe. Äh… nein, also nicht wirklich, aber das hier ist ja nicht das Neue Blatt.

Passt der Schuh?

Passt der Schuh?

Schließen wir diesen perfekten Tag mit einer perfekten Feier, einem perfekten Essen und einem Portwein. Sei es angemessen vergönnt, die Frage zu stellen, ob beim Anprobieren des Schuhs denn nun noch ein wenig von der Ferse abgeschnitten werden muss. Was ja nicht schlimm anmaßt, sind sie doch beide ärztlich tätig. Aber nein, welch eine überwältigende Freude. Und haben wir es nicht alle geahnt? Der Schuh passt wie angegossen! Die Suche ist zu Ende. Die Reise hat in ihrem momentanen Kapitel ein wundervolles Resumee hinterlassen, welches sich in einer neuen gesegneten Zweisamkeit manifestiert. Was für ein wunderbares Fest. Was für liebe Menschen.

Ich bin an eurer Seite.

Ein trauzeugender Sandmann

Unter quietschenden Beilauten der Brautjungfern hinten und dem amüsiert ab-schätzkenden (nicht korrigieren, das ist richtig so) Blick des Brautvaters in meinem Nacken lenke ich die geschmückte Kutsche durch das Hupkonzert des anwesenden Stadtvolks im schönen sonnigen Eckernförde. Uneinig über die Musikwahl unter dem Wege beschließt das auf dem Rücksitz versammelte weibliche Geschlecht, fröhliche Lieder zu intonieren, mal gemeinsam, mal im Kanon. Die zu Vermählende sitzt halskrausengleich starr an meiner Seite, stets befürchtend, die Frisur, das Kleid oder der Schleier könnten bei zu viel Bewegung Schaden nehmen. Welch Privileg für einen einfachen Bediensteten, die Braut schon vor dem Bräutigam sehen zu dürfen und dem ohrenbetäubenden betörenden sirenengleichen Gesang zu lauschen!Tränen der Freude in Gottes Haus, mit seiner Hilfe will man sich in der kommenden Zeit zusammen um alltägliche Belange kümmern, was soviel bedeutet wie tauchen in der Karibik mit Ring am Finger, fröhliche Gelage mit Kochkunst, Prosecco und Ring am Finger und zwei niemals gemeinsam unter einen Hut zu bekommende Dienstpläne im medizinischen Bereich – immerhin mit Ring am Finger.
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Über Sandmann

Die Zeit ist zu knapp für langweilige Autos, Abende vor dem Fernseher oder schlechten Wein. Ich pendel zwischen Liebe, Leben und Autos und komme nicht zur Ruhe. Aber ich arbeite daran.

4 Antworten zu Cinderella und ihr Prinz 2007

  1. Markus1975 sagt:

    Hey Jens

    Was für ein schöner Bericht. Allerdings die Photos…warst Du betrunken oder einfach nur aufgeregt. Schneidest einfach der Braut die halbe Rübe weg. 🙂
    Und nur mal so ein Vorschlag am Rande…ich komme mit dem lesen bzw. kommentieren gar nicht hinterher. Sicherlich. Es sind „alte“ Berichte und irgendwie hängt an jedem mein Herz mit bei, da ich damals ja auch wie andere ebenfalls fleißig kommentiert habe.
    Schmeiße mal nicht „so viele“ Berichte Deines Lebens hier in den Blog auf einmal. Vielleicht noch unterteilen unter „neu und alt“, wobei die alten schöne Erinnerungen wecken. Verdammt! Wenn ich daran denke wie wir uns kennengelernt haben. 😉
    Aber mal ehrlich. Bereut habe ich es nicht. Im Gegenteil. Ich bin froh so einen etwas durchgeknallten Vogel wie Dich zu kennen. Das Leben wäre ja sonst langweilig. Hehe

    V8 mäßige Grüße

    Markus der sich jetzt weiter durch alte Berichte wühlt und höchstwahrscheinlich herzlich über das Geschriebene lachen wird. 🙂

    • Sandmann sagt:

      Hey Du Nase,

      ich war nicht betrunken, höchstens ein bisschen aufgeregt. Die abgeschnittenen Bilder sind die „Thumbnails“, also die Vorschaubilder. In diesem Fall von hochkant aufgenommenen Fotos, da schnibbelt das Programm dann was weg. Die Blogs mögen lieber das Querformat.
      Wenn du draufklickst und das Bild vergrößerst ist alles so, wie es sein soll.

      Okay, ich werde dann mal eine kleine Artikelpause machen 😉
      Aber am rechten Rand hast du darüber hinaus auch ein nach Monaten geordnetes Archiv und die Möglichkeit, nach verschiedenen Kategorien zu suchen. Ich werde auch noch einen Weg finden, in der Kategorieliste kleine Vorschaubilder einzubinden. Ich lerne noch WordPress, jeden Tage ein bisschen mehr!

      Viel Spaß beim Weiterlesen!
      Sandmann

  2. calimero sagt:

    Ich schließe mich dem Markus an.
    Die Welt ist voller langweiliger Blogger, warum machst du das eigentlich nicht beruflich?

    Diese Seiten hier könnten in jeder renommierten Hochzeitszeitung einen Haufen Leser gewinnen!
    Abel

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