Der ekelerregend lange Winter ist endlich vorbei. Sie kommen raus aus ihren Höhlen und Garagen – die Autos, die nur im Sommer gefahren werden wollen, weil sie für Salz und Schnee einfach schon zu alt und zu geil sind. Schön, wenn man jemanden kennt, der ein RICHTIG geiles Gerät sein Eigen nennt. Und noch viel schöner, wenn der Job es mit sich bringt, über dieses Auto eine Geschichte schreiben zu müssen/sollen/dürfen. Mein Kumpel Ralf hat einen 1969er Dodge Coronet 500 in Eigenregie aus Texas nach Deutschland geholt. Die Geschichte will ich hören! Und frisch getüvt fahren wir die dicke Wanne an den Strand von Kiel.
Klassisch hole ich Ralf in seiner Werkstatt ab, wo er fachgerecht Möbel restauriert. So wie vor gut 20 Jahren, als wir uns kennen gelernt haben.
Genau wie damals quetsche ich mich mit einem Taunus Coupé durch die schmale Einfahrt (damals war die Karre aber lila und ich noch keine 42 Jahre alt) und polter über das Pflaster vor die Garage. Zweimal hupen. Damals (damals, damals, das klingt als wenn ich schon 80 wäre, also es muss so um 1993 rum gewesen sein) stand glaube ich noch eine schwarze Chevelle hier. Ralf zieht es hier und da zu amerikanischen automobilen Leckerbissen, neulich war es noch ein seltener 66er Charger. Heute ist es ein Dodge Coronet 500 von 1969, als die Ära der gar nicht sooo großen Autos mit den viiiel zu großen Motoren erst begann.
Coronet heißt frei übersetzt „Diadem“. Ein Schmuckstück ist das MidSize Gullerschiff („Sandmann, es ist KEIN Muscle Car!„) tatsächlich. Außen grün, innen grün, sagenhafte original 18.000 Miles auf dem Breitbandtacho und so viel späte 60er an Bord, wie es nur irgend möglich ist! Der unrestaurierte 5,2 Liter V8 springt nach der ersten Anlasserumdrehung an und schnurrt seine begehrenswerte Zündfolge standfest wie ein Eisbrecher über den Werkstatthof. Ralf lächelt irgendwie erhaben, legt die erste Fahrstufe ein und steuert den großen breiten Wurf der Chrysler Corporation souverän durch die gleiche Hofeinfahrt, in der ich eben mit meinem Taunus gefühlt fast stecken geblieben wäre.
Kiel ist nicht gerade wunderschön, hat aber einen Haufen Lebensqualität und vor allem eine Menge gute Fotomotive entlang der Förde und des Nord-Ostsee-Kanals, der hier beginnt. Unser Wochenendziel (außer den üblichen Benzingesprächen): Eine fette, kontrastreiche Fotoserie für die kommende TRÄUME WAGEN 05/2013 schießen. Und wir fangen gleich mal bei den Industrietanks unter der Levensauer Hochbrücke an, da wo früher mal der illegale Straßenstrich war 😀 Hier habe ich schon vor Jahren meinen Audi V8 fotografiert, kennen Sie die Bilder? KLICK HIER, das zweite Drittel, in herrlichem Sepia.
Ralf öffnet die gewaltige Kofferraumklappe und wirft sich noch ein warmes Hemd über, was im Muster das Grün des Dodge aufgreift. Gut, dass hier im Trunk Ordnung herrscht, in den Tiefen könnte man sich ansonsten auch gut verlaufen und in irgend einer weit entfernten Ecke aus Versehen erfrieren. Die Sonne vom strahlend blauen Himmel täuscht ein bisschen, der Wind ist nach wie vor kalt. Vor rund 2 Wochen lag hier noch eine Menge Schnee, also übertreiben wir es nicht gleich mit dem braun werden. Wir sind ja nicht zum Vergnügen hier.
Ralf erzählt im Schatten der Hochbrücke von seiner Homestory drüben in Texas, während direkt hinter und große Containerschiffe vorbeidampfen. Was er drüben erlebt hat, seine Erfahrungen mit Onlinebörsen und das Ergebnis des Verschiffens – es hört sich alles nach einem großartigen Mix aus Urlaub, Nervenkitzel und Glück an. Aber ich will nicht die Geschichte vorgreifen, die können Sie demnächst in der neuen Ausgabe lesen 🙂 Hier und jetzt sitzen wir auf grünen Einzelsitzen, verscheuchen neugierige Passanten aus dem Sucherfeld der Kamera und beschließen, noch ein paar Bilder am Falckensteiner Strand an der Spitze des Westufers zu machen.
Wissen Sie, was für mich persönlich so schräg an dieser Geschichte ist? Ralf und ich hatten uns fast 20 Jahre nicht mehr gesehen. Obwohl wir beide in Kiel hängen geblieben sind und beide eine kleine Schraube im Kopf haben, was Autos betrifft. Schon immer. Und seit letztem Jahr sind wir plötzlich wieder da. Unser gemeinsamer Freund Wacki heiratet, mein halbfinnisches Fräulein Altona und ich brauchten ein neues Bett und einen neuen Tisch (und haben uns das von ihm bauen lassen) und die benzingetränkten Gemeinsamkeiten sind in den Jahren nicht weniger geworden… Mit dem Unterschied, dass ich heute darüber schreibe. Passt. Hallo Strand. Auch hier hab ich den Audi schon abgelichtet, vergleichen Sie die Bilder mal 😉
Das hier ist eine andere Nummer als die halbgaren virtuellen Bekanntschaften bei Facebook. Die machen Spaß und lassen auf angenehme Weise den Tiefgang vermissen, aber manchmal braucht ein Mann auch ein handfestes Gespräch Auge in Auge. Oder von V8 zu Reihe 4. Was auch immer. Das war wieder einer dieser Tage, die ich als höchst angenehm bezeichnen möchte. An denen ich merke, dass es sich gut anfühlt, bestimmte Menschen im Orbit zu belassen. Und an denen ich in jeden zweiten Baum am Straßenrand drei Kreuze schnitze, dass ich keine EDV Seminare mehr gebe, sondern über Autos und Menschen schreibe. Im Print und online, im Blog und auf Facebook.
Habt ein schönes Wochenende. So wie ich 🙂
Sandmann
Schönes amerikanisches Riesenschiff – die einzigen Fahrzeuge, welchen man ein schwammiges Fahrgefühl zu verzeihen vermag. Im Gegenteil: dies zeichnet einen Ami-V8 aus, denn weich geschluckte Bodenwellen entspannen auch junge Fahrer. Den Taunus finde ich übrigens auch nicht unattraktiv, vor allen Dingen dürfte er sicher preisgünstig zu bewegen sein. Ob Muscle oder Straßenkreuzer ist rechtens gleichgültig, aber Spaß machen sie wohl allemal! Auch scheint Kiel doch angenehm schön zu sein für Autopics.
Nun zu einer persönlichen Frage bezüglich des beruflichen Schreibens: nehmen wir einmal an, dass ich mich selbst für das Schreiben interessiere würde…, streicht einem dann eine Fachzeitschrift wie beispielsweise die Auto Bild Klassik oder Träume Wagen realistisch betrachtet viele Dinge weg die man wiedergibt?
In anderen Worten: wird eigentlich letzten Endes ganz und gar das eigene Werk im Endprodukt abgedruckt?
Bereits im Vorfeld ein Dankeschön :D.
Grüße aus Südhessen
Ay Danny King V8,
wenn das Fahrwerk erst 18.000 Meilen runter hat, ist es gar nicht so schwammig. Du würdest dich wundern, wie satt so ein Bolide liegen kann. So ein Rest-Tüv-Cadillac ist da schon eine andere Nummer 😉
Zu deiner Frage des beruflichen Schreibens… Jeder Artikel, den ein Autor für ein Magazin abgibt wird redigiert. Das ist normal, damit wird gewährleistet, dass es einen gewissen roten Faden gibt und nicht jeder seine eigene Suppe kocht. In welchem Umfang das geschieht, hast du weitestgehend selbst in der Hand, das liegt nämlich an dem, was du abgibst 🙂
Was ich für Auto Bild Klassik geschrieben hatte, war am Ende nicht mehr so richtig als meins zu erkennen. Da ist bei einigen Artikeln fast alles umgeschrieben worden. Das aber lag auch daran, dass ich damals noch reiner Blogger war, und was im Print erscheint hat nun mal eine andere Tonalität als meine Schreibe hier.
Bei der TRÄUME WAGEN habe ich wesentlich mehr Freiheiten, werde aber auch quergelesen und redigiert. Allerdings von jemandem, dessen Schreibe ich sehr schätze und der es WIRKLICH kann 😉 Mein größtes Problem ist immer, dass meine Geschichten zu lang sind. Ich bringe immer so viel von mir persönlich mit rein, das fliegt dann meistens raus :-D. Ab und an wird noch ein kleines logisches Problem gelöst (oder gestrichen), doch so langsam habe ich den Bogen raus. Das, was du dort liest ist schon weitestgehend meine eigene Sprache, nur ein wenig nachgeschliffen. Und am Layout bzw. der Auswahl der Bilder kann ich auch mitreden. Macht Spaß 🙂 Sehr viel sogar.
Wieso, hast du da Ambitionen…?
Sandmann
Nun, dann ist dem also folgendermaßen: deine Texte werden zum Großteil übernommen und sie erhalten lediglich noch den gewissen Feinschliff, welcher das Werk zur Vollendung abschließend abrundet? Verstehe. Das hört sich bezüglich TRÄUME WAGEN doch relativ fair an, sofern der Leser dennoch erahnen kann inwiefern denn nun wer die textliche Darbietung erbracht hat :D. In jedem Falle sollten die vorgegebenen Themen natürlich durchaus mehr oder weniger zu den einzelnen Journalisten und Schreibern passen, jedoch kann man sich ja im Zeitalter des sozialen Netzwerks positiverweise auch noch nachträglich schlau machen. Doch ein Hauch von Individualität ist wohl schon von Nöten, denn der treue Leser sollte auch wissen von wem er liest. Ob ich da bestimmte Ambitionen habe? Sagen wir mal so: bei mir persönlich existiert eine gewisse Passion zur Literatur, zur Lyrik, zur Rhetorik und stilistisch hochwertig ummantelten Formulierungsweisen, zum Journalismus und zu Themenbereichen, welche für Mensch und Politik sowie für gesellschaftliche Entwicklung von dauernder Wichtigkeit sind.
Gern -und außerdem äußerst rasch dank spontaner Einfälle- schreibe ich lang, viel und häufig…nach und nach immer mehr und mehr. Man lässt sich inspirieren und beginnt anschließend mit Worten zu malen. Auch sind es in der Schule die Sprachen und Gesellschaftswissenschaften, welche mich wirklich und wahrlich „Ich sein“ lassen, in Algebra und Naturwissenschaften kann ich mich hingegen ganz und gar nicht entfalten, zumal sich meine Wahrnehmung eher weniger nüchternen Dingen als purer Logik widmet. So wäre ich bereit zu dichten bzw. würde sogar mit größtem Vergnügen als Buchautor spannender Politthriller/Romane dienen. Selbstverständlich bedarf es da aber an Investoren und als (noch) die Schule besuchender junger Mann benötigt man natürlich vorerst eine entsprechende Ausbildung oder gar ein absolviertes Studium. Doch dem Weg zum Schreiben würde ich prinzipiell folgen wollen, durchaus!
Wo doch Poesie bemerkenswert ist – und es mir obendrein eine Freude ist, bedeutendere Aspekte hervorzuheben und das Wichtigste herauszukristallisieren. Wenn es darauf ankommt, so wäre ich auch bereit zur Abwechslung mal kurz und präzise zu schreiben, jedoch pflege ich in der Regel bereits mehrzeilige Einleitungssätze zu verwenden :D.
Und als ach so großer Youngtimerfan, war es für mich naheliegend, dass ich diesbezüglich auch mal einen Berufsschreiber eines Automagazins kontaktieren könne. Und falls man mal bezüglich eines für einen selbst undenkbaren Themas einen neutralen Artikel schreiben muss/darf, so kann man auf diese Art und Weise auch sein diplomatisches Geschick unter Beweis stellen :D. Fakt ist, dass die Welt der Literatur ganze Generationen geprägt hat und auch gegenwärtig ist das Schreiben stets von großer Bedeutung. Selbiges wird man zu 100% auch noch künftig behaupten können, sofern sich die Leserschaft in unserer digitalisierten iphone-Gemeinde nicht auf ein Minimum beschränkt. Wenn man sich mit etwas identifizieren kann, so ist es auch eine ganz natürliche subjektive Empfindung dass man das merkt! Und in die „Welt der Worte“ sehe ich meine Persönlichkeit von Tag zu Tag tiefer eintauchen! Leider ist es -G8 sei Dank- wahrlich kein Leichtes, die Konzentration auf eigene Stärken zeitlich mit dem Beseitigen der Schwächen verbinden zu können. In der Schule möchte ich überwiegend für meine 13 Punkte-Fächer wie beispielsweise Deutsch und Spanisch arbeiten, werde aber durch nur einen Mathepunkt (!) sowie durch knapp an der Unterkursmarke kratzende Fächer wie Biologie und Physik ausgebremst, da man ja verständlicherweise keineswegs versetzungsgefährdet sein möchte. Praktisch veranlagt bin ich nicht, viel eher ein immer das letzte Wort habender Theoretiker mit eigenen und teils schon fast verträumten Vorstellungen vom Leben :D. Auch in PoWi bewege ich mich an der Grenze zur 1 und mit zehn Punkten in Englisch und einigen mittelmäßigen Fächern könnte man meinen dass es rosig aussieht. Doch die Schwächen ziehen mich ins Mittelmaß des Gesamtdurchschnitts der Noten und ich wünschte, ich könnte meinen Fokus mehr auf meine Stärken auslegen. Hier wird es aber nun zu persönlich und detailreich, Tatsache ist lediglich: ich wäre gern des Schreibens Herr und Gebieter und bin grundlegend sehr daran interessiert! Und verbindlichsten Dank erstmal für deine/Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Schweikert
Äh… 😯
wie alt bist du? 17?
Ich bin gerade ein wenig überfahren von deinem Wortfluss und muss das mal sacken lassen. Viele Buchstaben und wahrhaft unübliche Tonalitäten für einen Teenager. Respekt.
Willst du nicht HIER einfach mal was schreiben? Wäre doch ein Anfang…….
Sandmann
Vielen Dank. Das wäre mit Sicherheit ein interessanter Anfang und hört sich nach einem sehr verlockenden Angebot an.
Ja, ich bin am 26. März 17 Jahre alt geworden.
Dem stünde ich sehr offen gegenüber.
Danny
Ay Danny,
dann check mal deine Mails. Ich habe dir Autorenrechte und ein neues Passwort gegeben. Lies dich mal im Netz rein, wie man das mit WordPress so macht und befolge vor allem meinen Satz mit dem „speichern“ und dem „nicht veröffentlichen“. Wenn du Fragen hast, frag. Per Mail.
Schönes kreatives Wochenende! 🙂
Sandmann
Das erfreut mich sehr. Würde beispielsweise mal gern Vergleichstests zwischen größerer Limousinen der frühen 90er schreiben (nur ein Beispiel). Welcher Richtlinie sollte ich denn folgen?, zumal ich ja durch meinen fehlenden Führerschein weniger á la Sandmann von eigenen Fahrten und diesbezüglichen Erlebnissen schreiben kann als aus dem aus Recherchen resultierenden theoretischen Wissen.
Autos sind natürlich nicht alles, jedoch ginge es schon um Solche in diesem Blog, oder?
Danny
Ay Danny,
recherchieren können wir alle selbst, und das Netz ist voll von Bloggern, die irgendwelche schönen Autos am Straßenrand fotografieren und die Bilder dann mit Wikipedia-Infos garnieren. Laaaangweiliiig.
Ich mail dir noch ein paar Sachen zu, du WILLST was schreiben, das ist doch schon mal eine gute Voraussetzung 🙂 Nimm das Coupé als Beifahrer, den V8 oder schrote doch mal ein Auto über einen Feldweg. Dir fällt schon was ein 😀
Sandmann