Sind regelmäßig wiederkehrende Termine nicht großartig? Der eigene Geburtstag, Weihnachten, Silvester und… das Südseecamp bei Soltau in Niedersachsen. Längst nicht mehr wegzudenken aus der Audi V8 Szene organisiert der gute Frank hier nun im vierten Jahr ein Zusammenwürfeln der Verrückten, die diesen Wagen fahren und ihn hoch leben lassen – denn er wird 20 Jahre alt. Prost! Was genau da schwerpunktmäßig passiert ist kann ich Ihnen eigentlich gar nicht sagen, denn ich war nur von Freitag auf Samstag da. Meistens. Und wie das mit einer Kiste Astra Rotlicht, einem zu dunklen Lagerfeuer und einem Doppelbettchen mit 280PS zusammenhängt können Sie sich doch sicher denken, oder? Wenn nicht… lesen Sie mutig weiter.
Freitag Abend, 16.00 Uhr, Legan (das spricht man [lech-ann]) an der B77 zwischen Rendsburg und Itzehoe. Retter Tom’s Frau Bine hat Mitleid mit einem ausgehungerten Sandmann, der nicht mehr auf die Grillerei am Abend warten kann und damenhaft über schleichende Unterzuckerung jammert. Mit einem saftigen Schweineschnitzel zwischen den Zähnen (danke nochmal!) machen wir uns auf in Richtung Soltau, Niedersachsen, fünf Autos mit insgesamt rund 40 Zylindern (oder?). Tom bewegt seinen seltenen V8-Lang (nur 271 mal gebaut) und hat SeinekleineSchwester dabei, ich wiederum habe den Örg plappernd und wild artikulierend neben mir sitzen. Allein hier schon ist der Weg das Ziel, die Neckarsulmer Boliden geben ein phantastisches Bild in Reihe ab, ziehen die Blicke auf sich und tragen demonstrativ zur Klimakatastrophe bei. Herrlich.
Was macht den Charme dieses Ortes aus? Nun, er befindet sich in Niedersachsen, in der Nähe meiner Heimatstadt Uelzen, und das ist schon mal hervorragend. Hier, gesäumt von Birken und Kiefern auf trockenem Heidesand, ist eine Campinglandschaft um einen See herum entstanden, die ihren eigenen Charakter hat. Und wir haben eine eigene Ecke bekommen, mit einer großen Feuerstelle und einem Pavillon gegen den Regen. Was sich allerdings als überflüssig erweist, denn Petrus hat pünktlich ein Nachsehen und reißt seine Wolkendecke auf. Wie? Ja genau, die Toiletten sind da hinten rechts. Danke. Sonne. Bist du das? Dich habe ich aber schon lange nicht gesehen. Mein offener Kofferraumdeckel gibt ein kleines Kistchen Bier frei, was sich in kleinem Kreis steigender Beliebtheit erfreut, so dass wir gar nicht zur Kenntnis nehmen, dass Astra Rotlicht 6% hat. Nein, Gitarre spiele ich erst nachher irgendwann.
Ach ja. Wir sind ja wegen unserer Autos hier zusammen gekommen. Warten Sie kurz, ich muss den Flaschenöffner am Schlüsselband wieder verstauen. So. Wie war die Frage? Richtig, das ist eine der begehrenswerten Classic Line Ausstattungen, wenn man schrille Leder-Lack-Kontraste mag. Ich mag so etwas. Mit welcher Liebe und Sorgfalt hier hochwertige Materialien zu einem regelrechten Gesamtkunstwerk vereint wurden kann nur begreifen, wer sich da einmal reinsetzt. Sofort ist man in einem 90er-Jahre-Porno. Und wer kennt sie nicht? Auch nach so langer Zeit wirkt der Innenraum wie neu, und die wertigen Materialien riechen frisch wie aus dem Verkaufsraum. Noch jemand ein Astra? Oh. Sind gar nicht mehr viele da…
Es ist gar nicht so einfach, eine Hommage an dieses Auto zu gestalten. Moment. Würden Sie mal mein Bier halten? Danke. Also – die Lösung ist, dass die heutigen Fahrer aus allen Schichten der Bevölkerung kommen und von Jung bis Alt, von Arm bis Reich alles vertreten ist. Sehen Sie, wenn Sie am Wörthersee zum GTI-Treffen fahren, dann ist einigermaßen klar, was Sie da erwartet. Tief, breite Schlappen, Zielflagge vorn rauflackiert, Rücklichter in Insektenaugenoptik, Heckdeckel auf und HipHop aus der Boom-Box. Darauf kann man sich einstellen. V8 Fahrer sind anders. Sie fahren diesen Wagen aus ganz eigenen Gründen, manche hassen ihn, die meisten lieben ihn. Man stellt sich zusammen und redet miteinander, ungefähr drei Minuten über Autos und anschließend über die Sorgen, die einenwirklich quälen. Denn die haben meistens nichts mit dem Audi V8 zu tun. Ich habe es hier auch schon einmal erwähnt. Kann ich mein Bier wiederhaben…? Danke.
Während der schon recht früh einsetzenden Dämmerung gruppiert sich das Rudel nebst der Brut ums Lagerfeuer, auf dem schon eifrig zuvor erlegte niedere Lebensformen in Scheiben geschnitten den Aggregatzustand wechseln. Hm? Ja natürlich habe ich auch einen Rotwein im Kofferraum, wenn Sie einen Öffner dabei haben holen Sie den gern her. Entschuldigung. Wo war ich? Die letzten Sonnenstrahlen werden rot und geben einen wunderschönen Sternenhimmel frei. So. Singen wir was.
Mein persönlicher Abend fängt im Camp immer erst mit der Dunkelheit an. Wenn das Feuer knuspert, fröhliche Gesichter sich über Gott und die Welt unterhalten und die Fotografen die Kamera nicht mehr gerade halten können. Ein sehr authentisches Bild. Bitte gern, schenken Sie ruhig nach und nehmen Sie sich auch etwas. Ein wenig unaufdringliches Geklampfe, Seinekleineschwester filmt eifrig mit ihrem Handy und beschwert sich jetzt, dass dieses Jahr das beleuchtende Feuer sträflich vernachlässigt wurde und daher zu dunkel ist. Ich hätte bitte trotzdem gern die Dateien auf einem Datenträger, junge Frau. Danke. (im Hintergrund ploppt ein Korken) Die eine oder andere Weinprobe bringt mich immer wieder zurück zu meinem Yellow Tail Merlot, aber wir wollen hier ja nicht über Lieblingsweine sprechen. Oder doch?
Erneut wird das Feuerchen geschürt, vereinzelte Grüppchen gesellen sich in immer wieder anderen Konstellationen an die Tische oder auf die Bänke und irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Welt eigentlich gar nicht so schlecht ist. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: In keiner anderen Gesellschaft rund ums Automobil habe ich mich bisher so wohl und gut aufgehoben gefühlt wie zwischen diesen Jungs. Neid kommt keiner auf, da hier alle das gleiche Auto haben. Und deshalb mehr oder weniger pleite sind. Männlein-Weiblein Revierkämpfe finden nicht statt, denn die echten Frauen am Feuer sind fest verbandelt und die anderen sitzen ohnehin schon seit Stunden schmollend und autohassend in irgendwelchen Ecken rum und wären jetzt viel lieber ganz woanders. Sie stören nicht. Ich werde langsam müde, und wenn ich mir die kreisenden Fläschchen so anschaue ist das auch gut so. Nein, für mich bitte keinen Whiskey. Und ich bekomme heute noch immer Mails, in denen von Liedern gesprochen wird, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie singen kann. Gute Nacht zusammen. Ich kuschel mich in den Audi…
– Schnitt –
Tautropfen fallen. Erste Grillen zirpen. Irgendwo klappert Geschirr.
Eine brutale Sonne scheint ab 7.00 Uhr unbarmherzig in das Hotelzimmer mit den schwarzen Ledersitzen. Das hätte man besser planen können, mein elektrisches Heckrollo hätte – richtig geparkt – schlimmeres verhindert. So bleibt Örg und mir nichts anderes übrig als aufzuwachen. Erste Menschen schlurfen schon über den noch nassen Rasen, die Jungs von Flammable Gas sehen aus, als hätten sie durchgemacht und versuchen, den Grill wieder für die Frühstückswürstchen in Gang zu bringen. Heute zieht mein Freund Jan von Osnabrück nach Kiel, und ich habe an diesem ersten echten Sonnentag seit 4 Wochen die ehrenvolle Aufgabe, den Möbelwagen aus Kiel zu holen, ihn nach Osnabrück zu fahren und ihn dann zu beladen. Aber eigentlich möchte ich noch ein wenig liegen bleiben. Nein danke, ich möchte kein Bier.
Wieder einmal fasziniert von den bequemen elektrischen Sportsitzen bedankt sich Örg, dass ich ihm sein Bettchen gestern schon bereitet hab, weil er noch länger wach war. Ach? Hab ich? Offensichtlich sorgte mein rationaler Selbsterhaltungstrieb auch für eine Rettung der Gitarre und der Noten in meinen Kofferraum. Wer hatte eigentlich diese Idee mit dem Astra Rotlicht? Ich glaube, es war Örg. Egal. MANN war das ein schöner Abend. Und jetzt bekommen wir auch noch einen guten Kaffee, bevor wir uns auf den Heimweg nach Kiel machen. Der aufgewirbelte Staub meiner Sommerreifen legt sich auf eine Horde Autobekloppter, die sich hier und an anderen Plätzen immer wieder sieht. Einige sind befreundet, andere sehen sich immer nur auf den Treffen. Bastian hat’s sogar mal wieder aus Österreich hier her geschafft. Respekt! Ist ja gleich um die Ecke.
Na was ist DAS denn für eine schlappe Party zum 20. Geburtstag des Audi V8 geworden? höre ich einige von Ihnen sagen.
Es ist eine ganz großartige! Während andere Markenfreunde mit Miss-Nasses-T-Shirt Wettbewerben, basslastigen Dezibel-Contests, kreischenden Drehzahl-Wetteiferungen und öden Tuning-Pokal-Verleihungen ihren Autos huldigen und gar nicht mitschneiden, dass sie belächelt werden, treffen sich hier im Camp vor allem Menschen wegen der anderen Menschen. Für mich gibt es keine bessere Hommage an ein Oberklasse-Auto als die Gewissheit, dass seine Fahrer sich gut verstehen, zusammenhalten und nicht ausschließlich dieses Auto im Kopf haben. Das Leben bietet so viel mehr als polierte BBS-Felgen! Ich bedank‘ mich hier nochmal bei Frank für die wie immer supertolle Organisation und habe mir das kommende Jahr schon jetzt für beide Tage im Kalender eingetragen! Da wird mein V8 16 Jahre alt. Darauf ein Astra Rotlicht! Auch wenn dann wieder Teile der Nacht in den Sternen stehen…
Sandmann
Ein schöner Collie auf dem ersten Bild… Endecke ich ja erst jetzt 🙂
Hihi 🙂
Wie hast du dich denn so spät noch HIER hin verlaufen?
Ich habe rechts in der Bildergalerie den schönen Tricolor Collie neben dem Audi entdeckt. Dafür habe ich einen Blick 🙂
Ah.
ENDLICH mal jemand, der in der Galerie stöbert 🙂
Na erzähle doch mal was über den Hund 😉
Ich kenne diesen Hund nicht…