AMG Auftakt. Sandmanns erste schräge Interkontinentalerfahrung.
Ich muss mich vorweg einmal outen. „Wie, du bist das allererste mal in den Staaten?“ – Sebastian Graf von Bassewitz (stellvertretender Chefredakteur der BUNTE). „Du gewöhnst dich in zwei Tagen sowieso nicht an die Zeitverschiebung…“ Friedrich Eichler (Leiter der Motorenentwicklung bei AMG). Und ein paar wohl gemeinte Ratschläge von Tobias Müller und Kristina Mainka (Lifestyle Communications bei Daimler) in Sachen „wie ich mich hier verhalten sollte„. Sie haben richtig gehört. Ich bin noch nie über den Atlantik geflogen, anders als die meisten anderen Anwesenden in San Diego, Californien. Hier her haben Mercedes Benz und AMG geladen, um ein Grüppchen von 18 Bloggern und Journalisten für einen vollen Tag den neuen CLS 63 AMG fahren zu lassen. Aber San Diego ist noch weit. Ha! Ich wäre ja nicht der Sandmann, wenn mann mich dieses mal einfach so von A nach B fliegen lassen würde (schauen Sie mal hier und hier). Das 10.000 Kilometer-Protokoll…
Hamburg, fast schon mein Heimathafen.
Hier ist noch alles gut. Ich habe die Telefonnummern von Tobias und Kristina dabei, falls bis Frankfurt Fragen aufkommen. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch für unwahrscheinlich halte. Da soll ab 9.20 Uhr boarding sein, ich fliege in Hamburg schon um 8.00 Uhr morgens los, da habe ich immerhin ein kleines Zeitfensterchen. Das brauche man wohl, denn der Flughafen in Frankfurt, so erzählt man sich, sei groß. Am Schalter erhalte ich auch schon die Lufthansa Tickets bis Los Angeles, ab dort soll uns ein Charterflieger weiter bringen. Klingt gut? Ist es auch. Leichtes Handgepäck, bequemer Sitz, gültiger Reisepass, und dann kam die freundliche Stimme im Lautsprecher. „Meine Damen und Herren, wegen sehr starkem Verkehrsaufkommen in Frankfurt bekommen wir momentan keinen Slot und werden erst in ca. 30 Minuten starten können.“ Ups. Nun wird es doch knapp, wenn ich so an die zeitaufwändigen Sicherheitskontrollen dort denke. Mist.
In der Luft erfüllt mich der Sonnenaufgang über hamburgs kalten Wolken mit prickelndem Reisefieber und purem Optimismus. Alles wird gut. Ich habe ja schnelle Schuhe an. Verträumt ergebe ich mich meinem Hörbuch „Finnen von Sinnen„, gelesen von Christoph Maria Herbst, und lasse virtuell im Geiste schon einmal den mächtigen V8 Biturbo Motor starten… *knack* „Verehrte Damen und Herren, hier spricht Ihr Flugkapitän. Wir können noch immer nicht in Frankfurt landen und werden deshalb noch ein paar Schleifen drehen…“ Neiiiin! Es ist 9.20 Uhr, das boarding der Maschine nach L.A. hat eben begonnen. Und ich bin hier noch in der Luft!!! Eine besorgt guckende Stewardess kommt an meinen Platz und teilt mir mit, man habe meinen Anschlussflug bereits umgebucht. Ich würde nun um 13.00 Uhr -Denkpause- starten, leider zunächst nur nach Denver -nochmal Denkpause-, um von dort aus dann später einen Anschlussflug nach… Nein! Ich teile ihr mit, dass sie bitte alles unternehmen möge, um den anderen Flieger am Boden zu halten, schließlich seien wir doch schon fast da… In dem Moment leitet der Kapitän den Landeanflug ein. 9.30 Uhr.
„Meine Damen und Herren, wegen der Verspätung wurde uns ein Außenterminal zugewiesen, wir bringen Sie nach und nach mit Bussen zum Hauptgebäude„… ja bin ich denn heute beim Gott der Zeit komplett in Ungnade gefallen? Die Maschine rollt aus, ich schalte mein Telefon wieder ein und bekomme prompt diverse Anrufversuche und SMS von Tobias, unserem Koordinator. Ich rufe ihn an und erfahre, dass tatsächlich schon fast alle drin sind und er beim Gate auf mich warte. Wo ich denn sei? „Äh, ich eh… also ich steige gleich in einen Bus auf dem Rollfeld, der bringt mich zu den C-Gates…“ Er spreche mit den Herrschaften am Schalter, ich solle auf jeden Fall rennen wie nie zuvor in meinem Leben. Ah. Als nach gefühlt weiteren 15 Minuten auch der letzte träge Fluggast sich mit seinem Koffer vom Flieger in den Bus bequemt hat, fährt dieser gaaaaaanz gemächlich los.
Ich schaffe das nicht!! Ich stehe bei C und muss nach A, das ist fast ein Kilometer, irgendwo auf halber Strecke ist die Passkontrolle und Lufthansa gibt mir noch genau 7 Minuten. Sie wollen Sport? Sollen Sie haben. Und ein (vorläufiges) Happy End.
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Ich bin Tobi direkt in die Arme gerannt, und hinter mir haben sie die Schotten dicht gemacht. Ich sitze. Ich schmecke hektischen, blutigen Stoßatem auf der Zunge, fühle mich an meine Oberstufensportkurse und den 800m Sprint erinnert und nehme dankbar zwei Eukalyptus von der netten Dame eine Reihe vor mir und die zuckerfreien Kräuterpastillen der Stewardess an. Der Husten beruhigt sich. Auf in die Stadt der Engel!
Neben mir sitzt Phillip, der Kollege von Markus Jordan, den ich schon in München (und nicht in Valencia) kennen lernte. Mercedes Benz Passion Blog. Na das passt ja, prost erstmal, ich bin der Sandmann 🙂 11 Stunden über Grönland, den Atlantik, Kanada und die USA. Nicht nur 9 Stunden zurück in der Zeit… nein, der gewaltige Silbervogel fliegt auch ungeniert durch die in meinem Körper doch so fest einprogrammierten Tageszeiten. Mit dem schönen Effekt, dass irgendwann die Sonne untergeht… und damit einfach nicht mehr aufhört. 4 Stunden Sonnenuntergang, ein Traum in goldenem Orange. Über Amerika geht sie jetzt gerade wieder auf! Ich gucke eine handvoll abendfüllende Filme und döse dann erschöpft ein. Und träume von Motoren, von Herrn Aufrecht und Herrn Melcher und dem Geburtsort des Herrn Aufrecht, Großaspach. Von großen, schnellen Autos und endlosen Highways. Seit ich sechs Jahre alt bin, habe ich gemeinsam mit meinem Freund Markus in Uelzen davon geträumt. Und jetzt mach ich’s. Ich fliege wirklich nach Amerika.
L.A. International Airport. Where the big jet engines roar. Seit wir hier um 12.00 Uhr Ortszeit gelandet sind, geht mir dieses Lied aus… aus den 60ern? Oder den 70ern? nicht mehr aus dem Kopf. Der Immigration Check In ist die letzte Hürde ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wenn der Officer dort am Schalter willkürlich beschließt, dass du eine Gefahr für das Land sein könntest (weil du Bakterien oder Schnecken einführst), lässt er dich nicht rein. Dann wird’s plötzlich ein Land der begrenzten Möglichkeiten. Meine Fingerabdrücke scheinen aber okay zu sein, ich bekomme den Stempel und stelle mich an die erneut kilometerlange Schlange am Zoll, zu Phillip (links) und Tobi (rechts). Und dann geht das Licht aus. Klick. Dunkel. STOCKDUNKEL. Strom weg, Schreie, Quieken, Aaaahs und Oooohs.
Ein Schelm, der schnell genug seine Kamera aus dem Koffer wühlen kann. Man sieht nicht die Hand vor Augen. Mist! Und schon gehen die Lichter auch wieder an. Stromausfälle sind in Amerika keine Seltenheit, an einem sehr vollen Flughafen sind sie allerdings ein bisschen unangenehm. Die Officers an den Schaltern starren auf ihre neu bootenden Rechner, E-Check-Ins laufen erst gar nicht mehr an, die Monitore für die Departures und die Arrivals scheinen plötzlich in Braille geschrieben zu sein. Das hält die Heimatschutzbehörde nicht davon ab, akribisch das Gepäck zu scannen – hier muss man sogar die Schuhe ausziehen! Na ja, und den Gürtel, Jacke, Laptop raus, ich fühle mich nackt, gescannt – aber erfreulich unkriminell. Eine nervöse Dame sagt im Hintergrund wie ein cooler Wanderpriester mit Blues im Blut über ein Mikrofon durch, dass alle Koffer für den Charterflug nach San Diego handschriftlich eingebucht werden müssen. „The computers are down, repeat, the computers are down!“ Mit dem Urvertrauen eines Dreijährigen geben Phillip und Tobias ihre Koffer trotzdem ab, während ich mein Handgepäck festhalte wie eine große Liebe. Nicht ohne mein Laptop. Nein nein. Und wieder mal in letzter Minute steigen wir, diesmal analog, in den winzigen Charterflieger.
In Amerika ist das Fliegen im Inland ein bisschen wie bei uns das Busfahren. Auch vom Platzangebot. Eine gelangweilte Stewardess rappelt routiniert die Sicherheitsbestimmungen herunter, und dicht gedrängt wie in einer Legebatterie starten wir. Noch ein paar Meilen die Westküste herunter. Ich bin glücklich, wenn auch langsam ein bisschen müde…
Hier sehen wir auch noch den Alex, den Probefahrer, der morgen mein Parallelpilot werden soll. Ob wir wirklich irgendwann einmal in San Diego ankommen? Momentan sieht es eigentlich recht gut aus, in Deutschland ist tiefe Nacht und hier früher Nachmittag. Und 26 Grad im Schatten. Holla.
Das Bild kennen Sie schon, nicht wahr? Stimmt. Aber nun haben Sie es auch im chronologischen Kontext. Im Sonnenuntergang werden wir von kommoden Hybrid-S-Klassen in das in den Bergen gelegene Rancho Valencia (in Anspielung auf den Fluglotsenstreik neulich???) gefahren. Vorn Probefahrer Alex, in einer Tour twitternd und Fotos machend, neben mir schon zuvor zitierter Sebastian. Wir duzen uns, weil Blogger sich nunmal duzen. Dass er eigentlich einer der Macher jenes Blattes ist, das ich bevorzugt beim Arzt im Wartezimmer lese, erfahre ich erst morgen. Heute erfahre ich jedenfalls einiges über die vereinigten Staaten von Amerika. Dass sie weit weg sind. Dass sie die Einreise ziemlich genau überwachen. Dass New York wunderschön sei und dass man nicht schneller als 55 Meilen pro Stunden fahren darf. Meistens.
Als wir am Hotel ankommen ist es bereits dunkel. Wir erfahren, dass in L.A. nicht alle so viel Glück hatten wie wir. Wer VOR dem Stromausfall noch in der Schlange mit den Fingerabdruck-Officers stand, ist jetzt immer noch nicht in San Diego gelandet. Na – da will ich mich mal nicht beschweren. Tobias und Kristina testen schon einmal wagemutig das erste einheimische, nachhaltig effiziente Elektromobil, und mir flippen zu viele Eindrücke im Kopf herum. In Deutschland geht gleich die Sonne auf. Ich bin gefühlt schon drei Tage wach, und es grenzt an ein Wunder, dass ich überhaupt hier bin. Zu viel hätte schief gehen können. Aber wenn Engel reisen… Ich oszilliere durch mein Zimmer und kann das alles gar nicht fassen. Amerika. Kalifornien. Das ist Lifestyle. Morgen fahren wir diese brüllenden Wundermaschinen durch die Wüste und die Berge. Und heute? Heute renne ich kopflos durch die geschmackvollen, schönen Räume, lege etwas hier hin, finde da etwas, vergesse dort etwas und stelle abschließend fest, dass ich heute nicht in der Lage bin, noch mehr in meinen kleinen Männerdöz hinein zu bekommen. Gute Nacht Westküste. Ob ich wohl schlafen kann?
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Sandmann
Hey Jens
Boah hast Du Schwein gehabt. Wären sie doch tasächlich fast ohne Dich losgeflogen. Und das nur weil es einen Stau gegeben hat. Erinnert doch irgendwie an unsere Bahn…in gewissen Dingen. 😉
Hoffentlich hast Du Dir den blutigen Schaum vorher abgewischt, als Dich Megan(?) angesprochen hat. Kleine Zaubermaus. Hehe
Und da hast Du jemanden kennengelernt der eine Fachzeitschrift rausgibt. Coole Sache und das alles bei 26!!!!!? Grad. Ach menno. Und ich fröstel hier vor mich hin und traue mich kaum zur Garage. Mist
Alerdings…bei solchen Temperaturen ein Feuer im Zimmer? Lag denn wenigstens ein Bärenfell davor? Mannmann! Die Spinnen doch die Amis
V8 mäßige Grüße
Markus der immer noch in „seiner“Zeitzone festhängt
Bester Markus,
na ja, das wäre schon okay gewesen, wenn so eine 747 nicht unbedingt auf einen einzelnen Passagier wartet, wenn die anderen 500 oder so los wollen 😉 Aber ich bin seit dem ein großer Freund der Lufthansa!
Das gehustete Blut war schon im Luftraum über Grönland wieder weg, als es ein leckeres Abendessen gab. Das Frollein Megan hat übrigens lediglich die HALLOS verteilt, wir sind dann gleich von einer dicken S-Klasse abgeholt und zum Hotel gebracht worden. Wenn ich das richtig verstanden habe hat sie nur gecheckt, ob alle mitgekommen sind. Und uns einen netten AMG Anhänger an unser Gepäck geheftet, der von da an allen Mercedes-affinen Amis ein Lächeln ins Antlitz gezaubert hat.
Ob Graf von Bassewitz eine Fachzeitschrift rausgibt… nun, darüber könnten wir mal ein wenig philosophieren. Immerhin ist es Deutschlands ältestes Promiblättchen, und hat sogar eine Autoseite 😉
Und zu den Temperaturen… die Nächte sind recht frisch in Californien, und da ich kein Freund von Klimaanlagen bin ist so ein loderndes Feuerchen ganz nett…
Sandmann
Entgegen meiner Neigungen (Golf 1) finde ich dieses Auto wunderschön.
Du bist nicht allein 🙂
Allein mir fehlt das Geld.
Abel
P.S.: Du soltest mehr Auto fahren und weniger fliegen 😉
Ay Calimero,
weißt du, das Problem bei einer Autofahrt über den Atlantischen Ozean ist ja weniger das tief unten sehr kalte Wasser, sondern vor allem der hohe Druck in großer Tiefe. Wenn du in der Schwimmhalle mal 3 Meter tief getaucht bist, kannst du dir ja vorstellen, wie das ist, wenn du mit einem Auto auf über 3000 Meter unter der Wasseroberfläche unterwegs bist. Sehr anstrengend. Und es sind auch nicht viele Tankstellen da unten, und dunkel ist es auch.
Und das Geld für einen CLS habe ich auch nicht 😉
Sandmann