Seltsam, auf was für hintergründige Gedanken man so kommt, legt man lange Strecken am Steuer ein und desselben Autos zurück… Haben Sie sich schon einmal über einige 100 Kilometer selbst beobachtet? So aus dem Augenwinkel? Wo Ihre Arme oder Hände so rumhängen, sich abstützen oder vor sich hin nesteln? Als Bediener einer vierstufigen Schaltbox aus dem Hause ZF verweilt meine rechte Körperhälfte auf der rindsledernen Armlehne oder dem Bein der Beifahrerin… Aber die linke??? Eingeklemmt zwischen Fahrertür, Fahrerfenster und Türpappe? Wo und wie ist die denn so? Ich habe das einmal analysiert…
Nehmen wir die verkrampfte Festhalte-Hand zwischen den beiden linken Speichen. Diese Position gibt maximales Drehmoment in Gefahrensituationen, hält den Daumen elegant in der Nähe der Hupe und ist insgesamt gut geeignet, den Wagen wieder einmal richtig zu „erfahren“… Ich habe das Gefühl, die Straße regelrecht in der Hand zu haben. Auf Dauer prägt sich allerdings die Naht des Leders in die Haut und hinterlässt peinliche Abdrücke, die so aussehen, als hätte man schnell vor dem Meeting noch das Freundschaftsband abgerupft.
Ich bleibe am linken Rand des Steuers und lege nach einigen Kilometern den Ellenbogen lässig auf die obere Türkante. Das können Sie natürlich nur dann machen, wenn Sie so eine Kante auch haben. Im Fiat Panda oder im Renault Twingo (und ähnlichen rollenden Briefkästen) existieren diese schlicht nicht. Schade für Sie. Aber lesen Sie weiter. Hier in meinem Fall liegen die Finger entspannt um die nahezu weiblichen Formen dieses Stücks Leder geschmiegt, senden leichte richtungsgebende Impulse und lassen die Fuhre am liebsten geradeaus den Highway entlang gleiten. Die Servotronic seufzt hörbar, denn sie hat nun eine verdiente Pause. Ungeeignet für dänische Kreisverkehre.
Hat man ganz ohne narzistische Hintergedanken festgestellt, dass man von draußen vermutlich ziemlich prollig aussieht, rutscht der Oberarm ganz automatisch runter auf die Mittellehne an der Tür, also die… äh… na diesen verlängerten Griff, dieses Dings mit den ganzen Knöpfen für Fenster, Spiegel und Sitzmemory drin MENNOOO wie nennt man das denn eigentlich??? Na, Sie wissen schon was ich meine. Die Hand, eben noch den äußeren Orbit des Volants erkundend, ruht nun elegant auf dem Airbag. Auch jetzt sind nur marginale Kurskorrekturen möglich, aber der permanente Quattroantrieb zieht die zwei Tonnen wie auf Schienen geradeaus und an Wildwechsel denke ich heute um diese Uhrzeit nicht.
Wohl am erkundendsten, ja tatsächlich in einem haptischen Erlebnis mündend ist das Fahren mit der Hand in der Mitte des Lenkrades, den Ellenbogen dabei lässig auf dem linken Oberschenkel (meinem eigenen) ruhend. Hierbei können die sensiblen Fingerkuppen voller Zärtlichkeit die vier Ringe ertasten und spüren, während ich das Gefühl habe, das ganze Gewicht des V8 mit einer Art Joystick zu lenken. Völlig verzaubert von meiner Macht über die Technik kommen mir zwei Erkenntnisse direkt nacheinander: Erstens hupt jemand laut und beharrlich schon seit geraumer Zeit hier um mich rum, zweitens scheine ich das selbst zu sein. Errötend und mich peinlich berührt umsehend nehme ich die Hand von dieser akustik-sensiblen Stelle und bedaure zutiefst, die Ruhe und Geborgenheit von ungezählten Singvögeln gestört und jetzt vielleicht doch noch einen Wildwechsel ausgelöst zu haben.
Oben, ja oben ist die Hand besser aufgehoben, nicht minder prollig aussehend habe ich so das Ruder wieder fest im Griff und kann auch den müden Arm wieder einmal strecken. Obwohl mich weit und breit niemand sieht, ist mir diese Position peinlich. Ich denke an schon einmal beschriebene Typen und drehe nahezu reflexiv die Musik lauter. Der Gasfuß wird härter, die Bässe derber, mein Blick aggressiver und… NEIN! Was geschieht hier? Welche Drüse schüttet hier ihre Chemie in meinen Körper? Das Rätsel ist gelöst, es ist die Position des linken Armes, die den Piloten eines tiefer gelegten Kleinwagens zu dem macht, was er ist! Nicht anders herum, wie so oft geglaubt! Schnell lasse ich los und greife in die…
… Fahrschulhaltung. SO haben wir alle es gelernt. Oberes Drittel des Steuers, beide Hände fest (aber nicht verkrampft) das Leder umgreifend, heldenhafter Blick nach vorn und weiter geht’s. Tatsächlich habe ich in dieser Position umfangreiche Kontrolle über die vielen Hebel am Lenkstock, komme nun von beiden Seiten an die Hupe ran und kann in Notsituationen sofort kraftvoll ausweichen, bremsen und abblenden. Durch mein Gehupe von vorhin haben allerdings mehr die Autofahrer hinter mir die Probleme mit aufgescheuchtem Dammwild, und schon nach kurzer Zeit werde ich müde. Meine Ellenbogen hängen unmotiviert im Auto rum, die Brustmuskulatur fühlt sich beansprucht an und die Straße ist einfach zu gerade für die möglichen Boshaftigkeiten, denen es auszuweichen gilt.
Das Lenkrad von meinem Audi V8 hat nicht nur ein links Mitte und Oben, sondern glücklicherweise auch ein lockeres Unten. Bin ich nicht langsam mal da? Nein, aber wenigstens bin ich noch auf der geplanten Strecke, trotz der vielen Gedanken und Positionen. Eine Frau hätte sich vielleicht verfahren und das ihrem männlichen Sitznachbarn vorgeworfen, auch wenn der gar nicht da ist. Soll ja alles schon vorgekommen sein. Wir haben hier sozusagen eine Art Kamasutra der Langstrecke, Haut (Rind) auf Haut (Sandmann’s Hand), tiefes Vertrauen zueinander und die haptischen Erfahrungen der Interaktion Mensch – Maschine. Vielleicht sollte ich mal eine Pause machen und einen Kaffee trinken. Und dann geht das alles wieder von vorne los, Türkoberante, Türmittel-Dings, …
Wie fahren Sie denn so? Denken Sie sich eine Spiegelachse und meine zweite Hand dazu. Das ging nicht auf’s Bild, irgendwie musste ich ja die Kamera halten… Sind Sie eher der Fahrschüler, mit beiden Händen fest am Volant? Oder eher der lässige John Wayne, zwei Finger am Sattel reichen (Olaf? Mit Cowboyhut???)? Haben Sie denn überhaupt einmal beobachtet, wie Sie Auto fahren? Oder wissen Sie nur aus den zickigen Kommentaren Ihrer Beifahrerin, dass Sie der größte Versager aller bundesdeutschen Autobahnen sind? Erzählen Sie doch mal. Ich höre und fühle.
Sandmann
Also, ich beobachte bei mir das mein linker Arm auch sehr gerne lässig auf der Türverkleidung verweilt und die Hand das Lenkrad leicht berührt 😉
Die linke Hand ganz oben am Lenkrad oder der Rest des Körpers abgestützt auf die Mittelarmlehne sieht man bei mir auch oft.
Auf längeren Strecken verweilt meine Hand gerne ganz unten auf dem Lenkrad. Das ist irgendwie sehr entspannt.
Ab gewissen geschwindigkeiten allerdings. Ich glaube ich habe ab 150 oder 160 kmh, wandert auf einmal auch die rechte Hand ans Lenkrad und ich fahre in der „Fahrschulstellung“. Das passiert wirklich sehr automatisch, fühle mich dann einfach sicherer.
Dabei ist es übrigens egal welches Auto ich fahre. Ich sitze nicht nur beim V8 lässig, prollig….. Es ist einfach bequem… finde ich… ich bezwecke damit nicht prollig auszusehen…… und will da auch in Zukunft nicht drauf achten 🙂
Ay Hallensucher,
beim V8 geht das ja auch alles. 🙂 Schwierig finde ich Autos, die keine Kante unter dem Fenster haben. Wo man den Arm nicht ablegen kann…
Und ich ertappe mich im Sommer immer wieder dabei, dass der Arm so lange enspannt aus dem Fenster hängt, bis ich merke, dass das von draußen vermutlich peinlich aussieht. Und dann ziehe ich ihn rein, und das Spiel geht von vorn los…
Sandmann
Hey Jens
WENN ich denn einmal fahre, kommt es auf die jeweilige Situation an. Lockerer Verkehr mit sanften Klängen einer bestimmten Musik hintermalt bei max. 140 auf der Bahn…ich lehne mich zurück und entspanne. Den Ellenbogen vielleicht auf der besagten Kante, die linke Hand stüzt das Gesicht, die Hand die lenkt und sich oben oder unten befindet trommelt rytmisch am Lenkrad und ich summe vor mich hin. Gleichzeitig wird durch die Fenster der vorrausfahrenden Autos auf den Verkehr geachtet.
Die Situation ändert sich schlagartig. BREMSLICHTER!!! Nicht mal so eben kurz angetippt, sondern schon etwas länger. Was mache ich zuerst? Rekonstruieren wir das einmal. 😉
Erst eine kleine Schrecksekunde, wobei gleichzeitig vom Gas gegangen wird. Der Ellenbogen verschwindet von der Kante und die linke und rechte Hande nehmen bei mir die neun und zwei Uhr Stellung ein, wobei verschärft gebremst wird, da der Vordermann mir schon „entgegen“ kommt. Ich merke das ich es schaffen werde und schaue besorgt in den Rückspiegel, die Warnblinkanlage schon aktiviert. Im Hintergrund säuselt immer noch entspannende Musik, welche plötzlich wie irre nervt. Ich würge sie ab. Langsam wird der Verkehr wieder lichter. Der Adrenalinspiegel sinkt wieder in ein normales Level, ich fange an mich wieder zu entspannen. Ich lasse das gerade eben erlebte Revue passieren, atme einmal kurz durch, lächel für mich, schalte die Musik wieder an und rolle so dahin. Mit dem linken Ellenbogen auf der besagten Kante, die linke Hand am Kopf, die rechte entweder oben oder unten. 😉
V8 mäßige Grüße
Markus
Hey, das war ja fast poetisch 🙂
Erinnert mich ein wenig an die Abende, wo ich auf der Autobahn manchmal fast weggenickt bin und mir ein paar 100 Meter im Film fehlen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Ich muss mich jetzt wohl mal ein Jahr lang daran gewöhnen, nach Berlin zu pendeln. Na ja. Keine Weltreise, aber vielleicht fange ich schon mal an, ein wenig neue Musik zusammen zu stellen… Und endlich mal den Zahnriemen wechseln zu lassen…
Sandmann
Hey Jens
Ein Jahr nach Berlin? Ich kann mir schon denken warum und ich finde es toll, daß es immer noch so schön läuft. Du weißt ja was ich meine. 😉
Dann sehen wir Dich ja fast gar nicht mehr. Aber es gibt schlimmeres. Z.B. gar nicht´s mehr von Dir zu sehen.
Du solltest Deinen Zahnriemen wirklich machen lassen mein lieber. Und nur einmal so am Rande, so unter uns…ich werde mir in den nächsten Wochen das nötige Werkzeug besorgen welches gar nicht einmal so teuer ist. Erstaunlicherweise. Uuuuund….ich war gestern Abend böse und habe in der Bucht 9 orginale Werkstattbücher vom V8 ersteigert.
Motor, beide Getriebevarianten, Fahrwerk, Karosse, Stromlaufpläne, Fehlersuchprogramme, Heizung / Klima, Einspritzanlage…für V8 von 89-91
Um jetzt noch an meinem V8 zu schrauben, brauche ich keine Lektüre mehr. Ersteigert für 94 Euro plus sechs Euro versicherter Versand. Es ist zwar auch Geld, allerdings rechne einmal aus, wenn Du diesen ganzen Kram einzeln kaufen würdest.
Siehste?! 😉
Dann wollen wir doch einmal hoffen, daß Du nicht auf dieser bescheuerten Betonplattenautobahn einschläfst. Katunk-katunk-katunk-katunk 🙂
V8 mäßige Grüße
Markus
Ay Schrauber,
die Selbststudienprogramme? Hab ich alle als Kopien im Keller, vielleicht sollte ich da auch mal reinschauen, statt immer alle im Forum zu nerven 😉
Nach Berlin werde ich eher selten mit dem Auto fahren, da ist die Bahnverbindung doch um einiges praktischer (und mit Bahncard für schlanke 80 Euro hin und zurück auch preiswerter als der Sprit!).
Unsere Gartentreppe hat übrigens schon einige Begeisterung ausgelöst! Und ausgerechnet ich selbst habe schon eine der Kanten zerdeppert. Aber das ist eine andere Geschichte, wir schweifen ab…
Sandmann
Hey Jens
Och nö! Waaaaah!!!!
Da hat der gute die Bibel im Keller liegen und nutzt sie nicht. 😉
Und Bahnfahren kann zwar lustig sein, allerdings fällt ja immer die Klimaanlage aus. Da lobe ich mir diese Bummelzüge, wo man noch selber für Frischluft sorgen kann, indem man die Fenster öffnet.
Mittendrin statt nur dabei. DU hast eine der Kanten auf dem Gewissen?! Hehe.
Waren es eine der angeschrägten mühsam zurechtgesägten, oder eine gerade. Sei´s drum. Stell ne´ Blume davor. Sieht dann keiner.
V8 mäßige Grüße
Markus der nachher seinen Kühler einbauen wird
Die Kante ist die ganz kleine schmale auf der linken Seite, die mir schon einmal durchgebrochen ist…
Ein bisschen Beton wird das wieder richten…
Die Bibel habe ich nicht im Keller, sondern auf der Hutablage. Du erinnerst? 😉
Ich werde mich dann mal in weiteren Dänemark-Geschichten ergehen. Macht Spaß, die alten Kisten nochmal aufzuarbeiten…
Sandmann