Guten Tag alle zusammen (angenehm hochdeutsch, oder?).
Heidiland war gestern. Zeit für ein bisschen voralpine Oberklasselimousinen-Romantik, während mir nebenbei mein sich verselbständigendes Touchpad den Verstand raubt! Aber wen kümmert das? SCHWEIZ. Nach einem lustigen ausgedehnten Freitag-Abend-Fest am Sihlsee geht es heute weiter in den hohen Norden des Kanton-Konglomerats. Im Anschluss an einen dicksuppigen Matsch-Schneefall in Hinwil (da sitzt das BMW Sauber Team) reißt der helvetische Himmel auf und gibt eine stimmig beleuchtete Dauerbaustelle bis kurz vor Schaffhausen frei. Mein heutiges Ziel ist Freund Remo, der einmal im Jahr die Jungs aus dem Audi 100 Forum nebst Beiwerk zum Käsefondue im grenznahen Hallau läd. Quattro? Permanent? Winterreifen? Gut. Dann auf in die Blauburgunder-Weinberge!
Nein, noch nicht gleich.
Zuerst werden die kosmetikrelevanten Männeraccessoires im zum Schnarchdomizil umgebauten zweiten Kinderzimmer in der gefühlt einige 1000 Quadratmeter umfassenden Casa Remo in Hallau-City eingelagert. Mein Bac, dein Bac und meine Bettdecke sind immer dabei, ich bin (glaube ich) demnach ein angenehmer Gast. Mein schönes grünes Handtuch aus dem Forchheimer Schwimmbad habe ich allerdings am Sihlsee vergessen, aber der Doc scheint es eingepackt zu haben und schnuppert nun jede Nacht dran. Schal, Mütze, Handschuhe, wir befinden uns ganz eindeutig noch im Monat Februar.
Die versammelte Mannschaft pilgert, wie schon im vergangenen Jahr, zu einem kleinen Plätzchen hinter den Bergen bei den Zwergen. Schweizer sind ja recht klein. Hier ist aus irgend einem mir damals schon nicht plausibel gewordenen Grund eine Seilbahngondel hingekippt und als „Gaststube“ umgebaut worden. Im kleinen Bretterverhau nebenan bekommt man wärmende und kühlende Getränke. Ersteres in Form von Kaffees (mit irgendwas drin) oder einem Glühweinchen. Das regt zum Quatschen an, während am Hang ein provisorischer, vertrauenerweckend in den Boden gerammter Skilift schreiende Kinder und jung gebliebene Erwachsene mehr oder weniger aufrecht nach oben auf die Kuppe zieht. Von wo diese dann den ganzen Tag lang wieder herunterglitschen. Das Leben kann so herrlich einfach sein.
Avantaffinitäten (Audi baute nie einen Kombi), V8 Probleme, seltene Ausstattungen – man lernt sich langsam kennen (wenn man sich nicht schon kannte) und schwenkt die Themen von der Technik mehr und mehr ins Private. Und wenn der Gastgeber (hier rechts im Bild) uns mal gerade nicht aus versehen mit dem einrasteden Kabinenschnappschloss von der Außenwelt trennt, schleppt er uneigennützig Getränke heran. Was für ein Service! Kalt ist es in der Schweiz. Ich vermisse die Sitzheizung in dieser Gondel, der winzig kleine Heizlüfter im Format von Rubik’s Zauberwürfel (im letzten Jahr stand er noch im angrenzenden Dixiklo) bemüht sich stets redlich, aber schafft es nicht…
Während die wärmeverwöhnte Masse schon einmal hungrig in den Gewölbekeller diffundiert, um die Käsebrenner anzuheizen, fahren Remo und ich ob der schönen Abendsonne noch einmal in die Weinberge. Hier gibt es unglaublich viele Motive, der Schnee harmoniert mit dem blauen Himmel, dem Sonnenuntergang und den kargen Weinstöcken. Nur das Auto im Bild stört immer 🙂 Ach Schweiz… Du bist so weit weg, du bist so anders und irgendwie bist du doch ein so liebenswertes Land mit so netten Menschen! Mir wird ganz romantisch ums Herz, ich glaube, die Vorfreude auf den warmen Käse kehrt meine weibliche Seite hervor.
Remo versorgt mich parallel zu meinem fotografierenden Herumgehüpfe mit geschichtlichen Informationen zu Bauten und Landschaft. Die im Abendsonnenschein schimmernde Kirche beispielsweise ist mit ihren mehr als 500 Jahren genau so alt wie der älteste Teil seines Hauses. Aber man ist ja nur so alt, wie man sich fühlt. Schnee? Traktion? Quattro ist hier schon hilfreich, der festgefahrene Schnee auf den schmalen Straßen lässt das fast zwei Tonnen schwere Auto fröhlich schlingern. Das geniale, mechanische Torsen-Differential bringt irgendwie die Kraft auf die Straße und drückt uns in Richtung Abendessen. Ich wäre gern einmal im Sommer hier, die Landschaft in einem satten grün muss wunderschön sein. Und grün harmoniert bestimmt gut mit dem pantheroschwarz meines Audis…
Aber genug der Postkartenmotive, sonst bekommt der geneigte Blogleser womöglich den Eindruck, auf diesen Internetseiten könnten Autos im Vordergrung stehen. Außerdem wird es nach und nach empfindlich kälter. Unten im Dorf erwarten uns wichtige gesellschaftliche Ereignisse, gewürzt mit Käse, Weißwein und real vorhandenen klassischen Automobilen. Wenn man den Audi 100 Avant mag. Aber ich möchte nicht vorgreifen. Johann, anspannen, lass die Pferde laufen und Bahn frei für die Abendgestaltung in den tiefen Katakomben des gut geheizten Kellers!
Willkommen in meiner Lagune! Hausherr Remo hat die Rechauds im Gewölbekeller angefeuert, die dampfenden Käseschüsseln werden gebracht! Auch hier stelle ich wieder uneigennützig das Kassendisplay mit Magic Wonder Dosen von Caramba auf den Tisch und reiche noch einen dicken Bildband über die Geschichte der Audi 100 Modelle herum. Der fruchtige Silvaner fließt unerschöpflich in unsere Gläser, die köstliche Käsemischung wird in rauhen Mengen vom frischen Weißbrot aufgetunkt und verschwindet mit dramatischen Geschwindigkeiten in den hungrigen Mäulern. War da denn jetzt eigentlich auch Kirschwasser drin?
Männer und Motoren. In der (ziemlich kalten) Garage des Hausherren steht neben einem nicht näher zu beschreibenden furchtbaren Alltags-Minivan der außen dunkelgrüne und innen irgendwie braune Audi V8! Wie waren doch gleich die genauen Farbbezeichnungen? Ragusa Metallic außen und Travertin innen? Ja, ich glaube so war es. Hier sehen wir einen angehenden Klassiker in einem Zustand, den meiner – zumindest nach diesen ganzen Kilometern durch Salz und Matsch – momentan nicht vorweisen kann. Während die anderen rauchen, schwirren Remo und ich um den Boliden wie die Monde um den Jupiter. In der Schweiz kann man beneidenswerterweise mit einem Kennzeichen zwei Autos bewegen. Warum geht das in Deutschland immer noch nicht…? Ich hätte da Bedarf. Na ja, es ist in Arbeit.
Travertin. Merken Sie sich diese Farbe, wenn Sie ein Freund bräunlicher Inneneinrichtungen der kommoden wohnzimmerlichen Art sind. Sicherlich nicht jedermanns Geschmack, selten allemal, also mir gefällt es. Ein Eldorado für sich NICHT übergebende Kinder auf dem Rücksitz. Seinerzeit galt es als schick, wenn der Armaturenträger in der gleichen Farbe wie die Sitze und die Auslegeware gehalten war. Wurzelholz gab es je nachdem in unterschiedlichen Schattierungen. Jedes einzelne Auto wurde mit lackierten Leisten aus einer individuellen Wurzel bestückt. Ja. Es ist echt. Ich sah allerdings schon Plastik, was hölzerner wirkt. Dazu die Stoßstangen in der gleichen Farbe wie der Rest des Lacks. Heute haben wir in aktuellen Modellen eine triste graue Plastiksuppe, und Stoßstangen gibt es sowieso nicht mehr…
Sie sind auf den Geschmack gekommen? Finden Sie wieder Gefallen an gewagten Farben und unanständigem Plüsch? Dann freuen Sie sich auf die neuwertigen Youngtimer des Stefan H., die ich morgen besuchen will. Doch dazu in ein paar Tagen mehr. Oder haben Sie schon jetzt alle Sicherungen Ihres guten Geschmacks durchgeschossen?
Sandmann
Der schwarze Audi macht sich klasse im Schnee! Meine rechte Hand zuckt schon wieder zum Fotodrucker…
Druck nicht immer Bilder von anderen Autos 🙂 Liebe deinen Golf wie dich selbst 😉 oder besorg dir auch einen Audi V8. Der Schnee dazu kommt schon noch früh genug…
Hihi…
Sandmann